Mein ist dein Herz
trüben könnte, also belanglos für den Augenblick, aber dennoch etwas, was ich demnächst genauer erfahren muss ...
Im Augenblick will ich sie einfach festhalten und Zufall oder nicht, just in dem Moment ertönen die ersten Klänge einer Ballade.
»Darf ich dich zu einem Tanz auffordern?«, frage ich sofort.
»Sicher!«, nickt sie und wischt sich verstohlen über die Wangen.
»Hast du jetzt etwa geweint?«, erkundige ich mich und schaue in ihr Gesicht.
»Hab nur was ins Auge bekommen ...«, schwindelt sie.
»So, so? Ein Tröpfchen Schwermut oder ein Körnchen Bedauern?«
»Den blendenden Schein eines Engels!«
Diese Bemerkung bringt mich unwillkürlich zum Lachen. »Tja, musst halt Spiegel meiden, wenn du dabei bist, die Umgebung auszuleuchten!«
»Sehr witzig ...«
»Ich bin auch froh, dich endlich gefunden zu haben!«, flüstere ich ihr zu.
Nun ist sie diejenige, die einen skeptischen Blick für mich übrig hat, so im Sinne von: ›Ach? Klär mich bitte auf!‹
Erklärung? Gut! Hier: »Meine Freundin behalte ich eben am liebsten im Blickfeld ...«
Kapitel 9
O b man mein Benehmen als normal bezeichnen kann, oder nicht, ist mir im Augenblick sowas von egal. Die ganze Aufregung, Anspannung und Wut auf niemand Bestimmtes, ist nun wie von Zauberhand von mir genommen worden.
Alles, was ich derzeit empfinde, ist Ruhe, Zufriedenheit und freudige Erregung.
Sean ist bei mir. Sein Herz hämmert an meine Handfläche, die ich für kein Geld der Welt von seiner Brust nehmen möchte und die Wärme seines Körpers geht wie selbstverständlich auf mich über.
In dem Augenblick steht für mich eindeutig fest, dass ich selbst dann weiterhin diesen neuen Kurs beibehalte, sollte dieser mich an die höchste Klippe heranführen. Es ist mir gleich, wo ich hineinstürze, in eine milde Woge der Glückseligkeit oder in den kalten Nebel meines Verderbens. Alles ist besser, als aus Angst die Augen zu schließen und überhaupt nicht mehr weiter zu gehen.
Sollte also die Sache mit Sean das grausame Spiel meines Schicksals sein, tätige ich gern den Einsatz in Form meines Vertrauens und versuche mein Glück. Allein die Tatsache, dass ich mich derzeit einfach herrlich fühle und die Hoffnung pflege, dass es andauern kann, ist in meinen Augen einen Versuch wert.
Schweigend und so eng aneinandergeschmiegt, wie es die Umstände zulassen, tanzen wir wie ein ausgewogenes Ganzes miteinander, bis der DJ erneut seine unsanfte Schleudertaktik benutzt, um den Gästen zu zeigen, dass es Zeit ist, nach Hause zu gehen.
Nur ist diesmal alles anders.
Meine Augen halte ich offen, als mein Blick in Seans Augen mündet und in der harmonischen Farbenpracht untergeht. Es gibt auch keine Menge, die uns auseinanderdrängt und nicht einen ersichtlichen Grund, warum wir uns verabschieden sollten.
Die Lage scheint glasklar: Mir ist egal, was danach kommt, jetzt will ich ihn in meiner Nähe wissen.
»Nancy hat uns gerade ganz komisch angeschaut«, höre ich Sean flüstern und löse unseren Blickkontakt äußerst widerwillig auf, um meine Freundin anzuschauen.
Ihre Belustigung ist offensichtlich, die gilt jedoch der Situation. Oder unserem Benehmen. Schließlich tanzen wir selbst jetzt weiter, obwohl die Musik dermaßen leise im Hintergrund spielt, dass sie nur noch zu erahnen ist.
Allerdings entdecke ich auch eine gewisse Ungeduld.
»Ja! Sie will wohl zu ihrem Schatzi ...«, erkenne ich seufzend.
»Autsch!« Nahezu theatralisch legt sich Sean die Hand aufs Herz. »Wenn das mein Bruder hört, wird ihm das Herz entzweibrechen ...«
»Eher vor Stolz anschwellen!«, lache ich und kläre ihn sogleich über die neuesten Ereignisse auf.
Zum Ende meines kurzen Geständnisses, bei dem ich Ohnmacht und Schlaflosigkeit meinem Ego zuliebe auslasse, sehe ich, dass Seans Augen dunkler wirken und sein Kieferknochen mahlt.
»Dafür werde ich Dean eigenhändig das Genick brechen!«, prophezeit er düster.
»Er hat es sicherlich gut gemeint!«, verteidige ich auf der Stelle seinen Bruder.
»Wer zum Teufel kam auch auf die ›glorreiche‹ Idee, einen zusätzlichen Wink des Schicksals zu fordern?«
Schuldbewusst hebe ich meinen Zeigefinger und kreische auf, als Sean mich in die Fingerkuppe beißt. »Dafür ...« Pause. »Dafür ...«, knurrt er. »... lasse ich mir was einfallen!«
»Musst du mir so etwas ausgerechnet jetzt sagen?«, frage ich gespielt entrüstet. »Was ist, wenn meine Knie dermaßen schlottern, dass ich von hier oben
Weitere Kostenlose Bücher