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Mein ist der Tod

Mein ist der Tod

Titel: Mein ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Heidenreich
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klebte noch ein zerrissener Versiegelungsstreifen der Polizei.
    Hinter diesem Eingang hatten Freya und Yoro sich geliebt, hier hatten sie Joseph gezeugt. Aminata fand es schwierig, sich ihre Großeltern beim Sex vorzustellen, und ihr fiel ein, dass sie noch nie bei ihren Eltern daran gedacht hatte.
    Mit ihrem Mobiltelefon fotografierte sie die Tür, doch sie öffnete sie nicht und wandte sich der Nelda zu. Bilder vom Fluss wollte sie ihrem Vater senden. Und vom grünen Land. Als sie an der linken Hauswand vorbei die Uferwiesen und den Wald ins Visier nahm, stand plötzlich ein Mann im Bild und winkte.
    Es war Günther Korell, und Aminata winkte erleichtert zurück. Er kam näher, sie sah, dass er einen Tagesrucksack trug.

    Der alte Kombi machte ab Hundertfünfzig einen solchen Lärm, dass Michaela Bossi das Radio fast auf volle Lautstärke drehen musste, um die Nachrichten zu verstehen.
    Die Mitteilung war von regionalem Interesse. In der Kleinstadt Zungen an der Nelda hatten Bürger vor dem Polizeipräsidium demonstriert und vollmundig angekündigt, man werde den Frauenmörder, der kürzlich sogar in ein Haus eingedrungen und beinahe deren Bewohnerin geköpft hätte, jetzt mit einer Bürgerwehr suchen. Die Polizei sei offensichtlich überfordert oder wolle aus unerfindlichen Gründen ihre Arbeit nicht machen. Der Landrat des Kreises hatte Verständnis für die Beunruhigung der Protestierenden geäußert, der Innenminister eine Stellungnahme angekündigt, aber noch nicht abgegeben.
    Swoboda schaltete das Radio aus.
    Könntest du auch weniger schnell fahren?
    Sie nahm den Fuß vom Gas.
    Immerhin hast du jetzt was gesagt. Das beruhigt mich, ich dachte schon, du wolltest die ganze Strecke schweigen. Was ist los? Bin ich dir zu nah geraten, hat dir unsere Nacht nicht gefallen, hast du Gewissensbisse wegen Martina?
    Die Nacht hat mir gut gefallen. Du bist mir zu nah geraten, und ich habe Gewissensbisse.
    Sie musste lachen. Das sind doch zwei gute Themen, um sich zu unterhalten.
    Nein, ich will darüber nicht reden, und bevor du es sagst, sage ich es: Typisch Mann.
    Typisch Mann.
    Er richtete sich im Sitz auf.
    Außerdem habe ich wieder was getan, was ich eigentlich nicht tun wollte. Ich wollte in der Hofkunstanstalt weiter an meinem Fenster arbeiten, es hat mir Spaß gemacht, ich fand es spannend, ich fand den Glasmalermeister angenehm, ja sogar bewundernswert, und ich wollte mich weiter nur in der Kunst aufhalten. Jetzt sitze ich neben einer Chefermittlerin des Bundeskriminalamtes und bin wieder der blöde Polizist, der ich mein Leben lang war.
    Du warst dein Leben lang Maler und als Polizist nie blöde.
    Kannst du gar nicht wissen.
    Sie beschleunigte wieder und fuhr auf die linke Spur. Jetzt hör auf zu klagen, das macht einen ja trübsinnig.
    Ich bin trübsinnig!, rief er durch den Lärm. Und ich weiß nicht, warum ich hier bin und nicht dort, wo ich herkomme!
    Sie beendete das Überholmanöver, wechselte auf die rechte Spur und nahm Gas weg.
    Du bist hier, weil unser Mörder gestern bei Freya Paintner aufgetaucht ist.
    Törring leitet die Untersuchung. Er ist ein gute Kriminaler, er kommt aus meiner Tasche. Er macht das schon alles richtig.
    Kein Zweifel. Nur redet Freya Paintner nicht mit ihm.
    Was?
    Sie hat erklärt, dass sie ausschließlich mit dir redet, mit keinem sonst. Wahrscheinlich Altersstarrsinn.
    Swoboda schwieg, blickte über die Motorhaube und ließ die Autobahn mit ihren Markierungen in seinen Blick gleiten. Plötzlich musste er an die vergangene Nacht denken, in der ihn die Frau, die jetzt neben ihm kühl und konzentriert den Wagen steuerte, mit ihrer maßlosen Lust verjüngt hatte.
    Er neigte sich zu ihrer Seite, legte seine linke Hand auf ihren Oberschenkel und sagte: Die Nacht war wirklich sehr schön.
    Sie sah hinunter auf seine Hand, sofort wieder auf die Straße und antwortete leise: Vorsicht.
    Tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe, Aminata, das wollte ich nicht, ich bin auch nicht zufällig hier.
    Korell hatte sein jungenhaftes Lächeln aufgesetzt.
    Ehrlich gesagt hat mich Freya gebeten, ein bisschen auf dich aufzupassen. Schließlich gibt es auch in Zungen gewaltbereite Rassisten, und auch wenn du weiß bist, das mit deinem Großvater hat sich schnell rumgesprochen.
    Sie zog die Augenbrauen hoch und breitete die Arme zu einer Geste der Hilflosigkeit aus. Er begriff, dass er zu schnell zu viel gesagt hatte und wiederholte seine Begrüßung auf Englisch, ließ sich auf die Bank fallen und

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