Mein Ist Die Nacht
Blick zu Franka, bevor er fortfuhr. »Zum Rotlichtmilieu
hatte Daniela Sauer übrigens keine Verbindungen. Allerdings
habe ich die Namen einiger Männer im Adressbuch des Rechners
gefunden, die ihr vielleicht mal abklappern
solltet.«
»Das werden wir
tun«, nickte Micha. »Hast du eine Liste
ausgedruckt?«
»Natürlich.«
Georg grinste schief und reichte Micha den Ausdruck, der ihn an
sich nahm und die Namen darauf überflog. Natürlich, einen
Clay gab es nicht in der Liste.
»Dem Mailverlauf
nach zu urteilen, hatte Daniela Sauer wechselnde
Männerbekanntschaften. Aber wie gesagt - in den Bereich
Prostitution fällt das allergrößter
Wahrscheinlichkeit nach nicht.«
»Wir werden
heute Bernd Wiesinger, diesem Freund von Thomas Belter, einen
Besuch abstatten. Er ist eine feste Größe im Milieu und
kann uns eventuell mehr erzählen. Womöglich hatte er
sogar Kontakt zu Mandy Klimmek.«
»Denkt bitte
daran, mir den Rechner von Klaus Baumann mitzubringen«,
erinnerte Georg ihn. Bever beschloss, dass er gemeinsam mit Adler
an der Obduktion von Baumann und Daniela Sauer teilnehmen wollte,
die für den späten Nachmittag anberaumt worden waren.
Eigentlich eine Routine, denn inzwischen stand fest, wie Clay seine
Opfer umgebracht hatte. Nur leider brachte dieses Wissen nicht den
entscheidenden Schritt in die richtige Richtung.
66
9.50
Uhr
Als sie ihr Büro
betraten, das nur zwei Türen neben dem von Bever lag, pfiff
Micha durch die Zähne. Er hatte die Rose, die in einer
schmalen Vase auf Frankas Schreibtisch stand, zuerst
gesehen.
»Von wem ist die
denn?«, wunderte sich Franka und schnupperte an der Rose.
Einen Zettel, eine Karte oder eine Nachricht suchte sie indes
vergeblich.
»Von Bever ganz
bestimmt nicht«, brummte Micha, sank herunter an seinen
Schreibtisch und schaltete den Computer ein. Danach erhob er sich
wieder und suchte in der Hosentasche nach Kleingeld. »Ich bin
dann mal am Kaffeeautomaten.«
»Ist gut.«
Franka nickte gedankenverloren. Als sie alleine im Büro war,
schlug das Telefon an. Ein internes Gespräch, stellte sie mit
Blick auf das Display fest. »Hahne?«
»Hast du den
Gruß schon entdeckt?«
»Bernd«,
murmelte sie überrascht.
Er lachte. »Ich
hoffe, Stüttgen hat sich nicht über die Rose
kaputtgelacht.«
»Nein, er
dachte, sie wäre für ihn«, konterte Franka und
feixte.
»Klasse.«
»Wie komme ich
denn zu der Ehre?«
»Einfach so. Ich
wollte dich fragen, ob ich dich zum Essen einladen darf.«
Krüger räusperte sich verlegen. Frankas Gedanken schlugen
Purzelbäume. Ihr Herz klopfte schneller, als sie an den gut
aussehenden Kollegen dachte. Aber er ist immer noch verheiratet,
dachte sie. Sekundenlang haderte sie mit sich. »Ich
weiß nicht.«
»Komm schon, gib
dir einen Ruck«, bettelte er. »Es gibt da ein neues
Restaurant in der Stadt, und ich dachte …«
»Warum gehst du
nicht mit deiner Frau da hin?«
»Der saß.
Also, ich will ehrlich sein. Ich hatte ein paar Tage, um in meinem
Privatleben aufzuräumen. Wir haben gestern Abend beschlossen,
uns scheiden zu lassen.«
Er machte eine kurze
Pause, bevor er fortfuhr. »So, jetzt ist es raus. Und es ist
amtlich. Es lief einfach nicht mehr mit uns.«
»Aha, ich
verstehe, jetzt brauchst du jemanden zum Reden.«
Franka musste
schmunzeln.
»Sozusagen,
ja.«
»Und da dachtest
du an jemanden, den du mit einer Rose auf dem Schreibtisch
überraschst?«
»Naja
…« Er kicherte. »Also, kommst du
mit?«
»Sobald ich mir
einen Abend frei halten kann, gern.« Franka freute sich
wirklich. Dann legte sie auf. Gerade rechtzeitig, denn eben
erschien Micha mit zwei dampfenden Kaffeebechern im Büro. Als
er Frankas rote Wangen sah, grinste er. »Schlechtes
Gewissen?«
»Warum?«
»Es scheint, als
hätte sich dein geheimnisvoller Verehrer eben bei dir
gemeldet.« Er stellte einen Becher vor Franka ab, umrundete
den Schreibtisch und setzte sich. Pustete in den Kaffee, trank in
kleinen Schlucken, ohne seine Kollegin aus den Augen zu lassen.
»Komm schon«, sagte er dann. »Ich weiß
schon, dass Krüger auf dich steht. Und du auf
ihn.«
»Du solltest bei
der Kripo anfangen, bei deinem kriminalistischen
Spürsinn«, konterte Franka und lächelte. »Ja,
es war Krüger. Er lässt sich scheiden.«
»Das habe ich
auch immer behauptet, wenn ich fremdgegangen bin.«
»Du bist
geschieden-jetzt«, erinnerte sie ihn lächelnd. Frankas
siebter Sinn sagte ihr, dass Bernd Krüger sie nicht
anlog.
67
10.30
Uhr
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