Mein Ist Die Nacht
Mündungsfeuer aufblitzen. Die beiden Körper
wälzten sich über einander.
Dann zuckten seine
Mundwinkel, er drehte den Kopf in Frankas Richtung.
»Scheiße«,
brummte Micha und rappelte sich umständlich auf. Am Boden
sitzend betrachtete er den leblosen Körper von Karla Baumann,
der es noch im Moment des Sturzes gelungen war, einen Schuss
abzugeben, der ihre Schläfe getroffen hatte. Ein Einschussloch
an ihrem Schädel und die leblosen Augen räumten auch die
letzten Zweifel aus.
Karla Baumann hatte
sich erschossen.
Micha löste die
Pistole aus ihrer Hand und trat sie mit der Stiefelspitze in eine
Ecke des Raumes, bevor er sich über Karla Baumann beugte, um
ihren Puls zu fühlen.
Als er sich mit einem
stummen Kopfschütteln zu Franka umwandte, dachte sie gar
nichts mehr.
Micha stand auf und
nahm mit einer Plastiktüte, die er aus der Innentasche seiner
karierten Baumfällerjacke zog, die kleine Pistole von Karla
Baumann auf. Franka verließ den Raum, in dem sie es nicht
mehr aushielt, und suchte nach dem Schlafzimmer, wohl wissend, dass
es nicht besser werden konnte.
Karla Baumann hatte
nicht übertrieben. Kai Kötter oder Clay Ferguson oder
Dark Lord lag auf dem Bett. Sie hatte ihm eine große
Bisswunde zugefugt, und nun lag er in einer dunkelroten Blutlache.
Dass er nicht mehr lebte, musste Franka nicht erst
überprüfen. Sein Mund stand auf, wie zu einem stummen,
letzten Schrei geöffnet. Da lag er, der Mann, der innerhalb
weniger Stunden und Tage vier Menschenleben ausgelöscht hatte.
Das Phantom, dem sie seit Tagen hinterherjagten, war selbst zu
einem Opfer geworden. Es konnte nicht mehr bestraft
werden.
Befriedigung
verspürte Franka nicht. Sie war nur froh, dass die Geschichte
endlich vorbei war und kehrte zu Micha zurück, der sie mit
versteinerter Miene anblickte.
»Sie hat nicht
gelogen, Kötter liegt tot im Bett.« Ihre Stimme klang
belegt, und sie rang sichtlich um Fassung. Die Polizistin nahm sich
nun die Freiheit, Mensch zu sein. Die Ereignisse der letzten
Stunden zogen wie ein Film an ihrem geistigen Auge vorüber.
Sie kämpfte mit den Tränen.
Karla Baumann, die
sich bis zum letzten Augenblick ihres Lebens für eine Vampirin
gehalten hatte, war tot. Sie hatte ihrem Leben ein Ende gesetzt.
Kai Kötter lebte ebenfalls nicht mehr, und damit war der Fall
aufgeklärt. Franka warf sich schluchzend an Michas breite
Brust. In diesem Moment vergaß sie, dass sie Kommissarin war
und schon so viel erlebt hatte. Sie sehnte sich einfach nach
menschlicher Nähe und genoss in diesem Augenblick Michas
Wärme. Er strich ihr sanft durch das Haar.
»Es ist
vorbei.«
Dann zückte er
das Handy und informierte die Kollegen.
E N D
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