Mein Ist Die Nacht
einer den Lift, welchen auch
immer.«
Sie stürmten los.
So bestand die Chance zwei zu eins, dass ihnen der Täter
geradewegs in die Arme lief, falls er bereits auf der Flucht war.
Micha erreichte den vierten Stock ein wenig atemlos, aber fast im
gleichen Augenblick, in dem Franka aus dem Fahrstuhl stieg.
»Der andere Fahrstuhl war gerade auf dem Weg nach oben,
zwischen der siebten und der achten Etage«, raunte sie Micha
zu. »Er kann also nicht
entkommen.«
»Es sei denn, er
ist nach oben geflüchtet.«
»So dumm wird er
nicht sein.« Mit den Waffen im Anschlag näherten sie
sich der verschlossenen Wohnungstür, neben der das
Namensschild »Kötter« angebracht war. Franka
betätigte den Klingelknopf. Ein unangenehmes Brummen im Innern
der Wohnung ertönte.
»Herr
Kötter, öffnen Sie sofort die Tür!
Kriminalpolizei!« Micha pochte mit der freien Hand gegen das
Holz der Wohnungstür.
Als sie ein
Geräusch hinter sich hörten, wirbelten Franka und Micha
auf dem Absatz herum und blickten in das verschreckte Gesicht einer
alten Dame.
»Bitte gehen Sie
sofort in Ihre Wohnung zurück. Wir werden Sie informieren,
wenn die Gefahr vorüber ist«, sagte Franka in einem
Tonfall, der keinen Widerspruch duldete. Erschrocken trat die Frau
den Rückzug in ihre vier Wände an.
Micha legte ein Ohr
flach an die Tür, um zu hören, ob sich drinnen etwas tat.
Und er glaubte, ein Wimmern zu hören.
»Was hat das zu
bedeuten?«, fragte Franka.
»Entweder ist
ihm etwas zugestoßen oder er hat Besuch.«
»Besuch von
einem weiteren Opfer?« Frankas Herz raste.
»Das würde
nicht für seine Intelligenz, eher für die reine Gier
sprechen, aber es wäre denkbar. Und wenn dem so ist, dann geht
es seinem Besuch nicht gut.«
Franka schlug mit der
freien Faust gegen die Tür. Auf der Polizeischule hatte sie
gelernt, dass man das niemals mit einer Waffe tun sollte, da diese
dann ungenau schoss.
»Herr
Kötter, sind Sie zuhause? Öffnen Sie sofort die Tür,
sonst sind wir
gezwungen, uns selber Einlass zu verschaffen.«
Träge Sekunden
des Wartens vergingen, ohne, dass drinnen etwas geschah. Micha
legte das Ohr noch einmal an das kalte Holz und lauschte in die
Wohnung. Dann nickte er Franka zu.
»Da ist jemand
drin. Das steht fest.«
»Dann gehen wir
jetzt rein.« Franka klopfte ein letztes Mal. »Wir
kommen jetzt zu Ihnen!« Während sie sprach, fragte sie
sich, zu wem sie denn nun eigentlich in die Wohnung
kamen.
Micha trat
zurück, gab Franka ein Zeichen, nahm Anlauf und rannte gegen
die Tür, die zwar ächzte, aber kaum nachgab.
»Warum geht der
Scheiß in den Filmen immer so einfach?«, fragte er mit
schmerzverzerrter Miene und rieb sich den Unterarm.
»Weil da die
Türen aus Pappe sind«, erwiderte Franka und sah ihm zu,
wie er erneut Anlauf nahm und auf die verschlossene
Wohnungstür losrannte. Diesmal hatte er mehr Erfolg: Die
Stellen, an denen die Tür in den Angeln hing, gaben mit einem
ohrenbetäubenden Lärm nach. Micha taumelte in die
Wohnung, ruderte mit den Armen, bekam etwas zu fassen und fing sich
an der Kommode im Flur der Wohnung.
»Scheiße,
tut das weh«, fluchte er und gab Franka ein Zeichen über
die Schulter. Sie nahm die Waffe in Anschlag und sicherte ihn,
während er im Halbdunkel die Zimmer durchsuchte, die nach
rechts und links abzweigten. Normalerweise war das die Arbeit eines
Sondereinsatzkommandos, aber Franka und Micha konnten keine
unnötige Zeit mehr verlieren. Die Wohnung machte einen
trostlosen Eindruck, es gab kaum Mobiliar. Die Wände des
Schlafzimmers waren schwarz angestrichen, und als Michas Hand
über die Wand neben der Tür wischte, flammte ein diffuses
Deckenlicht auf. Als sie nach oben blickten, sahen sie eine nackte
Birne, die in einem Totenschädel aus Kunststoff
steckte.
»Schöner
Lampenschirm«, bemerkte Franka kopfschüttelnd. Auf dem
Boden des Schlafzimmers lagen Kleidungsstücke herum. Nur
schwarze Kleidung.
Micha ging neben dem
Bett in die Knie und spähte darunter. Doch außer einer
ebenfalls schwarz gestrichenen Unterbettbox aus Kunststoff fand er
nichts Auffälliges unter dem Bett und nahm sich den
Kleiderschrank vor.
»Mach das
gleich«, rief Franka, die Geräusche aus dem Wohnzimmer
gehört hatte. »Im Wohnzimmer scheint jemand zu
sein.«
Micha nickte nur und
ließ sich wieder von Franka absichern, während er die
Wohnzimmertür, die vor Kopf des Korridors lag, mit einem Ruck
aufstieß. Und dann erstarrte er.
»Positiv«,
rief er mit bebender
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