Mein ist die Stunde der Nacht
Kreuzfahrtschiffen kriegt man die Nachrichten mit, dachte Sam. Bei der Fülle von Medienberichten, die es in den letzten Tagen über Laura gegeben hat, sollte man denken, dass sie sich nach ihr erkundigen. Merkwürdig, dass wir noch nichts von ihnen gehört haben. Ich werde mal sehen,
ob unsere Leute in Palm Beach herausfinden können, auf welcher Kreuzfahrt sie sich befinden. Es wäre natürlich möglich, dass Laura ihnen mitgeteilt hat, sie bräuchten sich keine Sorgen um sie zu machen.
Er schaute auf, als Joy Lacko sein Büro betrat. »Der Boss hat mich gerade von den Morden abgezogen«, sagte sie. »Er will, dass ich mit Ihnen arbeite. Er meinte, Sie würden es mir erklären.« Ihr Gesichtsausdruck signalisierte deutlich, dass sie über diese neue Zuteilung nicht besonders glücklich war.
Doch ihr Ärger verflog, als Sam sie mit den Einzelheiten des Falles vertraut machte. Die Tatsache, dass Lilys Adoptivvater ein Drei-Sterne-General war, ließ sie aufhorchen, genauso wie die Schlussfolgerung, dass Laura Wilcox nicht hinter der letzten Faxnachricht an Jean Sheridan stecken konnte. »Ich kann immer noch nicht glauben, dass fünf Frauen, die an der Stonecroft Academy mittags an einem Tisch saßen, einfach so gestorben sind, noch dazu in der Reihenfolge, in der sie saßen«, sagte er abschließend. »Wenn es nicht ein unglaublicher Zufall ist, würde das heißen, dass jetzt Laura an der Reihe ist.«
»Das bedeutet also: Zwei Promis sind verschwunden, was ein Werbegag sein könnte oder auch nicht. Eine West-Point-Kadettin, die adoptierte Tochter eines Generals, wird bedroht. Und fünf Frauen sind in der Reihenfolge gestorben, in der sie in ihrer Schulzeit mittags am Tisch saßen. Kein Wunder, dass Rich meint, Sie könnten Hilfe gebrauchen«, stellte Joy nüchtern fest.
»Die kann ich wirklich gebrauchen«, gab Sam zu. »Laura Wilcox zu finden hat oberste Priorität, erstens, weil sie offensichtlich in Gefahr schwebt, falls sich herausstellt, dass die fünf Frauen vor ihr doch nicht bei Unfällen gestorben sind, zweitens, weil sie vielleicht von Sheridans Tochter Lily wusste und es jemandem erzählt hat.«
»Was ist mit Lauras Familie? Was ist mit ihren Freunden
und Bekannten? Haben Sie schon mit ihrem Agenten gesprochen?« Lacko hatte ihr Notizbuch hervorgeholt. Mit dem Stift in der Hand wartete sie auf Sams Antwort.
»Sie stellen die richtigen Fragen«, sagte Sam. »Am Montag habe ich mit ihrer Agentur telefoniert. Es heißt dort, dass sich Alison Kendall selbst um Laura Wilcox gekümmert hat. Kendall ist jetzt seit einem Monat tot, aber in der Agentur ist noch niemand angewiesen worden, sie zu übernehmen.«
»Das ist ungewöhnlich«, sagte Joy. »Ich hätte gedacht, das wäre eines der ersten Dinge, die man tut.«
»Der Grund ist anscheinend, dass sie ihnen noch Geld schuldet; sie haben ihr Vorschüsse gewährt. Alison ist bereit gewesen, ihr auch weiterhin unter die Arme zu greifen, aber der neue Chef nicht. Sie haben versprochen, uns Bescheid zu geben, falls sie etwas von ihr hören, aber damit sollten wir nicht rechnen. Ich habe den Eindruck, dass die Agentur nicht wirklich an Laura interessiert ist.«
»Seit Henderson County ist sie nicht mehr in irgendwelchen nennenswerten Rollen zu sehen gewesen, und das ist jetzt schon ein paar Jahre her. Und wenn man sich all diese zwanzigjährigen Jungstars anschaut, die in den Medien hochgejubelt werden, denke ich, dass sie nach Hollywood-Maßstäben bereits zu den alten Schachteln gezählt wird«, bemerkte Joy trocken.
»Ich glaube, Sie haben Recht«, sagte Sam. »Wir werden versuchen, ihre Eltern ausfindig zu machen, um festzustellen, ob sie mit ihnen gesprochen hat. Ich habe schon mit der Kollegin in Kalifornien telefoniert, die Alison Kendalls Tod untersucht hat, und sie meint, es gebe keinerlei Anzeichen für Gewaltanwendung. Aber ich traue der Sache trotzdem nicht. Als ich Rich Stevens von den Mädchen und dem Mittagstisch erzählt habe, hat er eine Anweisung rausgegeben, dass wir alle Akten über die Todesfälle von den jeweiligen ermittelnden Stellen erhalten. Der älteste Fall liegt schon
zwanzig Jahre zurück, das heißt, es könnte bis Ende der Woche dauern, bis wir alles haben. Dann werden wir die Akten genauestens durchkämmen und schauen, ob wir nicht auf irgendetwas Auffälliges stoßen.«
Er schwieg für einen Moment, während Joy sich ein paar Notizen machte. »Ich möchte die Webseiten der Lokalzeitungen von jenen Orten durchsuchen, wo die
Weitere Kostenlose Bücher