Mein ist die Stunde der Nacht
gestellt wird. Aber bitte beantworten Sie mir eine Frage: Haben Sie irgendeine Erklärung dafür, wie jemand in der Praxis Ihres Mannes an die Akte von Jean Sheridan gelangen konnte?«
Diesmal war keine Spur von Nervosität in Dorothy Connors’ Stimme oder Gebaren zu erkennen. Sie blickte Sam in die Augen, als sie erwiderte: »Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, dass ich nichts darüber weiß, und wenn ich etwas wüsste, würde ich es Ihnen sagen.«
Sie hatten auf der Sonnenveranda gesessen, Mrs Connors’ bevorzugtem Aufenthaltsort, wie Sam vermutete. Sie bestand darauf, ihn zur Haustür zu bringen. Als sie sie öffnete, hielt sie inne. »Mein Mann hat Dutzende von Adoptionen vermittelt in den vierzig Jahren, die er praktiziert hat«, sagte sie. »Er hat immer kurz nach der Geburt ein Foto von den Babys aufgenommen. Er schrieb das Datum der Geburt auf die Rückseite, und wenn die Mutter ihrem Kind schon einen Namen gegeben hatte, hat er den dazugeschrieben.«
Sie schloss die Haustür wieder. »Kommen Sie mit in die Bibliothek«, sagte sie. Sam folgte ihr durch das Wohnzimmer und dann durch zwei Schiebetüren in ein kleines Zimmer, dessen Wände mit Bücherregalen bedeckt waren. »Hier befinden sich die Fotoalben«, sagte sie. »Nachdem Dr. Sheridan fort war, habe ich das Foto ihres Babys gefunden, mit dem Namen Lily auf der Rückseite. Ich muss gestehen, dass ich furchtbar in Sorge war, dass ihre Adoption eine von denen gewesen sein könnte, die sich nicht zurückverfolgen lassen. Aber jetzt, nachdem Dr. Sheridan ihre Tochter gefunden hat und sich mit ihr treffen wird, möchte sie sicher gerne ein Bild von Lily haben, als sie drei Stunden alt war.«
Stapel von Fotoalben nahmen eine ganze Abteilung der Regale ein. Alle trugen Etiketten auf dem Rücken, die bis zu vierzig Jahre zurückgingen. In dem Album, das Mrs Connors
herausnahm, steckte ein Lesezeichen. Sie öffnete es an dieser Stelle, zog ein Foto aus einer Plastikhülle und reichte es Sam. »Bitte richten Sie Dr. Sheridan aus, dass ich mich sehr für sie freue«, sagte sie.
Als Sam wieder im Auto saß, schaute er sich das Foto genauer an, bevor er es sorgfältig in der Innentasche seines Sakkos verstaute. Ein Säugling mit großen Augen, langen Wimpern und flaumigen Haaren, die das Gesicht einrahmten. Was für ein schönes Kind, dachte er. Wie schwer muss es für Jean gewesen sein, es aufzugeben. Ich bin nicht so weit weg vom Glen-Ridge. Wenn sie da ist, könnte ich ihr das Bild vorbeibringen. Michaelson wollte sie anrufen, nachdem er mit mir gesprochen hat. Bestimmt ist sie in bester Stimmung wegen der Aussicht, die Adoptiveltern von Lily kennen zu lernen.
Als Sam anrief, war Jean in ihrem Zimmer und gerne bereit, sich mit ihm in der Eingangshalle zu treffen. »Geben Sie mir zehn Minuten«, sagte sie. »Ich bin gerade aus der Wanne gestiegen.« Dann fügte sie hinzu: »Es ist doch nichts Schlimmes, oder, Sam?«
»Nein, es ist überhaupt nichts Schlimmes, Jean.« Im Moment jedenfalls nicht, dachte er. Sein ungutes Gefühl ließ ihn einfach nicht los.
Er hatte eine strahlende Jean erwartet, angesichts der Aussicht, Lily zu treffen, aber er sah sofort, dass sie etwas bedrückte. »Kommen Sie, setzen wir uns da drüben hin«, sagte er und nickte zur hinteren Ecke der Halle, in der ein Sofa und ein Sessel standen, die nicht besetzt waren.
Jean kam sofort auf das zu sprechen, was sie beschäftigte. »Sam, ich fange an zu glauben, dass Mark derjenige ist, der die Faxe geschickt hat«, sagte sie.
Er sah den Schmerz in ihren Augen. »Was lässt Sie das vermuten?« , fragte er ruhig.
»Weil er weiß, dass ich Patientin bei Dr. Connors gewesen bin. Es ist ihm herausgerutscht, ich habe ihm das nie
erzählt. Und da ist noch etwas. Er hat sich gestern am Empfang erkundigt, ob ein Fax für mich gekommen sei, und war enttäuscht, als ihm gesagt wurde, dass ich keines erhalten hätte. Es ging um das Fax, das aus Versehen in die Post eines anderen Gastes geraten ist. Mark hat mir außerdem erzählt, dass er abends im Gebäude von Dr. Connors’ Praxis gearbeitet hat – in der Zeit, als ich dort Patientin war. Schließlich hat er zugegeben, mich zusammen mit Reed in West Point gesehen zu haben. Er kannte sogar Reeds Namen.«
»Jean, ich verspreche Ihnen, dass wir Mark Fleischman sehr genau unter die Lupe nehmen werden. Ich sage es Ihnen offen, ich war nicht gerade begeistert darüber, dass Sie sich ihm anvertraut haben. Ich hoffe, dass Sie ihm nichts von dem erzählt
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