Mein Katalonien
sagte etwas darüber. Es ist seltsam, wie alle ihre Beobachtungen fast mit den gleichen Worten beschrieben: »Die Atmosphäre dieser Stadt – sie ist schrecklich. Wie in einer Irrenanstalt.« Ich sollte aber vielleicht nicht jeder sagen. Einige englische Besucher, die nur ganz kurz von Hotel zu Hotel durch Spanien huschten, scheinen nicht bemerkt zu haben, daß in der allgemeinen Situation überhaupt etwas nicht in Ordnung war.
Ich bemerkte zum Beispiel, daß die Herzogin von Atholl schreibt ( Sunday Express , 17. Oktober 1937):
Ich war in Valencia, Madrid und Barcelona… In allen Städten herrschte vollständige Ordnung ohne die geringste Gewaltanwendung. Alle Hotels, in denen ich wohnte, waren nicht nur »normal« und »anständig«, sondern auch äußerst bequem, trotz des Mangels an Butter und Kaffee.
Es ist charakteristisch für englische Reisende, daß sie wirklich an nichts glauben, was außerhalb der feinen Hotels existiert. Hoffentlich fand man etwas Butter für die Herzogin von Atholl.
Ich lag im Sanatorium Maurin, einem der von der P.O.U.M. unterhaltenen Sanatorien. Es lag in den Vororten in der Nähe von Tibidabo, dem eigentümlich geformten Berg, der sich gleich hinter Barcelona erhebt und den man traditionsgemäß für den Hügel hält, von dem aus Satan Jesus die Länder der Welt zeigte (daher stammt auch sein Name). Das Haus hatte früher einem reichen Bürger gehört und war während der Revolution beschlagnahmt worden. Die meisten Soldaten, die dort lagen, waren entweder als Invaliden von der Front entlassen worden oder hatten eine Wunde, die sie dauernd dienstunfähig machte, zum Beispiel amputierte Glieder. Dort lagen auch einige Engländer: Williams mit einem beschädigten Bein und Stafford Cottman, ein achtzehnjähriger Junge, der wegen Tuberkuloseverdacht aus den Schützengräben zurückgeschickt worden war, und Arthur Clinton, dessen zerschmetterter linker Arm immer noch in einer jener riesigen Drahtkonstruktionen lag, die die spanischen Lazarette benutzten und die man scherzhaft »Flugzeuge« nannte. Meine Frau wohnte noch im Hotel ›Continental‹, und ich kam normalerweise tagsüber nach Barcelona. Morgens ging ich gewöhnlich zum Allgemeinen Krankenhaus, um meinen Arm mit einer elektrischen Methode behandeln zu lassen.
Das war eine komische Sache – durch eine Reihe prickelnder elektrischer Schocks ließ man die einzelnen Muskelstränge auf- und abspringen –, aber es schien mir gutzutun. Allmählich konnte ich wieder meine Finger bewegen, und der Schmerz ließ etwas nach. Wir hatten uns beide dazu entschlossen, so schnell wie möglich nach England zurückzugehen, das war das Beste, was wir tun konnten. Ich war äußerst schwach, und meine Stimme war anscheinend für immer verschwunden. Die Ärzte sagten mir, daß es selbst im günstigsten Falle mehrere Monate dauern würde, ehe ich wieder kampffähig sei. Früher oder später mußte ich anfangen, wieder etwas Geld zu verdienen, und es schien wenig sinnvoll zu sein, in Spanien zu bleiben und Lebensmittel zu essen, die für andere Leute benötigt wurden. Aber meine Motive waren hauptsächlich selbstsüchtig. Ich hatte den überwältigenden Wunsch, von allem wegzukommen. Weg von der scheußlichen Atmosphäre des politischen Mißtrauens und Hasses, weg von den Straßen, in denen sich bewaffnete Soldaten drängten, weg von den Fliegerangriffen, Schützengräben, Maschinengewehren, kreischenden Straßenbahnen, dem Tee ohne Milch, dem in Öl gekochten Essen und dem Zigarettenmangel, kurzum von allem, was ich irgendwie mit Spanien in Verbindung zu bringen gelernt hatte.
Die Ärzte im Allgemeinen Krankenhaus hatten mir bescheinigt, daß ich nach ärztlichem Urteil frontuntauglich sei. Um aber meine Entlassung zu erhalten, mußte ich eine Ärztekommission in einem der Lazarette in der Nähe der Front aufsuchen und dann nach Sietamo gehen, damit dort meine Papiere im Hauptquartier der P.O.U.M.-Miliz abgestempelt würden. Kopp war gerade frohlockend von der Front zurückgekommen. Er war eben in der Schlacht gewesen und sagte, Huesca würde nun endlich erobert. Die Regierung hatte Truppen von der Madrider Front gebracht und konzentrierte dreißigtausend Mann und eine große Anzahl Flugzeuge an dieser Stelle. Die Italiener, die ich gesehen hatte, als sie von Tarragona zur Front gingen, hatten die Straßen nach Jaca angegriffen, dabei aber schwere Verluste erlitten und zwei Tanks verloren. Kopp sagte aber, die Stadt müsse fallen. (Leider
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