Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Koerper und ich - Freund oder Feind

Mein Koerper und ich - Freund oder Feind

Titel: Mein Koerper und ich - Freund oder Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanne Seemann
Vom Netzwerk:
…«
    Das »eigentliche« Problem ist die Beharrlichkeit vieler Frauen – auch ein Durchhaltephänomen –, an einer einmal getroffenen Entscheidung festzuhalten oder gar nicht zu versuchen, sie für sich verträglicher zu gestalten. Auch die Zähne zusammenbeißen gehört dazu. Das führt nicht selten zu Gesichtsschmerzen und dem Verlust von Zähnen. Die Kaumuskulatur hat enorm viel Kraft – man könnte damit zubeißen, was sich natürlich nicht gehört. Aber auch laut schreien, fluchen, schimpfen – oder singen würde Entspannung bringen. Oder aber: etwas im Leben ändern. Die eben zitierte junge Frau könnte ja mal freundlich und beharrlich auf ihren eigenen Bewegungsspielräumen bestehen und schauen, ob ihre Beziehung diesen Veränderungen standhält. Das birgt ein gewisses Risiko – das Nicht-Reagieren aber auch.
    Bei einem hohen Prozentsatz von Frauen mit Fibromyalgie gibt es verlässliche Hinweise auf Missbrauch und Vernachlässigung in ihrer Kindheit (Egle et al. 2004). Damals hat sie gelernt, durchzuhalten, nicht aufzugeben, konnte nicht weglaufen, sich nicht bewegen, sich nicht wehren. Solches wiederholt sich zuverlässig im späteren Leben, wenn die Situation bzw. die Bedingungen sich ähneln, wenn auch vielleicht nur entfernt, undim Körper Erinnerungen hervorrufen – ganz unwillkürlich, unbewusst und nicht zu steuern, aber nicht weniger schlimm.
    Mehr dazu im 5. Kapitel über Trauma und Körpererinnerung.
3.Total aus dem Ruder – wie die Dynamik von Migräne, Asthma, Panikattacken verständlich wird
    Während wir soeben das zuerst schleichende und dann chronische Festhalten der schwingenden Rhythmik in der Unbeweglichkeit und Erstarrung genauer betrachtet haben, wenden wir uns jetzt dem genauen Gegenteil zu: der Übersteuerung. Was meint, dass die Flügel der Schwingung zu weit nach oben und dann zu tief nach unten ausschlagen. Und zwar schnell, also anfallartig, danach kehrt wieder Ruhe ein und alles pendelt sich wieder in den normalen Schwingungsbereich ein – bis zum nächsten Aufschaukelungszyklus. Beim Migräne-Anfall ist das zum Beispiel so. Auch Asthmaanfälle kommen schnell und heftig, ebenso Panikattacken und Herzrasen, eines der Körpersymptome bei Angst.
    Am Beispiel der Migräne will ich beschreiben, was da passiert – wobei zuerst gesagt werden muss, dass der Migräne eine angeborene neuronale Konstitution zugrunde liegt. Das sollte jeder wissen: Migräne-Patienten haben eine besondere Veranlagung und sind, infolgedessen, besondere Menschen.
    Allerdings basieren auch alle anderen funktionellen Störungen auf einer besonderen Empfindsamkeit im Nervensystem des davon Betroffenen. Lediglich die Körper-Reaktionen unterscheiden sich, d. h. die Art und Weise, wie, und auch der Ort, wo der Körper auf Überbelastung antwortet.
    Bei Menschen, die zu Migräne neigen, ist es das Zentralnervensystem (s. dazu eine Erklärung auf S. 67), das eine ganze Kaskade weiterer Reaktionen, auch im vegetativen Nervensystem (s. dazu eine Erklärung auf S. 66), auslöst. Die besondere Konstitution bzw. Disposition basiert auf einer übermäßigen Empfindlichkeit des Zentralnervensystems gegen Reize – die von außen oder auch von innen, d. h. aus der Gedankenwelt des Gehirns, auf dieses einwirken. Es kommt zu einer sogenannten Reizüberflutung – wieder einmal zu viel . Die angeborene Offenheit eines solchen Gehirns gegenüber Informationen zeigt sich in der besonderen Aufmerksamkeit dieser Menschen – auch wenn es langweilig ist, schlafen sie nicht einfach ein. Und, was man aus EEG-Forschungen weiß: Sie adaptieren nicht auf schon bekannte Informationen. Andere Gehirne winken innerlich ab – kenn ich schon! Und reagieren gar nicht mehr. Sie haben gut funktionierende Filtersysteme für einlaufende Reize. Das ist gesund. Wenn man aber immer und immer wieder auf alles, was daherkommt, reagieren muss, dann ist so ein Gehirn schnell überlastet. Bei Gefahr jedoch merken solche Menschen, die ihre Wahrnehmungsfühler ständig nach allen Seiten ausgefahren haben, sehr schnell, dass etwas nicht stimmt – wie das Reh, das am Waldrand nach allen Seiten Witterung aufnimmt. Für eine Menschenhorde oder eine Familie kann das sehr von Vorteil sein. Wenn aber die Umwelt reizintensiv ist – das ist sie heute fast überall –, dann reagiert das Gehirn mit einer sogenannten »Reizverarbeitungsstörung«, die der Migräne neurophysiologisch zugrunde liegt.
    DAS VEGETATIVE NERVENSYSTEM ist das Zentralorgan bzw. der

Weitere Kostenlose Bücher