Mein Koerper und ich - Freund oder Feind
bevorzugte Austragungsort psychosomatischer Störungen. Die wichtigsten Nervenbahnen in diesem Funktionssystem sind Sympathikus und Parasympathikus – zwei Gegenspieler, deshalb werden sie als Agonist – Antagonist bezeichnet. Wenn die sympathischen Nerven stark erregt sind, zum Beispiel bei Angst und Panik, steigt beispielsweise der Blutdruck an, der Pulsschlag wird schneller, die Atmung verändert sich – dann greift normalerweise der Parasympathikus ein und reguliert alles wieder auf einen ausgeglichenen Zustand herunter: der Mensch beruhigt sich. Vegetative Funktionen schwanken ständig innerhalb bestimmter Grenzen, weil sie die erforderliche nervöse Erregung den wechselnden Situationen anpassen, und kehren dann, auch bei heftigen Ausschlägen in die eine oder andere Richtung, relativ schnell wieder in den Normalbereich zurück. Das Vegetativum reguliert vielerlei Körperfunktionen wie die Atmung, den Wärme-Kälte-Haushalt, den Kreislauf, die Durchblutung, die Pulsfrequenz, Wachen-Schlafen, Verdauung, Anspannung–Entspannung usw. Es sorgt selbsttätig für innere Balance, weshalb es auch autonomes Nervensystem genannt wird, und es reagiert unwillkürlich , ist also dem Willen nicht unterworfen. Man kann es allerdings beeinflussen, zum Beispiel durch Entspannung, manipulieren, zum Beispiel durch Medikamente, und man kann es, zum Beispiel durch körperliche und psychische Überbelastung, empfindlich und dauerhaft stören.
Wenn ein Mensch von seiner Konstitution her vegetativ träge ist, wenn er also gewohnheitsmäßig eher parasympathisch reagiert, wird er vielleicht dazu neigen, seine sympathischen Nerven zu stimulieren, z.B. Kaffe zu trinken, um sich auf ein Erregungsniveau zu bringen, das es ihm erlaubt, wach und aktiv zu sein. Theaterschauspieler und andere öffentlich auftretende Künstler brauchen sehr oft ein individuell hohes Maß an Erregung – Lampenfieber –, um den Anforderungen gerecht zu werden, denn diese Erregung spendet Wachheit und Energie. Umgekehrt benötigen Menschen, die zu Übererregung neigen, beruhigende und dämpfende Bedingungen, um eine optimale Arbeitserregung zu erzeugen, und sie brauchen eine ruhige Zeit vor dem Einschlafen, um parasympathisch » herun terzukommen«. Wenn sich der Organismus seinen inneren Regulationsaufgaben zuwendet, haben die inneren Organe und Hormone eine gesteigerte Aktivität. Das geschieht am besten im Zustand der Ruhe und Erholung, wenn das Wachbewusstsein, die Wahrnehmungsschärfe und der Muskeltonus heruntergesetzt sind.
DAS ZENTRALE NERVENSYSTEM , auch somatisches Nervensystem genannt, ist der Teil des komplexen, neuronalen Netzwerkes, mit dem der Mensch sich willkürlich seiner Außen- und Innenwelt zuwendet. Es hat viele verschiedene Teile mit unterschiedlichen Zuständigkeiten, die alle miteinander und mit dem vegetativen Nervensystem verschaltet sind und aufeinander reagieren. So kommt es, dass die Wahrnehmung eines Ereignisses, das vom zentralen Nervensystem als gefährlich erkannt wird, eine ganze Kaskade an sympathischen Reaktionen im vegetativen Nervensystem auslösen kann – ebenso wie Zuneigung und Liebe in positiver Art und Weise. Schon ein einziger Gedanke kann über die sympathische Erregung oder parasympathische Dämpfung des Vegetativums das innere (hormonelle) Milieu so verändern, dass daraus Missbehagen und Verstimmung oder Wohlbefinden hervorgeht. Auch die passive Muskulatur, der Muskeltonus ist mit verschaltet und reagiert oft synchron mit Verspannung oder Entspannung. Hieraus wird deutlich, dass wir beim Sprechen über einzelne Teile unseres Nervensystems nicht vergessen dürfen, dass immer alles, d.h. der ganze Mensch, in Mitleidenschaft gezogen wird – in die positive Richtung seines Wohlbefindens oder die negative Richtung der akuten oder chronischen psychosomatischen Störung.
Im Hirnstamm, einem alten Teil unseres Gehirns, gibt es einen Fühler für Überlastungen des zentralen Nervensystems. Erinnern Sie sich? Ein wichtiger Aspekt der Intelligenz unseres Körpers besteht darin wahrzunehmen, ob noch alles in (individueller) Ordnung ist, und darin, Abweichungen der unbekömmlichen Art zu bemerken (siehe Seite 17 im Teil I). Genau dies tut dieser »Fühler« im Hirnstamm für sein Großhirn. Stellt er erhebliche Abweichungen vom Normalzustand fest, wird er sogleich tätig und provoziert einen Migräneanfall – weshalb man ihn auch als Migräne-Generator bezeichnet. Wenn Sie noch mehr über die Entstehungsdynamik eines
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