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Mein Koerper und ich - Freund oder Feind

Mein Koerper und ich - Freund oder Feind

Titel: Mein Koerper und ich - Freund oder Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanne Seemann
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ich sie fragte, ob das schon immer so war, wurde sie nachdenklich und sagte: »Nein, erst seit meine Mutter bei mir eingezogen ist.« Ihre Eltern hatten sich getrennt und ihre Mutter hatte – vorübergehend – nicht gewusst wohin. Da die Wohnung groß war, ging dieser Zustand nicht vorüber und die Mutter nicht wieder weg. Die Mama fühlte sich nicht mehr so allein, kaufte ein und kochte abends, der Tochter gefiel das gut, sie kamen miteinander aus.
    Aber nach einiger Zeit verweigerten sich die Beine der jungen Frau und mussten jeden Abend erneut überredet werden, sie dorthin zu tragen, wo es doch eigentlich gar nicht so schlecht war – aber auch nicht richtig gut. Die junge Frau sagte: »Irgendwie warte ich schon die ganze Zeit darauf, dass sie etwas Eigenes findet, aber ich mag nichts sagen, es geht ihr ja nicht so gut.«
    Es lohnt sich bei spontanem Kräfteschwund oder bei übermäßigem Schlafbedürfnis immer, die »Lückenfrage« zu stellen: Wann, wo und wofür ist Energie vorhanden? Und wann ist sie weg? Es kann sich da auch um eine Art Eskapismus handeln, d. h. eine Fluchtbewegung aus einer nicht auflösbaren unerträglichen Situation, in der die Energie zu sagen scheint: Ich gehe schon mal an einen besseren Ort und warte dort, bis du nachkommst. Oder, was häufiger vorkommt, ein energetisches Hin und Her in einer ambivalenten Lage wie die eben beschriebene: Sie hat etwas Gutes und gleichzeitig etwas Unerwünschtes – wie die meisten Lebenssituationen. Wenn der Körper aber so deutliche Signale schickt, dann heißt es etwas unternehmen.
    Das prägnanteste Beispiel habe ich einmal mit einer jungen Frau erlebt, die aus ihrem Heimatdorf in der Südpfalz zusammen mit ihrem Mann in eine Kleinstadt in der Nähe umgezogen war, damit dieser nicht so weit zur Arbeit fahren musste. Sie fand dort auch eine Halbtagsstelle als Arzthelferin, wo sie sich sehr gut aufgenommen und wohlfühlte. Aber kaum hatte sie am frühen Nachmittag heimkommend ihre neue, schöne, helle und geräumige Wohnung betreten, wurde sie »depressiv«. Sie hatte überhaupt keine Lust, irgendetwas zu tun, nicht einmal, hinauszugehen, saß missmutig herum und wunderte sich, weil ihre Vormittage eigentlich gar nicht so anstrengend waren. Manchmal raffte sie sich auf und fuhr die dreißig Kilometer in ihr Heimatdorf. Schon auf der Fahrt wurde sie putzmunter, »zu Hause« – wie sie sagte – erst recht. Mit der Zeit fuhr sie fast jeden Tag gleich nach der Arbeit und blieb auch mal über das Wochenende dort. Als sie die Absurdität ihres Verhaltens bemerkte – nun verfuhr sie statt ihres Mannes viel Zeit und Benzin –, zwang sie sich, in ihrem neuen Zuhause zu bleiben, und wurde richtiggehend gemütskrank. Das war der Zeitpunkt, als ich die beiden sah.
    Als ihr Mann sie weinen sah und sagen hörte: »Ich brauch das einfach, die Landschaft und die Wiese und die Katze und meine Freundinnen und den Geruch und …. alles eben«, fiel er aus allen Wolken und sagte sofort: »Aber das ist doch gar keine Frage, wir gehen sofort zurück und suchen uns dort eine Wohnung, und eine Arbeit findest du da sicher auch, und mir macht es überhaupt nichts aus, ein Stückchen weiter zu fahren … hättest du doch was gesagt!«
    Es lohnt sich immer, die Lücke im Elend zu suchen, um herauszufinden, ob es irgendwo etwas gibt oder früher einmal etwas gab, was man wirklich braucht. So gewinnt man eine Land- und Zeitkarte, die die Gegenden enthält, wo die eigene Energie positiv verteilt ist und wo andererseits die Energielöcher sind, in die man nicht hineinfallen sollte. Um offene Gullis auf der Straße macht man doch auch einen Bogen.
    Nur dann, wenn die Energie durch nichts mehr hervorzulocken ist, dann sprechen wir von Burnout – mit dem Bedarf einer langen Aus-Zeit. Dass es lang dauern kann – manchmal ein ganzes Jahr –, bis sich nach dem Ausgebrannt-Sein die Energie wieder aufgefüllt hat, ist inzwischen wohlbekannt. Es hilft aber wenig, sich dabei nur auszuruhen mit der Perspektive, dort in das gleiche System wieder einzusteigen, wo man herausgefallen ist.
    Das neu zu entzündende Lebensfeuer muss von anderem Material gespeist und am Brennen gehalten werden als zuvor. Esmuss etwas her, was begeistert, und derlei findet im Kopf statt bzw. im Herzen: Ein Herzensfeuer muss neu entfacht werden.
    Denn so eine Unterbrechung hat ihren Sinn: Etwas Neues will hervorkommen – wie wir später im Kapitel über den Lebensbogen sehen werden.
5.Wenn der Körper sich

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