Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
Vom Netzwerk:
zehn Jahren, während der großen P9-Erweckung. Ich hörte davon im Dodger Distrikt. Die Barracuda war das Flaggschiff der Friedensflotte der TWAC. Im krassen Widerspruch zu seinem Auftrag war es zwischen den Raumstraßen auf Kaperfahrt gegangen und lauerte den Frachtern und Passagierraumern auf, die es eigentlich beschützen sollte. Schließlich wurde es vom Rest der Flotte aufgebracht und zerstört. Er mußte ein Besatzungsmitglied gewesen sein oder wahrscheinlicher noch ein Angehöriger der Sondereinheiten, die unter Deck auf ihren Einsatz warteten, da er sich selbst als Einzelkämpfer bezeichnet hatte. Während des letzten Gefechts war es ihm offenbar gelungen zu entkommen. Doch wie hatte er es zum Leibdiener des Humanistenführers auf dem Mars gebracht? Ich konnte nicht fragen, und er erzählte keine Einzelheiten. Noch nicht. Statt dessen wandte er sich mit seinem abgehackten Selbstgespräch einem anderen Thema zu: Blaine. Wut zerfraß die antrainierte Selbstbeherrschung. »Der Narr lebt von meiner Intelligenz und meinen Ratschlägen, aber ich bleibe der Sklave, und er ist der Gebieter. Ich sollte ihn vernichten!« Er warf der First Lady einen schuldbewußten Blick zu. »Ich weiß, was du denkst.«
    Sie dachte überhaupt nichts, doch bevor er sich darüber klar werden konnte, tauchte eine zweite Persönlichkeit aus den Tiefen der unzensierten Psyche dieser Einheit und meldete sich mit einem affektierten, weibischen Lispeln zu Wort: »Sie denkt, was ich auch denke: Du hast nicht den Mumm.«
    Diese neue Stimme klang tadelnd, sarkastisch und verächtlich und steigerte sich bei Erregung zum Falsett. Offenbar handelte es sich bei diesem Phänomen um ein psychologisches Sicherheitsventil, das schon oft zum Einsatz gekommen war, denn Andro zeigte sich nicht im geringsten überrascht, im Gegenteil, er begann sofort eine lebhafte Unterhaltung mit seinem bissigen Alter ego, in deren Verlauf er mühelos zwischen den beiden Persönlichkeiten hin- und herwechselte.
    »Du hast Angst, dich gegen Blaine zu stellen, vom Gebieter aller Gebieter ganz zu schweigen«, beschuldigte ihn sein zweites Ich im Ton einer mißbilligenden Lehrerin. »Du hast mehr als genug Gelegenheiten ungenutzt verstreichen lassen – warum, vermag ich beim besten Willen nicht zu begreifen. Du hast keinen IZ wie die arme Angelika. Aus welchem Grund also hältst du es bei ihm aus? Warum verschwindest du nicht und gehst nach Horizont oder tust der Welt einen Gefallen und bringst den Hundesohn um?« Mit seiner normalen Stimme entgegnete Andro: »Du kennst den Grund! Hör auf, mich zu quälen!« Aufgebracht durchwanderte er das Zimmer und versuchte, die unbequeme Besucherin abzuschütteln, aber ihr Spott hatte ihn getroffen. »Wenn ich ihn umbrächte oder verließe, würde sich doch nichts Grundlegendes ändern. Nichts wäre gewonnen!«
    »Du persönlich würdest nichts gewinnen, soll das wohl heißen. Du hast bloß Angst, deiner kostbaren Privilegien verlustig zu gehen.«
    »Ja! Ich liebe mein Zimmer. Keine zweite Einheit auf dem Mars – in der gesamten Milchstraße – hat etwas Vergleichbares aufzuweisen.« Er ging zum Fenster und setzte sich auf den zu einer Ruhebank ausgebauten Sims.
    »Du hast eben gelogen, als du sagtest, du würdest alles geben, um wieder Pirat zu sein. Dieses schnuckelige kleine Nest ist dir viel zu sehr ans Herz gewachsen, um jemals darauf zu verzichten.«
    »Es ist zehnmal geräumiger als die im Kodex verlangte Unterkunft. Und die Aussicht! Wie viele Gebieter können eine derartige Aussicht genießen? Und hast du mein Büro im Verwaltungstrakt gesehen? Vom Feinsten.«
    »Nun, mein Arbeitszimmer ist bedeutend hübscher«, warf die First Lady ein. Sie fühlte sich zu dieser Zwischenbemerkung veranlaßt, weil er zufällig in ihre Richtung geschaut hatte.
    »Sei still!«
    »Andro, bedenke, mit wem du sprichst!« Die Fremde sprang auf und stützte entrüstet die Hände in die Hüften.
    »Setz dich hin. Ich befehle es dir.« Augenblicklich sank sie auf die Bettkante nieder und faltete artig die Hände im Schoß, einen leeren Ausdruck im Gesicht. Andro nahm sein Zwiegespräch wieder auf und prahlte: »Ich bin der Top-Droide auf dem Mars – ach was, im gesamten Sonnensystem. Sag mir, ob es noch eine Einheit gibt, die so mächtig ist wie ich.«
    »Wie ich gehört habe, gibt es Firmenrepräsentanten bei der TWAC, die es recht nett haben. Und sie müssen es sich dafür nicht einmal von ihrem Gebieter besorgen lassen.«
    »So? Und kann einer

Weitere Kostenlose Bücher