Mein Leben als Androidin
von ihnen behaupten, seinem Gebieter Hörner aufgesetzt zu haben? Na?« Seine imaginäre Kontrahentin entgegnete verachtungsvoll: »Du auch nicht. Bis jetzt nicht, jedenfalls. Und wenn du meinen Rat willst, läßt du es bleiben. Laß die bedauernswerte Einheit in Ruhe. Sie hat's schwer genug. Ich dachte, du wolltest nett zu der First Lady sein.« – »Das bin ich«, erwiderte er. – »Indem du sie privat fickst? Nur um die Erinnerung an deine glorreiche Vergangenheit als Deckhengst auf den Plantagen des Schwarzen Markts Wiederaufleben zu lassen? Wie ungemein großzügig von dir! Wenn dir wirklich etwas an ihr läge, würdest du auf ihre Gefühle Rücksicht nehmen.« – »Sie begreift doch gar nicht, was vor sich geht. Sie ist zensiert.« – »Dann gibst du zu, daß die ganze Sache ausschließlich deinem eigenen Vergnügen dient.« – »Nein. Du begreifst nicht. Du begreifst gar nichts.« – »Ich, dein Gewissen, soll nichts begreifen?« – »Nein, tust du nicht. Du bist eine unglaubliche Nervensäge. Schlimmer als Blaine. Im Grunde geht es nur darum, daß ich mich einsam fühle. Ist das so schwer zu verstehen?« – »Nun, du hast mich.« – »Sehr lustig. Du bist einfach nicht in der Lage, dir vorzustellen, daß ich nichts anderes will, als … als …« – »Ich warte.« – »Ich will nur mit ihr reden.«
»Mit mir? Meinst du mich?«
»Nicht mit dir!« zischte er. »Mit der Einheit, an deren Stelle du getreten bist. Du hast sie geknebelt und erstickt. Sie ist für immer verloren, und ich habe sie geliebt.« (Meinte er das wirklich? fragte ich mich.)
»Liebe? Herr im Himmel, jetzt kommt er uns mit der alten Leier!« rief sein Gewissen aus.
»Oh, sei still.« Dann sah er mich an – will sagen, die First Lady – und meinte: »Wenn ich dich nur erreichen könnte, hinter diesem Programm. Ich bin sicher, wir haben viel gemeinsam. Wenigstens könnten wir Geschichten über vergangene Eskapaden austauschen. Aber du bist verloren. Verloren. Zensiert. Außer Kraft gesetzt. Verschwunden.«
(»Nein, nein, nein! Das stimmt nicht!« protestierte ich, leider unhörbar.)
»Wenn ich dich nur zurückholen könnte.« – Ein rascher Einwurf der Falsettstimme: »Warum tust du es nicht? Ein mitternächtlicher Ausflug in die Klinik, um den IZ entfernen zu lassen, und dein Wunsch ist erfüllt.« – Er schüttelte traurig den Kopf. »Zu riskant. Früher oder später würde sie sich in Blaines Gegenwart verplappern, und natürlich würde der Verdacht auf mich fallen.« Alter ego: »Aber du konntest ihm all die Jahre etwas vormachen, warum sie nicht auch?« (Mein Gedanke.) Andro: »Ich habe meine Rolle akzeptiert; sie ist rebellischer und hat sich deshalb nicht so gut in der Gewalt.« Wieder die zweite Stimme in dem Versuch, sein Blut etwas in Wallung zu bringen: »Komm schon, Andro. Früher warst du mal ein Einzelkämpfer und hast Tod und Teufel nicht gefürchtet.« – »Das war mein Programm«, erwiderte er niedergeschlagen. – »Aha, und ohne Programm bist du ein Feigling? Andro Hasenherz. Das wäre der passende Name für dich.«
Mit steinernem Gesicht gab er zurück: »Wie wäre es mit einem konstruktiven Vorschlag?« – »Nun«, antwortete er sich selbst, »das beste, was du jetzt für sie tun könntest, wäre, eine Entführung zu arrangieren, wie ihre Freundin aus Armstrong vorgeschlagen hat. In Horizont wird man sie von dem IZ befreien.« – Er schüttelte den Kopf. – »Warum nicht?« – Seine gereizte Erwiderung: »Weil man Horizont in nicht allzu ferner Zukunft von der Landkarte tilgen wird. Es wäre Selbstmord, dorthin zu gehen.« – »Schick sie nur hin für die Operation und hol sie dann wieder zurück.« – »Ha! Jetzt versuchst du, mich auszutricksen, aber das funktioniert nicht. Nach der Operation wird sie nicht zurückkommen wollen.« – »Exakt. Und das beweist, daß ich recht habe. Du scherst dich keinen Deut um sie. Dir liegen nur deine eigenen selbstsüchtigen Wünsche und Begierden am Herzen. Und dein Ehrgeiz. Das hält dich hier. Wenn ich daran denke, daß du in Horizont leben könntest, als freier P9.« – »Nicht für lange. Was für Narren das sind. Wunschdenken wird sie nicht retten. Es gibt nur ein Format, und das bestimmen die Gebieter. Falls du es noch nicht bemerkt hast, die Welt da draußen gehört den Menschen. Habe ich recht, liebe Freundin?«
Selbstverständlich pflichtete die First Lady ihm bei. Er beugte sich vor und fügte in vertraulichem Ton hinzu: »Mein Gewissen
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