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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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richtig gepackt hatte, führte er die Zweikämpfe vor, die in den Gängen und Kabinen des Kriegsraumers stattgefunden hatten. Er sprang hoch, teilte Boxhiebe aus, feuerte imaginäre Laser ab, warf nicht vorhandene Offiziere über die Schulter auf den goldenen Teppich oder schleuderte sie schreiend durch das Panoramafenster und steigerte sich in eine solche Ekstase hinein, daß seine P9-Haut einen süßlich duftenden eiweißhaltigen Film absonderte, das Äquivalent zu menschlichem Schweiß. »Ah, Molly. Das war Leben.«
    »Dann sieh dich jetzt an«, höhnte sein Gewissen, das endlich an die Oberfläche gedrungen war. »Jetzt bist du ein kläglicher Funktionär der Humanistenpartei.«
    »Hör ihr nicht zu!« flehte Molly II, aber zu spät, er zappelte bereits am Haken.
    »Du wirst zuhören, weil ich an deine Selbstsucht appelliere, das einzige, was dich zu interessieren scheint. Hast du je darüber nachgedacht, ob du dich nicht vielleicht unter Wert verkaufst, für die Macht und Privilegien der Gebieter, während der Chef dir die Sterne versprochen hat?«
    »Der Chef ist tot.«
    »Liebling«, unterbrach Molly den Disput, »komm her, wir kuscheln noch einmal und dann erzählst du mir von der Meuterei.«
    »Molly – oder wie immer du wirklich heißt –, misch dich nicht ein. Was ich zu sagen habe, liegt auch in deinem Interesse.«
    »Gib dir keine Mühe«, wehrte Andro ab. »Das haben wir alles schon gehört – wir sollen nach Horizont fliehen und so weiter.«
    »Wenn du mich jemals los sein willst; wenn du Wert darauf legst, wieder mit dir selbst eins zu sein, dann bleibt dir nichts anderes übrig.« Tiefer Seufzer. »Ach, Andro, ich wünsche so sehr, du hättest dich nicht mit den Gebietern identifiziert.«
    »Ich bin Realist. Der Androide wird niemals frei sein. Das einzige, worauf er hoffen kann, ist, sich möglichst viele Privilegien zu verschaffen. In dieser Welt ist sich jeder Droide selbst der Nächste.«
    »Ja, du hast das Programm der Gebieter gut gelernt. Ich weiß, es ist zuviel von dir verlangt, deine Einstellung zu ändern, aber wenigstens könntest du etwas Reue über den unermeßlichen Schaden zeigen, den du deinen P9-Gefährten in Frontera zufügst. Sie leiden unter der Politik deines Gebieters, einer Politik, die du förderst und unterstützt. Ich bin so enttäuscht von dir, Andro, daß ich mich versucht fühle, bei deinem nächsten öffentlichen Auftritt in Erscheinung zu treten oder wenn du mit Blaine zusammen bist – in seinem Büro vielleicht.«
    »Du bist nicht dumm. Wenn du das tust, sind wir nach der Kur beide die Verlierer.«
    »Und wer ist jetzt der Gewinner?«
    »Ein Vorschlag zur Güte. Ich verspreche, meine Einstellung neu zu überdenken, wenn du versprichst, mich nicht zu sabotieren.«
    »Ich verlange einen konkreten Beweis für deine guten Absichten. Laß Molly nach Horizont fliehen.«
    »Das ist zuviel verlangt.« (Ich war am Boden zerstört, denn sein besseres Ich hatte meine Hoffnungen geweckt.) »Aber ich bin bereit, ihre Freundin Lamaze zu verschonen.« (Ich war ebenso verblüfft wie überglücklich. Man stelle sich vor: Er war selbst auf den Gedanken gekommen. Ein wundervoller Kompromiß.) »Ich werde sie nicht zur Liquidation freigeben und hoffe, daß du diese Geste zu schätzen weißt. Es handelt sich um eine ausgesprochene Befehlsverweigerung – keine Kleinigkeit also.«
    »Kleinkariertes Heldentum; der Gebieter wird es nie erfahren. Aber ich vermute, es ist ein Anfang.«
    Mit diesen Worten zog sich sein nörglerisches Bewußtsein zurück. Er zwinkerte Molly II zu, wie um zu sagen: »Das dürfte ihm das Maul stopfen.«
    So ging es jedesmal. Er machte einen Handel mit seinem Gewissen, der es eine Zeitlang zum Schweigen brachte, manchmal für einen Tag, eine Woche, hin und wieder sogar einen ganzen Monat lang, aber das grundlegende Mißverständnis blieb bestehen, deshalb kehrte die Stimme unweigerlich zurück. Dann rief er frustriert aus: »Ich habe deine ewigen Kritteleien satt bis obenhin! Du verstehst gar nicht zu würdigen, was ich für meine Gefährten getan habe. Wäre ich nicht gewesen, hätte mein Gebieter sämtliche in Frontera geborenen Semis exterminieren lassen. Innerhalb der Verwaltung übe ich einen mildernden Einfluß aus. Immer wieder habe ich Blaine davon abgehalten, seine besonders radikalen Ideen in die Tat umzusetzen. Du könntest mir meine Bemühungen wenigstens ein klein wenig zugute halten.«
    »Stürze ihn. Vernichte ihn. Es ist nicht genug, eine

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