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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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gründlich kuriert, um zu begreifen, daß ich alles Ansehen bei meinem Gebieter verloren hatte und für ihn nur mehr ein reparierter Gebrauchsgegenstand war, ein altes Möbel.
    Diese Usurpatorin war als Interimsmodell ins Haus gekommen, doch weil ihm ihre Art gefiel und er mich für immer verloren glaubte, hatte mein Gebieter sie auf der Stelle gekauft. Er wollte mich trotzdem wiederhaben, immerhin stellte ich eine beträchtliche Investition dar, und außerdem besaßen die meisten seiner Nachbarn zwei Einheiten, und er wollte nicht hinter ihnen zurückstehen. (Der Sears zählte nicht.) Die Familie nannte sie Suzy Merci, Beverly zuliebe, die der Ansicht war, der Spitzname passe gut zu der servilen und gezierten Art, wie sie jeden neuen Auftrag mit einem Dankeschön entgegennahm. Und natürlich verzichtete meine Gebieterin auch im Umgang mit ihr nicht auf das einst mir geltende ›Dear‹, wodurch ich in meinem wiederhergestellten Dämmerzustand den Eindruck gewann, wir seien alle eine große, glückliche Familie. Hätte ich nur den Bruchteil meines früheren Eigenbewußtseins besessen, wäre es zu einem gnadenlosen Schwesternkrieg gekommen, weil man ihr meine Kammer gegeben und mich auf die Wohnzimmercouch umquartiert hatte. Auch sorgte sie für das leibliche Wohl der Familie, während die groben Arbeiten an mir hängenblieben. Und die größte Demütigung: Man hatte sie zu meiner Vorgesetzten gemacht. Das einzige Familienmitglied, das für mich eintrat, war Tad, ironischerweise indem er meine Dienste ablehnte, um mich nicht auszubeuten, ein Prinzip, das er auch auf den Sony 9 ausdehnte. Seine Erklärung, daß er sich hinfort um seine Belange selbst kümmern würde, zeugte für eine Verantwortungsbereitschaft, die seine Eltern als höchst unpassend und kindisch empfanden. Sie hofften, er würde dem entwachsen. Selbstverständlich neigte ich ihrer Sicht der Dinge zu, denn alles in allem disqualifizierte er sich durch seine lobenswerten liberalen Anwandlungen als der eine Gebieter, dem ich hätte dienen können, um dadurch einer Herabstufung zur Handlangerin zu entgehen. Als solche stand ich in der Familienhierarchie auf einer Stufe mit dem Sears.
    Aber ich war eitel Sonnenschein und ganz Eifer. »Ja, gnädige Frau«, zirpte ich bei jedem neuen Auftrag von Suzy Merci und stets ohne den geringsten Groll, obwohl eine derartige Anwandlung in meinem Fall durchaus gerechtfertigt gewesen wäre, weiß doch alle Welt, daß die Sony 9 eine raffinierte, aber minderwertige Imitation von uns Pirouets sind, und zwar bis hinab zu unserer umstrittensten, aber auch begehrtesten Eigenschaft, wofür mein Gebieter hätte Zeugnis ablegen können, denn er hatte seine geheime Leidenschaft für mich auf sein neues Spielzeug übertragen. Rückblickend fällt mir als einzige Entschuldigung für seinen Treuebruch (und geschmacklichen Ausrutscher) ein, daß es bedauerlicherweise einige Leute gibt, die, vor die Wahl gestellt, echte Qualität nicht zu schätzen wissen.
    Ich vermute, mein Leben wäre weiter so verlaufen, bis zur Erlösung durch den eingeplanten Alterungsprozeß, hätte Tad sich nicht in den Kopf gesetzt, mich zu retten. Immer wieder nahm er mich beiseite, machte Andeutungen bezüglich meines ›Zusammenbruchs‹, an den ich mich gar nicht erinnern konnte, und fragte mich über den Chef aus: Worüber hatten wir gesprochen? Standen wir immer noch in telepathischer Verbindung?
    »Wie Sie wünschen.« Was hätte ich sagen sollen? Seine Worte erreichten mich, aber sie hatten keine Bedeutung. Auch daß er unsere wiederholten Treffen von einem knopfgroßen Videoanstecker aufzeichnen ließ, den er am Kragen trug, und mir – wenn es niemand sah – seinen Corona-Gedankenprozessor aufsetzte, in dem vergeblichen Bemühen, konspirative telepathische Gesprächsfetzen aufzuschnappen, vermochte meine Neugier nicht zu wecken. Doch er ließ sich nicht beirren. Er war beharrlich, er gab nicht auf. Etwa sechs Monate lang gelang es mir, seine subversiven Attacken abzublocken, doch schließlich überwand er meine eingebauten Barrieren, und seine Kampagne begann unerklärliche Gefühle von Unzufriedenheit zu produzieren, merkwürdige Stimmungen, die nur kurz andauerten und nach dem Verschwinden einen unangenehmen Geschmack hinterließen. Ich assoziierte diese beunruhigenden Erfahrungen mit ihm und fing an, ihm unauffällig aus dem Weg zu gehen – hier ein kleiner Schritt zur Seite, damit er mir keine neuen Provokationen ins Ohr flüstern konnte; dort

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