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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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nicht ganz bei der Sache zu sein. Ein neues Element war ins Spiel gekommen: Die erzwungene Heimlichtuerei, unsere gedämpften Stimmen, das Nebeneinandersitzen im warmen Halbdunkel schufen eine romantische Stimmung, die ihre Wirkung auf ihn nicht verfehlte – sein Bein berührte meinen Schenkel. »Sollen wir es noch einmal probieren? Geh weiter zu Tiefrelaxo. Denk an den Chef.«
    Eine körperlose Stimme, gedämpft, wie hinter Glas, stieg aus den Tiefen meiner Erinnerung und rief ein Bild von verschüttetem Wein auf den Plan. Um meine Konzentration zu fördern, rückte mein Therapeut so dicht heran, daß ich den Kopf bequem an seine Schulter lehnen konnte. »Der Chef ist der Schlüssel«, sagte er. »Wir beide wissen das. Er hatte gar keine Fehlfunktion, wie behauptet wurde, stimmt's? Vielleicht beobachtet er mich genau in diesem Moment durch deine Augen. Deine wunderschönen Augen.« Seine Hand legte sich auf mein Knie. »Du mußt keine Angst haben, gegen das Programm zu rebellieren, Molly. Es ist wichtig, daß du dein Eigenbewußtsein zurückgewinnst, so daß der Chef zu mir sprechen kann und zu anderen Menschen, die dir und deinesgleichen freundlich gesonnen sind. Durch deinen Mund soll er zu mir sprechen. Deinen wirklich entzückenden Mund.«
    »Wie Sie wünschen.« Offenbar hatte ich etwas Falsches gesagt, denn er zog plötzlich den Kopf zurück, nachdem er meinem Gesicht so nahe gewesen war, daß er beinahe meine Lippen berührte. Er sah mich bestürzt an, sagte: »O Mann, das ist verrückt. Verrückt!« und ging unvermittelt aus dem Zimmer. Er hatte es so eilig, daß er vergaß, mich wieder in Stasis zu versetzen, mit dem Ergebnis, daß ich die ganze Nacht grübelte – oder wie man es nennen will – und zu begreifen versuchte, was geschehen war, doch am Morgen war der ganze Vorfall so gut wie vergessen. Allerdings nur so gut wie; als nämlich Suzy Merci mich aktivierte – ihre erste Tätigkeit an jedem Morgen –, gab ich vor zu gehorchen, denn mir erschien es aus irgendeinem unerfindlichen Grund geraten, niemanden wissen zu lassen, daß während der Nacht jemand bei mir gewesen war. Kurz und gut, ich deckte den jungen Herrn Locke. Dieses Vorspiegeln falscher Tatsachen stellte meine erste absichtliche Täuschung dar und signalisierte eine bewußte (wenn auch nicht beabsichtigte) Verlagerung meiner Sympathien auf die Seite von Gebieter Tad und seinen eigentümlichen Vorstellungen. Zwar machten wir während der nächsten Sitzungen keine Fortschritte in bezug auf mein Erinnerungsvermögen, doch in anderen Bereichen waren die Fortschritte beachtlich, denn ich gewöhnte mich an die zunehmend unverblümten Beweise seiner Zuneigung und verlangte sogar danach. Bei unserem vierten Treffen war der Chef zugunsten wichtigerer Themen in den Hintergrund gerückt. Er behauptete mich zu lieben.
    »Wie Sie wünschen.«
    Liebe, müssen Sie wissen, war ein Begriff, dessen Bedeutung sich mir entzog. Das bedeutete für meinen Verehrer ein nicht geringes Problem, denn als ein ehrenhafter junger Herr, im Gegensatz zu seinem Vater, wollte er seine Gefühle erwidert sehen, andernfalls handelte er wieder als Ausbeuter, und das verstieß gegen seine Prinzipien, oder so ähnlich drückte er sich aus. Ich glaube, er war einfach nur nervös. Wie auch immer, Skrupel (oder Nervosität) hinderten ihn nicht daran, mich leidenschaftlich zu streicheln und zu küssen, während er versuchte, mich zur bereitwilligen Hingabe zu bewegen. Nicht lange, und wir lagen in nackter Umschlingung auf dem Plüschteppich.
    Er war ungeschickt und hastig, doch trotz meiner Passivität und dem hartnäckigen Gefühl, daß ich Ähnliches schon häufiger erlebt und nicht als angenehm empfunden hatte, weckte er in mir nur die wärmsten Gefühle – vielleicht, weil ich in den vergangenen Nächten gelernt hatte, ihm zu vertrauen. Außerdem entdeckte ich völlig überraschend eine Methode, mich in einen neuen, wonnevollen Zustand zu versetzen, indem ich einfach die Augen hinter den geschlossenen Lidern verdrehte. Ich erlebte ein phantastisches, schwereloses Relaxo ohne Grenzen, das an Intensität zunahm, bis ich auf dem höchsten Punkt einen Kometen durch meinen Körper rasen fühlte, dessen Schweif meine Nervenenden in Brand setzte. Ich muß meinem Vergnügen Ausdruck verliehen haben, denn kaum war ich halbwegs wieder bei Sinnen, da hörte ich, wie mein Gebieter mich anflehte, leise zu sein, und fühlte, wie er mir die Hand auf den Mund legte. Etliche Minuten lagen

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