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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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exterminieren. Kaum war es heraus, als ihr zu Bewußtsein kam, das war eine befremdliche Einstellung für eine LRA-Einheit und, schlimmer noch, nach den Richtlinien des Kodex unbestreitbar falsch. Ein rascher Blick zu ihren Vorgesetzten, die aussahen, als hätte sie der Schlag gerührt, bestätigte ihren doppelten Fehler.
    Jug wies lächelnd darauf hin, daß ihr Mandant keine Bedenken gezeigt hätte, meine menschliche Begleiterin, Eva, gleich mit zu erschießen. Da man die AÜ unter anderem gegründet hatte, um Selbstjustiz und derartige fatale Verwechslungen zu verhindern, war der Besitzer verpflichtet – nur auf dem Mars nicht –, eine verdächtige Einheit dieser Institution zu übergeben, statt das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen. Mit dieser für die Verteidigung äußerst peinlichen Lektion ging der Verhandlungstag zu Ende. Während der folgenden Tage hakte Jug wie versprochen kurz und bündig die auch von der Verteidigung vorgeführten Passagen meiner Erinnerungen ab, bis zu meiner Zeit als First Lady auf dem Mars. Es kam ihm darauf an, dem Gericht den zweiten Vorfall zu präsentieren, bei dem der Angeklagte Gelegenheit gehabt hätte, die zuständigen Behörden zu informieren, jedoch darauf verzichtete: als er sich nämlich auf den Stufen des Verwaltungsgebäudes der Wohltätigkeitsorganisation der Partei selbst von der Identität der First Lady überzeugte. Die Bilder dieses dramatischen Zwischenfalls waren der Sache meines Gebieters alles andere als förderlich, denn nicht nur präsentierte er sich den Zuschauern als ungehobelter und rabiater Knastbruder, der aufgrund seines schmuddeligen und heruntergekommenen Äußeren kaum vom Pöbel zu unterscheiden war, sondern man hörte ihn auch laut und deutlich mit Erpressung drohen. Er forderte Geld oder Mel für sein Schweigen über die wahre Natur der First Lady.
    »Erst als der Erpressungsversuch scheiterte, publizierte er sein Wissen im Martian Inquirer.«
    Dahlia konterte, daß ihr Mandant eine Klage angestrengt hätte (erfolgreich übrigens), um wieder in den Besitz seines Eigentums zu gelangen. Worauf Jug erwiderte: »Doch was waren seine Gründe dafür? Er handelte keineswegs aus dem glühenden Verlangen heraus, seine Pflicht als Eigentümer zu erfüllen, noch aus humanistischem Eifer.« Jug sprach zu den Geschworenen. »Nein, das waren nicht seine Motive. Stanford Locke wandte sich an die LRA, um Rache zu fordern, nicht seine Einheit, und erst nachdem seine Bemühungen, aus seiner Beziehung zu der First Lady Profit zu schlagen, an der Ahnungslosigkeit des Präsidenten gescheitert waren.
    Wäre der Angeklagte zur AÜ in Newcastle oder Malibu gegangen oder hätte er sie meinetwegen auch erst nach seiner Ankunft in Frontera alarmiert, hätte er gewaltsam von der Einheit Besitz ergriffen oder sie auf der Stelle exterminiert – wie es auf dem Mars das Recht des Eigentümers ist –, dann wäre die schadhafte Einheit, früher bekannt als Lady Fracass und jetzt in ihrer Eigenschaft als Beweisstück Numero Eins hier im Gerichtssaal anwesend, entlarvt worden, und das Attentat hätte nie stattgefunden.«
    »Noch hätten die Humanisten die Wiederwahl gewonnen und wäre Horizont erobert worden«, warf Dahlia mit grimmigem Humor ein. »Sie können meinem Mandanten wenigstens etwas zugute halten.«
    »Gern«, nickte Jug. »Aber man fragt sich doch, wie groß das Talent der Einheit hinsichtlich Täuschung und Verstellung nun wirklich gewesen ist. Wenn sie darin so begabt war, wie Sie uns glauben machen wollen, verehrte Kollegin, und mit den Verschwörern in Frontera und Horizont zusammenarbeitete, dann hat sie sich nicht mit Ruhm bekleckert. Horizont wurde ausgelöscht, und an der Heimatfront besserte sich das Los ihres ›Volkes‹ keinen Deut während ihrer Amtszeit als First Lady, im Gegenteil, es verschlechterte sich erheblich. Was zu der Frage Anlaß gibt: Aus welchem Grund sollte eine dermaßen kluge Einheit, angeblich mit einer völlig autonomen, subtilen und aktiven Intelligenz ausgestattet, sich darauf eingelassen haben, ihren revolutionären Eifer und ihre Entschlossenheit den beschränkten Reformplänen eines Milton Smedly unterzuordnen? Das ergibt keinen Sinn.« Er schwenkte auf dem Absatz zu den Geschworenen herum. »Könnte es sein, verehrte Gebieterinnen und Gebieter, daß die Einheit weniger autonom war, als meine verehrte Kollegin so unermüdlich aufzuzeigen versucht?«
    Doch wenn Sie jetzt erwarten, daß Jug die Gelegenheit nutzte, um die

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