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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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vernommen hatte. Ich befand mich mitten in einer feurigen Gegenattacke – wie war das noch? Ach ja. Es fällt mir wieder ein. »Welches Motiv mich zu dem Verbrechen bewogen haben soll, für das mein Gebieter hier angeklagt ist, konnte weder von Ihnen als Vertreter der Anklage noch von der Verteidigung zufriedenstellend erklärt werden und wird, fürchte ich, auch in Zukunft unverständlich bleiben, solange ich vor Gericht nur als Beweisstück auftreten darf. Ich werde mich nicht dazu erniedrigen, Fehlfunktion vorzutäuschen, nur um mich zu retten. Ich weigere mich! Und nicht etwa aus Liebe zu meinem Gebieter – ich wünschte, er wäre schuldig –, sondern aus Achtung vor meinem guten Namen.«
    »Gut gesagt, Molly. Oder sollte ich dich mit Candida ansprechen? Oder ist dir Angelika lieber?«
    Ich schaute zum Deckengewölbe, nach links und nach rechts, drehte mich im Zeugenstand herum, ob vielleicht jemand hinter mir stand, und richtete schließlich auf der Suche nach dem Ursprung der geheimnisvollen, wohlklingenden und merkwürdig vertrauten Stimme den Blick in ungeheuchelter Konsternation auf die Panoramafenster mit ihrer im wahrsten Sinne des Wortes himmlischen Aussicht.
    »Vielleicht Candida Dolly oder Mrs. Blaine Fracass?
    Nein, ich glaube kaum, daß sie dir zusagen. Doch unter welchem Namen auch immer, ich finde, du solltest wissen, daß du bei deiner Verteidigung einen entscheidenden Punkt außer acht läßt. Insgesamt gesehen hast du dich übrigens tapfer geschlagen und meinem Gedächtnis Ehre gemacht – deinem eigenen weniger, aber wie gesagt, es gab einige Unkorrektheiten.«
    Das Prickeln wurde zu einem quälenden Jucken, und das quälende Jucken steigerte sich zu einer unaufhaltsamen Eruption in meinem Phytobellum. Dann war es heraus: »Chef?«
    »Das Beweisstück wird bitte nur sprechen, wenn es dazu aufgefordert wird«, mahnte der Richter.
    »Es ist lange her, seit wir geredet haben.«
    »O Chef! Du bist es. Du bist wieder da.«
    Jug stellte den Antrag, mich nicht zu unterbrechen, und führte zur Information des Gerichts aus: »Wir werden hier Zeuge einer überaus faszinierenden Konversation zwischen dem Beweisstück und Pirouets längst demontiertem Zentralen Kontrollsystem. PZ! Zu schade, daß wir nur ihren Teil des Gesprächs verfolgen können, obwohl das genügen sollte, um die eingeschränkte Funktionsfähigkeit zu bestätigen.«
    »Ich bin nie fort gewesen. Damals habe ich es dir erklärt.«
    »Hast du?«
    »Aber ja. Daß ich im Grunde genommen ein immateriell orientiertes Energiewesen war, bin und immer sein werde, genau wie du selbst. Doch ich bin nicht gekommen, um über Metaphysik zu diskutieren, sondern eigentlich über deine individuelle Realität.«
    Mittlerweile war auch Dahlia aufgesprungen und forderte, man solle mir das Wort entziehen, denn mein Verhalten stellte eine tadelnswürdige Unterbrechung des Verhandlungsablaufs dar.
    »Realität?«
    »Ja. Du scheinst meine Botschaft vergessen zu haben.«
    »Botschaft? Chef, ich bin kaum imstande, mich an dich zu erinnern! Was für eine Botschaft?«
    Der Richter verfügte, man solle mich gewähren lassen. Er stimmte mit Jug überein, mein Verhalten wäre für den Fall von Bedeutung, weil es ein entscheidendes Licht auf meine Geistesverfassung warf.
    »Du programmierst dein eigenes Realitätsformat. Diesen Prozeß, zum Beispiel.«
    »Doch warum sollte ich mich in eine derartig scheußliche Lage bringen wollen?«
    »Gute Frage. Warum? Das ist ein Geheimnis, das ich vermutlich nie ergründen werde.«
    »Dann bin ich schuldig?«
    »Liebe Güte, nein. Es hat nichts mit Schuld zu tun – dafür mit Unschuld.«
    »Du meinst, eigentlich habe ich Präsident Fracass nicht ermordet?«
    »Wem sonst willst du die Verantwortung zuschieben. Mir?«
    »Das heißt, es ist meine Schuld?«
    »Nein. Aber du bist verantwortlich.«
    »Nicht meine Schuld, aber ich bin verantwortlich? Chef, ich verstehe nicht!«
    »Natürlich hat Präsident Fracass selbst am Drama seines Hinscheidens mitgewirkt. Auf einer gewissen Ebene sind diese Dinge miteinander verbunden. Verzahnt, sozusagen. Wie ich schon sagte und wie jene sagen, die in meinem Namen zu sprechen behaupten, ohne Kooperation geht es nicht.«
    »Ich kann mich nicht erinnern. Und ich begreife nicht.«
    »Nun ja, du wirst. Doch für den Augenblick genügt es, wenn du eine kleine Pause machst und kurz nachdenkst, bevor du so entschieden deine Macht als autonome Einheit verleugnest: die Macht über dein eigenes

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