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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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die Kleinen immer die Dummen sind, darum. Was in Dreiteufelsnamen soll ich tun?« Hilfreich wie immer, informierte ihn der Diagnostiker, daß in meinem Fall – vorausgesetzt, die Schwangerschaftsdauer stimmte – die Empfängnis unter meinem ursprünglichen Besitzer stattgefunden haben mußte. »Richtig! Dieser Hurensohn Locke. Bumst seine Einheit an, und ich soll dafür herhalten. Oh, den lasse ich bluten. Und wie!« Voll böser Vorfreude brüllte er seine Sekretärin (ein P8) im Vorzimmer an, die Nummer von diesem lausigen ›Droidenficker‹ herauszusuchen, dann kam ihm meine Gegenwart wieder zu Bewußtsein, und er fauchte: »Ich will diese Kryptogame nicht mehr hier sehen!«
    Irgend jemand (oder irgendeine Einheit) muß sich von hinten genähert und mich betäubt haben, weil ich mich an den Zeitraum zwischen dem Verlassen des Büros und dem ruckartigen Erwachen auf einer Matratze in Hals baufälligem Versandschuppen nicht erinnern kann. Voller Entsetzen stellte ich fest, daß mein Oberkörper von Fesseln über der Brust und um die Arme niedergehalten wurde, meine Beine hingen weit gespreizt über Stützbügeln aus Metall. Ich drehte den Kopf und sah, daß ich von anderen weiblichen Einheiten in ähnlicher Lage flankiert wurde. Meine Nachbarin zur Rechten beobachtete mich mit all dem stummen und unaussprechlichen Grauen einer Verurteilten, die weiß, daß sie als nächste zum Galgen geführt wird. Weißgekleidete Gestalten beugten sich über mich, dehnten zwischen den Wehen meinen Gebärmutterhals mit einem elektronischen Dilatator und hantierten mit anderen ungehörigen Geräten wie Zangen, Pinzetten und Saugglocke, um irgendein Gewächs (so fühlte es sich für mich an) zu entfernen, das im Geburtskanal steckte. Mein Bauch wurde massiert und gedrückt, dann wieder traktierten die weißen Gestalten das Ding in mir mit einer Zange. »Laßt mich! Laßt mich!« rief ich in meiner Benommenheit und schwor hoch und heilig, nie wieder von ihren Speisen zu naschen. Jemand rief nach Betäubungsmitteln, doch bis sie wirkten, erlebte ich eine Reihe von Wehen, die durch meine P9-Schmerzschwellenregulatoren schnitten wie ein Laser durch Butter. Ich war nur noch des einzigen Gedankens mächtig, wenn es Erfahrungen wie dieser bedurfte, um dem Menschsein näherzukommen, dann wollte ich mich gerne mit einem Dasein als Android bescheiden. In meiner Qual schrie ich zu Gott und dem Chef, doch die einzige Antwort war die gereizte Aufforderung eines meiner Peiniger, den Mund zu halten, gefolgt von einer mir damals rätselhaften Bemerkung, deren Sinn mir heute nur allzu klar ist und mein Feingefühl immer noch zutiefst beleidigt. »Die hier macht mehr Arbeit als eine Stute mit Fünflingen.«
    Mein Geburtshelfer war ein Tierarzt.
    Ich kam in einem transparenten Lagercontainer wieder zu mir, ähnlich den Therapiekokons im Rehabilitationszentrum. Er war einer von Dutzenden, die man in Reihen fünf hoch und zwei breit in der Lagerhalle aufgestapelt hatte; mein Container war der zweite von unten, in der dritten Reihe. Zuerst glaubte ich, es seien Monate vergangen, weil mein enormer Bauch zu schlaffen, unansehnlichen Fettwülsten geschrumpft war, doch schon nach der ersten Bewegung berichtigte ich diese Schätzung auf nicht mehr als ein paar Tage oder eine Woche, denn mein Unterleib fühlte sich immer noch sehr wund an. Offenbar hatte man das unheilige Ding tatsächlich entfernt. Ich fragte mich, was damit geschehen war. Als ich meine Umgebung etwas näher in Augenschein nahm, entdeckte ich einen Menschenjüngling, der neben meinem Behälter kauerte und sich die Nase an der Wandung plattdrückte. Er klopfte mit den Fingerknöcheln gegen das Glas. »Es ist ein Junge, Molly. Ein Junge! Zwölf Pfund und einhundertzweiundfünfzig Gramm. Und er wächst stündlich. Hast du ihn gesehen?« Nicht nur hatte ich das Kind nicht gesehen, ich vermochte auch den stolzen Vater nicht einzuordnen. »Würde es dich sehr stören, wenn wir ihn Thaddäus nennen? Junior?« Jetzt erinnerte ich mich. Er nahm mein Lächeln des Wiedererkennens als Zustimmung für den Namensvorschlag und erklärte mir dann mit gedämpfter Stimme, daß er sich als angeblicher Kunde in die Säuglingsstation geschlichen hatte, um unser Kind zu sehen, und dann in die Lagerhalle, um mich zu besuchen, und daß er es nicht wagen könne, länger als ein, zwei Minuten zu bleiben.
    In aller Eile berichtete er, daß Hal seinen Vater für den Übeltäter hielt und ihn mit der Drohung, die Familie

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