Mein Leben als Androidin
ausgetauscht. Und doch fuhr ich fort in meinem närrischen Tun, obwohl ich wußte, daß ich mich regelrecht nach Shanghai zurückfraß.
Es kam der Tag, da kehrte ich nach dem Unterricht in meine Zelle zurück und sah mich Schwester Anna gegenüber, der Krankenpflegerin und der Mutter Oberin, die mir befahl, mein Ordensgewand abzulegen und mich untersuchen zu lassen. In gewisser Weise war ich froh, denn nun hatten die Gewissensqualen ein Ende. Meine Seele – dank der Programmierung glaubte ich, eine zu besitzen – war zum Schauplatz nicht endenwollender Kämpfe geworden. Deshalb, als ich das Gewand abgelegt hatte und sah, wie betroffen und entsetzt sie waren, wollte ich mich im ersten Überschwang ihnen zu Füßen werfen, meine Verfressenheit eingestehen und um Gnade bitten. Doch im letzten Augenblick hielt mich der schockierte Ausruf der Schwester zurück, der gleichzeitig eine Diagnose darstellte:
»Gütiger Gott, sie ist schwanger!«
Ich hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Kapitel vier
»Muß eine unbefleckte Empfängnis gewesen sein«, bemerkte Hal, als er mit meinem Bauch konfrontiert wurde. Die Schwester Oberin zeigte sich nicht belustigt, ebensowenig die Krankenpflegerin oder Schwester Anna, die ihrer Klostervorsteherin in Hals Büro gefolgt waren, letztere ein wenig reuevoll, denn ihr Kommen war als eine Art Strafe befohlen worden – immerhin hatte sie mich ausgesucht und die Oberin zum Kauf bewogen. Wäre der Händler ganz aufrichtig zu ihnen gewesen, hätte er gestanden, daß man jetzt zum zweiten Mal in zwei Monaten kurz nach dem Kauf die Rücknahme der Ware und eine Kaufpreiserstattung von ihm verlangte, also auch ihm nicht nach Lachen zumute war. Diesmal allerdings waren die Umstände dermaßen grotesk, daß er es sich schuldig zu sein glaubte, einen guten Kampf zu liefern – d.h. nach einem Schlupfloch zu suchen –, und er eröffnete die Schlacht mit der Behauptung, die Diagnose der Schwestern sei falsch. Zu ihrer Belehrung hielt er einen Vortrag über die Grundlagen der Androidenwissenschaft: »Die Exemplare der P9 Serie sind sexuell authentisch, aber unfruchtbar. Das ist ein wesentlicher Punkt der Verkaufsstrategie. Sie sind ein Industrieprodukt, das in Myzeliumkulturen herangezogen wird. Ein elektronisch modifizierter Pilz, meine Damen. Ein Pilz! Habe ich recht?« Er wandte sich an seinen Diagnostiker, einen P9, der prompt erwiderte: »Absolut.«
»Sehr schön. Also, diese Einheit hier hat beträchtlich an Gewicht zugelegt, was ungewöhnlich ist, aber vermeidbar gewesen wäre, hätten Sie das Benutzerhandbuch gelesen. Darin wird für die Ernährung ausdrücklich Alpha12-Nutralösung empfohlen und vor der Verabreichung von für den menschlichen Verzehr bestimmten Lebensmitteln gewarnt. Androiden haben Schwierigkeiten mit der Assimilierung. Das sind die allereinfachsten Gebrauchsvorschriften, meine Damen, und wenn Sie die nicht befolgen, ist das Ihre Sache.«
Der Gegenbeweis erfolgte umgehend und war unwiderlegbar. Auf ein Nicken der Schwester Oberin hob die andere Nonne das hemdähnliche Gewand, in das sie mich gesteckt hatten, nachdem mein Habit konfisziert worden war, und drückte mir ein tragbares elektronisches Stethoskop gegen den Bauch. Dröhnender Herzschlag erfüllte den Raum. Hal richtete einen bedeutungsvollen Blick auf seinen Diagnostiker, der sich für eine simple Operation aussprach, die alle Beteiligten zufriedenstellen würde, aber die Schwester Oberin rief, an den Händler gewandt: »Sir, wagt Ihr Lakai es etwa, uns eine Abtreibung vorzuschlagen?«
»Nun, was immer sie im Bauch hat, es ist nicht menschlich, oder?«
»Nein. Es ist ein unheilig Ding.«
»Aber dennoch ein Leben«, warf Schwester Anna demütig ein, sehr zum Unwillen der Äbtissin.
»Tatsächlich?«
Beide Nonnen zögerten, daher ergriff die dritte Schwester das Wort und verkündete, eine Diskussion über diesen Punkt sei überflüssig, denn die Einheit stünde kurz vor der Niederkunft. »Unsinn«, erwiderte Hal, der ein boshaftes, wenn nicht gar perverses Vergnügen daran fand, auf einem Schwangerschaftsabbruch zu bestehen, den er als kostenlose Serviceleistung anbot, wenn sie auf die Kaufpreiserstattung verzichteten. »Wir sind nicht geneigt, unsere Investition zu gefährden, indem wir Reparaturmaßnahmen genehmigen, die unser Eigentum dauerhaft schädigen oder sogar zerstören könnten«, erklärte die Oberin. Sie hatte sich über den moralischen Aspekt erhoben und dem Kern der
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