Mein Leben als Stuntboy
er.
Dann stellt er Mom Collette vor, die heute rote Knöchelturnschuhe, Strumpfhosen und ein Sweatshirt mit Kapuze trägt. Mehrere Assistentinnen kreisen mit Handys und Kaffee um sie herum, während sie meiner Mutter erzählt, wie professionell ich arbeite und was für ein cleveres Bürschchen ich bin. Mom nickt höflich und denkt dabei vermutlich daran, wie ich beinahe unseren Affen umgebracht habe.
Als Collette »Action!« ruft, mache ich den gleichen Fehler wie beim ersten Probedurchlauf und lande in der Badewanne. Tony und die Regisseurin kommen angerannt, um nachzuschauen, ob es mir gut geht, aber das Einzige, was bei mir angeknackst ist, ist mein Stolz. Ich kriege nur einen kurzen Anflug von Panik, als eine Assistentindie Kreideaufschrift auf der Klappe in 43/2 ändert, aber als ich das Kommando ein zweites Mal höre, rase ich wie ein Profi über den Schrottplatz.
Die Regisseurin lässt die Szene noch ein paarmal aus verschiedenen Blickwinkeln filmen und ich zieh das Ding jedes Mal super durch. Am Ende bedankt sie sich überschwänglich bei mir und gibt der Crew die Anweisung, den Set für die nächste Szene vorzubereiten.
überschwänglich
»Wer hätte gedacht, dass diese ganzen Tage, an denen du vom Garagendach gesprungen bist oder von der Seilrutsche nicht mehr wegzukriegen warst, dir irgendwann deinen ersten Job einbringen würden?« Mom zieht mich an sich, um mich zu umarmen, überlegt es sich aber anders, als sie sieht, wie viele Leute uns anschauen. Anscheinend schnallt selbst meine Mutter so langsam endlich mal, dassich für öffentliche Zuneigungsbekundungen schon zu alt bin.
Tony winkt uns zu sich heran. »Tanya spielt in der nächsten Szene mit. Willst du zugucken?«
Ich schaue Mom fragend an, und sie sagt, wir könnten so lange bleiben, wie ich will. Also folgen wir Tony zu dem Teil des Sets, wo ein Garten aufgebaut ist. Tanya sitzt mit der Frau, die ihre Mutter spielt, unter einem Baum. Wir drei stellen uns hinter die Regisseurin, wo Tanya uns nicht sehen kann.
»Bist du bereit?«, fragt Collette.
Tanya nickt.
»Action!«, schreit Collette.
»Chris«, sagt Tanyas Filmmutter. »Hör endlich auf mit dem Gerede über Aliens. Ich mach mir langsam echt Sorgen um dich.«
»Aber ich hab’s dir doch gesagt!«, erwidert Tanya. »Die sind nebendran eingezogen!«
»Schnitt!«, ruft Collette und geht zu Tanya. Ich kann trotzdem hören, wie sie mit ihr spricht.
»Der Text lautet: ›Die sind neben an eingezogen.‹ Wollen wir’s gleich noch mal machen?«
Tanya nickt. Als Collette wieder auf ihrem Platz sitzt, lächelt die Filmmutter Tanya aufmunternd zu und zwinkert, aber Tanya runzelt nur die Stirn.
Stirnrunzeln
31/2 steht auf der Klappe. Tanya legt los – und vergeigt die Szene wieder. Und dann noch mal. Und noch mal.
Collette ruft eine fünfminütige Pause aus und geht dann zu Tanya.
»Was ist denn los?«, fragt sie leise. »Brauchst du irgendwas?«
Mom stupst mich an, es wird Zeit zu gehen, aber ich bin wie gebannt.
gebannt
»Nicht so einfach, sich so viel Text zu merken«, sagt Tanya. »Ich hab das Drehbuch bestimmt tausend Mal gelesen, aber ich kann mir einfach nicht jedes Wort einprägen.«
Die Regisseurin reicht Tanya eine Hand und hilft ihr auf die Beine. Die Filmmutter steht auch auf. »Am besten setzen wir uns alle mal in deinen Trailer und gehen die Szene zusammen durch«, schlägt Collette vor.
Tanya nickt. Gemeinsam gehen sie zu einem Wagen am Rand des Sets.
»Siehst du?«, raunt Mom mir zu, als wir zum Auto gehen. »Du bist nicht der Einzige, der mit Wörtern manchmal so seine Probleme hat.«
Dafür brauche ich jetzt keine Übersetzung. Der große Teenie-Star Tanya Billings und ich haben etwas gemeinsam!
Merkwürdig …
Anscheinend weiß Ms McCoddle noch nicht, dass Matt und ich keine Freunde mehr sind, sonst hätte sie uns wohl nicht zu Partnern beim Geschichtsprojekt in unserer Klasse ernannt. Als sie uns aufruft, rechne ich damit, dass Matt mit den Zähnen knirscht, aber er starrt einfach nur stumm vor sich hin.
mit den Zähnen knirschen
Ms McCoddle teilt ein Arbeitsblatt aus und sagt, das müssten wir bis zum Ende der Stunde durcharbeiten. Ich tue so, als würde ich meinen Füller suchen, aber in Wirklichkeit will ich nur den Zeitpunkt hinauszögern, wo ich mit Matt reden muss.
»Ich hab den Film von YouTube runtergenommen«, sagt er. »Du hast recht – das war fies von mir.«
Ich bin halb geneigt, seine Entschuldigung anzunehmen, aber die andere
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