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Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story

Titel: Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Omar Nasiri
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hatten. Anfangs erfuhr ich jedoch nicht viel über sie, denn sie konnten einander nicht ausstehen und stritten sich ständig, und zwar nicht in der Art, in der sich Brüder normalerweise zankten. Dies waren richtige Kämpfe.
    Eines Tages saß eine Gruppe von uns auf dem Hügel in der Nähe des Lagers. Hamza und Osama übten unter Anleitung eines Ausbilders auf dem Schießstand. Hamza schoss mit einer Kalaschnikow, und Osama versuchte sich an einem PK-Maschinengewehr. Beide benahmen sich unmöglich, sie hatten nicht die geringste Ahnung, wie man mit Schusswaffen umgehen musste. Sie hatten offensichtlich alles wieder vergessen, was sie in der theoretischen Ausbildung gelernt hatten.
    Wie üblich waren sie mehr mit ihren Streitereien als mit dem Inhalt der Ausbildung beschäftigt. Nach ein paar Minuten stellten sie das Feuer auf die Ziele ein und legten sich miteinander an. Wir hörten das Geschrei, obwohl wir weit entfernt waren. Plötzlich hob Osama sein PK-MG und nahm seinen Bruder damit aufs Korn. Hamza tat sofort dasselbe mit seiner Kalaschnikow. Wir waren alle entsetzt. Niemals richteten wir auf diese Art unsere Waffen aufeinander. Die Jungen schrien einander weiter an und wurden dabei noch lauter. Beide hatten den Finger am Abzug.
    Ich glaube, jeder Bruder auf dem Hügel, der die Szene beobachtete, rechnete in diesem Augenblick damit, dass die beiden sich gegenseitig umbringen würden. Und das hätten sie vielleicht auch getan, wenn der Ausbilder nicht dazwischengegangen wäre und sie getrennt hätte. Als alles vorbei war, schauten wir einander betreten an. So etwas hatten wir in diesem Lager noch nie erlebt. Die Jungen hatten gegen sämtliche Regeln verstoßen, die man uns ab dem ersten Tag unserer Ausbildung eingetrichtert hatte. Wenig später lachten wir bereits über den Vorfall, obwohl es da überhaupt nichts zu lachen gab. Er machte uns nervös.
     
    Eines Tages kam der Vater der Jungen nach Khaldan. Er blieb nur ein paar Stunden lang. Er kam mit ein paar anderen Männern in einem Allrad-Geländewagen, aber Ibn Sheikh dirigierte die ganze Gruppe ins Sprengstofflabor, bevor ich mir diese Leute genauer ansehen konnte.
    Niemals redete irgendjemand im Lager über das Sprengstofflabor. Es war hinter der Moschee untergebracht, in der Nähe des Eingangs zu den Munitionshöhlen. Das Betreten dieses Gebäudes war uns strengstens untersagt – eigentlich sollten wir es nicht einmal anschauen. Aber es hatte Glasfenster, und die gesamte Innenausstattung war leicht zu erkennen: Becher- und Reagenzgläser und all die anderen Dinge, die man auch in einem Schul-Chemiesaal erwarten würde.
    Die einzige andere Person, die ich jemals dieses Gebäude betreten sah, war Assad Allah, der rothaarige algerische Ausbilder, der sich zwei Wochen lang in Khaldan aufhielt. Ihn sah ich in Ibn Sheiks Begleitung mehrmals in dieses Labor gehen. Ansonsten taten wir einfach so, als existierte diese Einrichtung nicht.
     
    Die Jungen verletzten sich immer wieder und erschienen viele Male in der Krankenstation. Die beiden waren sehr verschieden. Osama konnte man fast als hyperaktiv bezeichnen – er hüpfte ständig in der Gegend herum und plapperte ohne Unterlass. Sein Bruder war viel ruhiger und vorsichtiger.
    Schon nach kurzer Zeit fing Osama an, mir von seiner Familie zu erzählen. Ich erfuhr, dass der Vater der Jungen Ägypter und Naturwissenschaftler war. Die Brüder hatten den größten Teil ihrer Kindheit in Kanada verbracht, lebten aber jetzt in Peschawar. Während der brutalen Schlacht, die Anfang 1991 um die Stadt Khost tobte und letztlich zum Sturz Nadschibullahs führte, hielten sie sich mit ihrem Vater an jenem Ort auf.
    Osama redete unentwegt über seinen Vater. Er sei ein sehr bedeutender Mann, erzählte er mir, und kenne eine Menge Leute. „Mein Vater ist einer von Zubaydas besten Freunden“, sagte er zu mir.
    „Wer ist Zubayda?“, fragte ich, denn ich hatte den Namen noch nie zuvor gehört.
    Osama war erstaunt: „Bist du ihm in Peschawar nicht begegnet?“
    „Ich weiß nicht“, gab ich zurück. „Wie sieht er denn aus?“
    Osama beschrieb ihn, und mir ging auf, wen er meinte: den Mann, bei dem ich meinen letzten Abend in Pakistan verbracht hatte, in jenem seltsamen, dunklen Haus in Peschawar. Es war der Mann, der mir den alten salwar kameez beschafft und mich dem Führer übergeben hatte, der mich dann nach Afghanistan brachte.
    „Zubayda ist sehr wichtig“, plapperte der Junge weiter. „Er bringt alle Araber in die

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