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Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story

Titel: Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Omar Nasiri
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vorfinden würden. Wir würden uns mit dem begnügen müssen, was wir selbst beschaffen konnten.
    Wir stellten alle möglichen Substanzen her: Schwarzpulver, RDX, Tetryl, TNT, Dynamit, C2, C3, C4, Semtex, Nitroglyzerin und anderes mehr. Wir lernten, jeden dieser Sprengstoffe aus Komponenten herzustellen, die man in Läden kaufen oder in Schullaboratorien entwenden konnte. Maissirup, Haarfärbemittel, Zitronen, Bleistifte, Zucker, Kaffee, Epsom-Salz, Mottenkugeln, Batterien, Streichhölzer, Wandfarbe, Putz- und Bleichmittel, Bremsflüssigkeit, Dünger, Sand – all diese leicht zu besorgenden Dinge enthalten Komponenten verschiedener Sprengstoffe. Wir lernten, wie man jedes einzelne dieser Produkte in seine Bestandteile zerlegte und die passenden Substanzen dann zu starken Sprengstoffen zusammenfügte. Ich lernte sogar, wie man mit Hilfe des eigenen Urins eine Bombe herstellt.
    Wir testeten unsere Arbeitsergebnisse im Freien, in der Nähe einiger Ruinen am Rand des Lagers. Wir benutzten fast immer nur sehr geringe Mengen, hielten aber stets die Detonationsgeschwindigkeit fest, um einen Anhaltspunkt für die Wirkung sehr viel größerer Mengen zu haben. Immer sprachen wir darüber, wie und wo verschiedene Arten von Sprengstoffen einzusetzen waren. Wir lernten, welche Materialien wir zur Sprengung eines Zuges verwenden sollten, wie viel Sprengstoff wir dazu brauchten und wo an der Gleisanlage wir die Ladung anbringen mussten, um die größtmögliche Wirkung zu erzielen. Wir lernten, wie man Autos und Gebäude in die Luft sprengte.
    Wir sprachen auch viel über Flugzeuge, die wegen der Sicherheitsmaßnahmen auf den Flughäfen am schwierigsten zu sprengen waren. Semtex war die einfachste Lösung, denn es war nahezu unmöglich, diese Substanz zu entdecken, doch es gab auch noch andere, flüssige Sprengstoffe, die für diesen Zweck gut geeignet waren.
     
    Wir hielten alles, was wir lernten, in den kleinen Notizbüchern fest, die man uns im Lager gab. Letztlich wurde jedoch von uns erwartet, dass wir die Lerninhalte auswendig beherrschten. Wenn die Zeit für den Einsatz der Sprengstoffe gekommen war, würden wir kein Lehrbuch mehr zur Hand haben. Wir mussten instinktiv wissen, was zu tun war. Deshalb gingen wir die Formeln immer wieder durch, bis wir sie schließlich im Schlaf aufsagen konnten. Und Assad Allah gab uns jeden Sonntag eine Prüfungsaufgabe, um sicherzugehen, dass wir den Stoff beherrschten.
    In Assad Allahs Unterricht wurde nicht gescherzt. Er lächelte niemals, und er verlangte unsere uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Ich wusste, dass ich nicht den Klassenclown spielen konnte, wenn ich vor diesem Lehrer bestehen wollte. Die größte Unartigkeit, die ich mir in dieser Gruppe leistete, waren die Zettel, die ich Abdul Kerim zuschob. Er kritzelte dann im Gegenzug Bildchen an den Rand meines Notizbuchs und versah sie mit lustigen kleinen Bildunterschriften.
    Eines Tages arbeiteten wir im Labor, und einer der Kirgisen schüttete ein Glas Wasser über seinem Freund aus. Spaßeshalber tat er so, als handle es sich um Schwefelsäure. Assad Allah bekam alles mit und warf den Kirgisen sofort aus dem Labor. Innerhalb einer Stunde war der Mann auf dem Weg zurück nach Pakistan. Assad Allah hatte natürlich Recht. Sprengstoffe sind äußerst gefährlich, und jeder von uns hätte durch einen kleinen Fehler die gesamte Gruppe umbringen können.
    Assad Allah erzählte uns eines Tages eine Episode, die sich während seiner Ausbildung zum Sprengstoffexperten ereignet hatte. Seine Gruppe lernte, wie man Nitroglyzerin herstellte, und einer der Brüder passte nicht richtig auf. Er erhitzte die Materialien stärker als vorgeschrieben war. Zum Glück schaute ihm der Ausbilder gerade noch rechtzeitig über die Schulter und las am Thermometer ab, dass das Material kurz vor der Explosion stand. Zu diesem Zeitpunkt hielten sich sieben weitere Personen im Labor auf, und sie alle hätten ums Leben kommen können. „Das Zeug geht hoch!“, schrie er den Bruder an.
    Direkt neben dem Schüler war ein Ausguss voller Eis, und er hätte das Material zur Kühlung dort hineinschütten sollen. Stattdessen rannte er mit der flüssigen Zeitbombe zur Tür hinaus. Er schaffte es gerade noch ins Freie, dann explodierte die Mixtur. Die Explosion riss ihm beide Arme ab und zerstörte ein Auge.
    „Hat der Bruder überlebt?“, fragte ich.
    „Ja“, antwortete Assad Allah. „Er lebt jetzt in London und predigt dort in den Moscheen. Sein Name ist Abu

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