Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
erreichten wir einige Baracken und stiegen aus. Ich zitterte vor Kälte. Abu Dschihad führte uns zu einem dieser Gebäude, wo wir von mehreren arabischen Mudschahidin begrüßt wurden. In einer kleinen Moschee in unmittelbarer Nachbarschaft sprachen wir gemeinsam unsere salat, dann blieben wir auch zum Abendessen zusammen und unterhielten uns, während in der Ferne das Rauschen des Staudamms zu hören war.
Am nächsten Tag fuhren wir mit einigen Männern aus dem Lager Sarobi bergauf, in Richtung der Lataband-Hochebene. Die stark verminte Straße konnten wir dabei nicht benutzen und hielten uns deshalb an ein ausgetrocknetes Flussbett.
Als der Aufstieg zum Lataband-Plateau begann, sah ich vor uns einen großen Lastwagen. Wir kamen näher, und ich bemerkte, dass drei bewaffnete Wachen das Fahrzeug umstanden. Abu Dschihad hielt an, ich warf einen Blick in den Laster und sah, dass er mit Minen und allen möglichen anderen Waffen bepackt war.
Ein Mann hatte sich am Straßenrand niedergelassen. Als er Abu Dschihad entdeckte, erhob er sich und winkte. Dort, wo seine rechte Hand hätte sein sollen, trug er eine metallene Klaue. Er unterhielt sich einige Minuten lang freundschaftlich mit Abu Dschihad, dann fuhren wir weiter. Abu Dschihad erklärte uns, dieser Mann sei ein berühmter Minenexperte, der Geld verdiene, indem er den Sprengstoff aus den Minen heraushole und an die Mudschahidin zurückverkaufe.
Nach etwa fünf Stunden erreichten wir die Absturzstelle der Panzer. Wir konnten sie von der Straße aus sehen. Sie waren etwa zwanzig Meter tief in die Schlucht gestürzt und lagen direkt unterhalb der Straße. Es waren fabrikneue T-55-Panzer.
Wir stiegen alle aus, und die anderen kauerten sich am Straßenrand nieder, um einen Blick in die Schlucht zu werfen. Ich musste mich unbedingt erleichtern und rannte den Hügel hinauf, wo ich mich hinter ein paar Felsen hockte. Als ich fertig war, stand ich auf und sah einen winkenden und rufenden Abu Dschihad. „Was machst du da oben, Abu Imam?“, schrie er. „Warum bist du von der Gruppe weggegangen?“
„Das musste sein! Es war dringend!“
„Abu Imam, dieser ganze Hügel ist vermint! Massoud hat diese Gegend erst vor kurzem geräumt!“
Plötzlich begriff ich, was er meinte. Die zurückweichende Armee verminte beim Rückzug die Straße, um ihre Flanken zu sichern. Mir blieb jedoch kaum eine andere Wahl. Ich ging einfach den Hügel wieder hinunter und vertraute auf mein Glück.
Der Abhang, der in die Schlucht hinunterführte, war sehr steil, und das machte die Bergung der Ausrüstungsgegenstände aus den Panzern zu einer höchst gefährlichen Angelegenheit. Wir waren zu acht, aber zwei der Brüder blieben beim Fahrzeug, während wir anderen uns an einem dicken Seil zu den Panzern hinabließen. Abu Dschihad und Abu Mousa holten sich die Elektronikteile, auf die sie es abgesehen hatten, und ich warf solange einen Blick in beide Panzer. Ich sah, dass sie mit frischem Blut bedeckt waren. Es war noch nicht ganz getrocknet.
Auf dem Rückweg nach Sarobi hielten wir an jenem Abend bei einem Hizb-i-Islami -Wachtposten auf einem Hochplateau.
„Lasst uns aussteigen“, sagte Abu Dschihad. „Von hier aus kann man Kabul sehen.“
Wir stiegen aus, und Abdul Kerim und ich standen an der Felskante, während die anderen sich mit den an diesem Ort stationierten Afghanen unterhielten. Unmittelbar vor uns waren Berge, dann folgte eine weite Ebene. In einiger Entfernung waren die hellen Mündungsblitze des Artilleriefeuers zu sehen. Das Krachen der Abschüsse war einige Sekunden lang unterwegs, bis es uns erreichte.
Es war das erste Mal, dass ich Kampfhandlungen zu sehen bekam. Abdul Kerim und ich blieben einige Minuten lang dort stehen, bis Abu Dschihad nach uns rief. Gemeinsam mit den Afghanen verrichteten wir unsere salat, dann brachen wir in Richtung Lager auf.
AFGHANI, AFGHANI
Wir blieben etwa zwei Wochen lang in Sarobi. Hekmatyar bekamen wir zwar nicht zu sehen, aber wir hatten einigen Spaß zusammen mit den arabischen Mudschahidin. Sie unterwiesen Abdul Kerim und mich an Waffen, die wir noch nie zuvor in der Hand gehabt hatten. Das war eine ganz neue Art von Artillerie. Ich lernte zum Beispiel mit dem Frog-7 umzugehen, einem riesigen Raketenwerfer. Die Raketen waren gewaltig, sie wogen über 500 Kilogramm.
In Sarobi beschäftigte ich mich auch mit politischen Fragen des Bürgerkriegs. Ich erfuhr, wie tief verwurzelt der Hass der Hizb-i-Islami -Kämpfer auf
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