Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
wo ich in erster Linie dafür bekannt gewesen war, dass ich mir mehr Strafen einhandelte als alle anderen. Aber der Mann mit der Prothese fuhr fort: „Brüder wie du sind bei al-Gama’a stets willkommen.“
Ich wusste um die Existenz von al-Gama’a. Das war eine militante Gruppe in Ägypten, die in den siebziger Jahren mit der Muslimbruderschaft gebrochen hatte, als diese der Gewalt abschwor. Ich wusste vom Radiohören in Khaldan, dass al-Gama’a im Frühsommer die Verantwortung für einen fehlgeschlagenen Mordanschlag auf den ägyptischen Staatspräsidenten Hosni Mubarak übernommen hatte.
Der ältere Mann flüsterte Assad Allah etwas zu, worauf dieser leicht die Stirn runzelte. Dann führte mich der Mann mit der Prothese zu den Ruinen, wo wir die Sprengstoffe testeten. Der ältere Mann und zwei seiner Leibwächter kamen mit. Einer der Wächter blieb mit den Kindern in der Nähe des Wagens, und ich sah Assad Allah alleine zum Labor zurückgehen.
Als wir bei den Ruinen ankamen, öffnete der Mann mit der Prothese seinen Rucksack und entnahm ihm eine kleine Metallschachtel. Diese enthielt mehrere noch kleinere Behälter, und keiner davon war größer als eine Streichholzschachtel. Dann beugte er sich nach vorn, um eines der kleinen Behältnisse unmittelbar neben Mauerresten abzulegen.
„Was ist das?“, fragte ich.
„Das ist ANFO“, lautete die Antwort. „Wir prüfen es.“
Ich war beeindruckt. Wir übten stets mit kleinen Einheiten und berechneten auf dieser Grundlage die Sprengwirkung von größeren Mengen einzelner Substanzen. Noch niemals hatte ich jemanden eine so kleine Sprengstoffmenge testen sehen.
Er beorderte uns mit Gesten zurück, und der ältere Mann und ich setzten uns auf einen Felsen. Die Leibwächter hielten sich hinter uns. Dann löste der Mann mit der Prothese eine kleine Explosion aus und beugte sich vor, um das Ergebnis zu begutachten.
Derweil richtete der ältere Mann das Wort an mich. „Abu Imam, wo möchtest du deinen Dschihad führen?“
Er schaute beim Sprechen unbeirrt geradeaus. Sein Blick konzentrierte sich auf den anderen Mann, der eine weitere Explosion auslöste.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, also sagte ich ihm die Wahrheit. „Ich möchte nach Tschetschenien gehen.“
Der Mann nickte stumm und starrte weiter geradeaus. Wenig später kam der Prothesenträger zu uns zurück und sagte, er sei mit seiner Arbeit fertig. Der ältere Mann erhob sich, und ich tat es ihm gleich.
Wir gingen gemeinsam zum Geländewagen zurück, und der ältere Mann wandte sich mir zu. Er lächelte. „Ich hoffe, du wirst uns besuchen kommen, wenn du deine Ausbildung beendet hast.“Dann stieg er mit den anderen wieder ins Auto und fuhr davon.
Einige Tage darauf verließen wir am Spätnachmittag den Unterrichtsraum und sahen Abu Dschihad und Abu Mousa auf uns zurennen. Sie hielten an der Moschee und feuerten mit ihren Kalaschnikows in die Luft.
„Takbir!“, schrien sie beide. „Allahu Akbar!“
Als dieser Gefühlsausbruch abgeklungen war, wandte sich ein grinsender Abu Dschihad an uns.
„Sie haben es geschafft!“, rief er. „Sie haben die ägyptische Botschaft in die Luft gejagt!“Dann rannte er in sein Quartier zurück, um die Neuigkeit an die anderen Lager zu funken.
Innerhalb weniger Minuten waren in allen anderen Lagern Explosionen zu hören. Schilkas, BMP-Panzer, Flakgeschütze, alles ballerte zur gleichen Zeit los. Hunderte von blauen und grünen Geschossgarben flogen in den dunkler werdenden Abendhimmel. Einen Augenblick lang stellte ich mir vor, dass es wohl so aussehen würde, sollte Derunta jemals von Flugzeugen angegriffen werden.
„Takbir! Allahu Akbar!“ Die Rufe hallten von allen Seiten wider.
An jenem Abend und an den folgenden Tagen erfuhr ich mehr über das aktuelle Geschehen. Selbstmordattentäter hatten die ägyptische Botschaft in Islamabad in die Luft gesprengt. Sie waren mit Autobomben in das Gebäude gerast. Der erste Sprengsatz hatte für allgemeine Aufmerksamkeit gesorgt. Die Menschen aus allen Gebäuden in der Nachbarschaft waren ins Freie geeilt, um nachzusehen, was passiert war. Dann explodierte die zweite Bombe mit einem gewaltigen Knall und streute Splitter in alle Richtungen.
Die Explosion brachte eine Seite des Botschaftsgebäudes vollständig zum Einsturz und riss einen drei Meter tiefen Krater. Viele Menschen wurden von Betontrümmern erschlagen. 18 Personen kamen ums Leben, weitere 75 wurden verletzt.
Al-Gama’a übernahm
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