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Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story

Titel: Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Omar Nasiri
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als ich seit meinem letzten Abend in Istanbul jemals gewesen war. Natürlich war ich auch ein bisschen nervös, wegen der Bemerkung, die Ibn Sheikh über die Gefahren der Reise durch Pakistan gemacht hatte. Aber in meinem Bauch spürte ich, dass ich es schaffen würde, dass meine Bestimmung mich nach Europa zurückführte.
    Ich dachte auch über das nach, was mir Ibn Sheikh zu seiner Entscheidung, mich nach Europa zurückzuschicken, gesagt hatte. Inzwischen verstand ich besser, warum er mich damals in Khaldan anders als die anderen behandelt hatte, warum er mich dableiben ließ und schließlich sogar förderte, obwohl ich beim Geländelauf Abkürzungen nahm, den Ausbildern mit meinen Kommentaren zusetzte und eine Taschenlampe bei mir hatte, obwohl dies streng untersagt war. Heute Abend hatte Ibn Sheikh mir den Grund dafür genannt: Er sah meine Unabhängigkeit als etwas Positives an. Ich dachte selbständig, im Unterschied zu den meisten Mudschahidin im Lager. Ich brauchte keine anderen, die mir Halt gaben. Im Gefecht musste ein Mudschahid wie seine Brüder denken und sich vollständig auf sie verlassen können. Wenn ich aber eine Zelle in Europa bilden sollte – und das war mit Sicherheit das, was er von mir wollte -, musste ich selbständig handeln können.
    Das alles hatte etwas aberwitzig Ironisches an sich: In den Augen von Ibn Sheikh war ich der perfekte Mudschahid für diesen Auftrag, weil ich Individualist war. Aber ich war Individualist, weil ich im Westen aufgewachsen war, mit allen dort üblichen Freiheiten. Ibn Sheikh wollte den Westen mit dessen eigenen Waffen vernichten.

ÜBER DIE GRENZE
    Am folgenden Morgen standen wir alle vor der Moschee, als ein blauer Toyota-Geländewagen vorfuhr. Er war wie ein Krankenwagen lackiert, mit dem Roten Halbmond auf der Seite. Einer der Hizb-i-Islami -Kämpfer sagte mir, dieser Wagen gehöre Hekmatyar. Ibn Sheikh stieg aus dem Fahrzeug und grüßte die versammelten Brüder. Dann sagte er zu mir: „Abu Imam, es ist Zeit zu gehen.“
    Ich verabschiedete mich von allen und versprach, sie künftig in meine Gebete einzuschließen, und sie sagten dasselbe zu mir. Dann stieg ich mit Ibn Sheikh in den Geländewagen. Im Fahrzeug saßen drei weitere Männer. Der erste, der mir ins Auge fiel, war der afghanische Führer, der mich damals nach Khaldan gebracht hatte. Dann war da noch der Fahrer. Und hinten, auf dem Boden, lag ein Afrikaner auf einer Tragbahre.
    Ibn Sheikh sagte mir, der Patient sei bei Hekmatyars Putschversuch gegen Rabbani 1994 als Geisel genommen und erst vor kurzem freigelassen worden. Der Mann sei in der Haft verrückt geworden und könne nicht mehr an der Front eingesetzt werden.
    Ibn Sheikh gab mir zwei Spritzen und eine Flasche mit Chloroform sowie einige Stoffstücke. Er sagte, es sei meine Aufgabe, den Bruder während der gesamten Fahrt nach Peschawar ruhigzustellen. Dafür sollte ich das Chloroform benutzen, bis wir uns dem Grenzübergang auf dem Khyber-Pass näherten, dann sollte ich ihm eine der Spritzen geben. Die zweite Spritze war für den Augenblick vorgesehen, in dem wir den letzten Polizei-Kontrollpunkt vor dem Flüchtlingslager erreichten.
    Wir fuhren aus dem Lager hinaus, und eine Viertelstunde später öffnete der Patient langsam die Augen. Ich griff zur Chloroformflasche und befeuchtete vorsichtig das Tuch, wie ich es bei unserem Entführungstraining in Khaldan gelernt hatte.
    Als ich das Tuch um die Nase des Mannes legte, riss er die Augen weit auf. Sie waren hell und wild. Nach einigen Augenblicken merkte ich, dass er den Atem anhielt, also drückte ich das Tuch fester in seine Nasenlöcher. Ich sah die Anstrengung in seinem Gesicht, als er sich gegen das Einatmen wehrte. Ich musste ihn wieder in den Schlaf versetzen, wusste aber auch aus der Ausbildung, dass ich ihn umbringen könnte, wenn ich ihm das Tuch zu lange aufs Gesicht drückte. Als sein Blick etwas matter wurde, nahm ich das Tuch sofort weg.
    Diese Prozedur musste ich etwa jede halbe Stunde wiederholen. Der Patient wehrte sich jedes Mal, und jedes Mal musste ich ihm das Tuch länger aufs Gesicht drücken. Mit diesem Mann stimmte ganz offensichtlich etwas nicht. Ich begriff, warum ihn die Brüder nicht an der Front haben wollten – er war ein Psychopath.
     
    Wir waren schon weit oben auf der Passhöhe, als Ibn Sheikh mich anwies, dem Patienten die Spritze zu geben. Er schlief bereits, als ich dem Befehl nachkam, also gab es keine Gegenwehr. Dann hielt der Fahrer an, und Ibn

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