Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
du solltest hingehen“, sagte Daniel. „Aber halte dich zurück. Die Leute sollen dich dort sehen, aber sprich vorerst noch mit niemandem.“
Die Konferenz wurde in einer Schulsporthalle abgehalten. Bei meiner Ankunft saßen dort bereits etwa fünfzig Männer und hielten den Blick aufs Podium gerichtet. Fast alle Anwesenden waren glattrasiert und trugen westliche Kleidung.
Die Veranstaltung hatte bereits begonnen, als ich eintraf. Vorne saßen drei Männer, die sich auf Arabisch unterhielten. Ich hatte noch nie ein Bild von Abu Qatada gesehen, erkannte ihn aber sofort. Er hatte eine gewisse Ausstrahlung, und es war klar, dass er die Unterhaltung bestimmte.
Abu Qatada war in den Dreißigern, hatte aber bereits einen dicken Bauch. Er trug afghanische Kleidung, doch ich sah gleich, dass er kein Afghane war. Seine Kleidung war eine politische Stellungnahme – der Träger demonstrierte seine Unterstützung für das Land des Dschihad.
Ich hörte Abu Qatada zu, und es wurde rasch deutlich, dass er sehr intelligent und sehr gebildet war. Ich verstand nicht alles, was auf Arabisch gesagt wurde, aber dieser Mann, das war mir klar, leitete die Unterhaltung über den Wahrheitsgehalt bestimmter Hadithe. Die beiden anderen ergänzten seine Ausführungen gelegentlich, und einige Zuhörer stellten auch Fragen. Die meisten von ihnen erkannte ich am Akzent als Marokkaner und Algerier, es waren aber auch einige Pakistaner darunter. Die Diskussion verlief konsequent im Ton der Gelehrsamkeit – das einzig Subversive an dieser Konferenz war die Tatsache, dass sie in al-Ansar angekündigt worden war.
Als die Konferenz endete, erhob sich Abu Qatada und zitierte Hadith Qudsi, Nummer 11:
„Abu Huraira, Allahs Wohlgefallen sei auf ihm, berichtete: Der Prophet, Allahs Segen und Heil sei auf ihm, erzählte, dass Allah, der Segensreiche und Hocherhabene, sagte: O Sohn Adams, spende, damit ich für dich spende!“
„Bitte gebt für die Mudschahidin, so viel ihr könnt“, schloss Abu Qatada, „und für ihre Familien und für die Witwen und Waisen, die sie hinterlassen haben.“
Beim Hinausgehen steckte ich fünfzig Pfund in die Sammelbüchse und nahm von dem Tisch an der Tür ein Exemplar des dort ausliegenden Rundbriefes. Darin entdeckte ich eine Einladung zu einer Diskussion über das Thema Dschihad, bei der Abu Qatada und drei weitere Geistliche auftreten sollten. Sie sollte am kommenden Donnerstag in einem Jugendzentrum namens Four Feathers stattfinden.
FOUR FEATHERS
Einige Tage später fand ich endlich eine Wohnung. Das hatte mehrere Wochen gedauert. Jeden Sonntag sah ich in den Zeitungen die Wohnungsangebote durch, aber wenn ich anrief, war stets schon alles vergeben. Schließlich entdeckte ich auf einem Anschlagbrett vor einer U-Bahn-Station ein Mietangebot. So landete ich in einer winzigen Wohnung in Kensal Green, in einem Haus, das einem portugiesischen Taxifahrer gehörte.
An jenem Donnerstag fuhr ich mit der Bakerloo Line von Kensal Green nach Marylebone. Ich folgte der Wegbeschreibung in dem Rundbrief und ging in Richtung Regent’s Park. Unmittelbar vor mir sah ich einen Mann in afghanischer Kleidung. Ich schloß zu ihm auf und zeigte ihm den Rundbrief mit der Einladung.
„Sallamu Alaykum, Bruder. Kannst du mir sagen, wie ich diese Adresse finde?“
„Alaykum Sallam, Bruder. Ich bin auf dem Weg dorthin.“Er sprach Englisch mit einem sehr starken afghanischen Akzent.
Der Mann führte mich zu einem großen Backsteingebäude in der Rossmore Road, und wir traten ein. Dort saßen mindestens 150 Männer auf Gebetsteppichen auf dem Boden eines Basketballspielfeldes. Der Afghane wies auf eine Treppe, und ich ging nach unten, um meine Waschungen vorzunehmen. Dann ging ich wieder nach oben und gesellte mich zu den anderen Männern in der Sporthalle.
Ich betrachtete die Gesichter um mich herum. Die meisten dieser Männer waren Nordafrikaner. Ich sah auch ein paar Inder und Pakistaner und wenige Schwarzafrikaner. Die meisten Anwesenden trugen westliche Alltagskleidung, aber ich sah auch einige Männer in djellabas sowie einige im afghanischen salwar kameez . Aber viele derjenigen, die im salwar kameez erschienen waren, stammten nicht aus Afghanistan, sondern aus dem Nahen Osten oder aus Nordafrika.
Vorne auf dem Podium saßen drei Männer. Unmittelbar vor ihnen war eine Videokamera aufgebaut. Einer der Männer war Abu Qatada, ein weiterer war einer der Geistlichen, mit dem er bereits bei der Konferenz am
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