Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
mir genau an. Einige waren jung, aber ich sah auch viele Männer in den Dreißigern und Vierzigern. Sie wirkten gebildet, waren mit dem Koran gut vertraut und hörten den Predigten aufmerksam zu. Es wurde deutlich, dass Abu Qatada sich einer Sprache bediente, die sie verstanden.
Ganz offensichtlich gab es im Four Feathers aber auch eine gewisse Zahl von Extremisten. All die Dinge, die mir Hakim einige Jahre zuvor in Marokko beigebracht hatte, entgingen mir nicht: die Art, in der diese Männer beständig im stillen Gebet die Lippen bewegten; die Art, in der sie ihre salat verrichteten; die Art, in der sie die Augen auf den Boden vor sich gerichtet hielten; die Hosen, die niemals über die Knöchel herabhingen.
An sehr wenigen der Anwesenden fiel mir etwas Weiteres auf: ihre Gangart. Es war derselbe, leichte Schritt, den ich in den Lagern beobachtet und erlernt hatte. Wenn ich diese Männer noch aufmerksamer betrachtete, fielen mir außerdem die gelassene Sprechweise und der ruhige, stählerne Blick auf.
Freitags nach dem Besuch des Gottesdienstes traf ich mich mit Daniel und Gilles und sie befragten mich stets zum Four Feathers. Daniel wollte immer wieder dasselbe wissen: Ruft Abu Qatada die Menschen zum Dschihad in Großbritannien selbst auf? Ermutigt er seine Anhänger zu Angriffen auf Amerikaner auf britischem Territorium?
Daniel und Gilles wollten wissen, ob ich in Afghanistan jemals Abu Qatadas Namen gehört hätte, und ich verneinte das. Sie wollten wissen, ob ich den Eindruck hätte, dass Abu Qatada Rekruten für die Ausbildungslager anwarb. Ich sagte ihnen, das wisse ich nicht, aber mir sei klar, dass es im Four Feathers Männer gab, die an solchen Orten ausgebildet worden waren. Und ich erinnerte sie daran, dass Abu Qatada in aller Deutlichkeit immer wieder erklärt hatte, die höchste Berufung für jeden Muslim sei, das Leben eines Mudschahid zu führen.
Eines Tages gab Daniel mir ein Mobiltelefon. „Verlier das nicht“, sagte er, während er das Gerät vor sich hinhielt.
„Keine Sorge, das wird nicht passieren.“
Daniel ließ das Telefon nicht los. „Ich meine das ernst. Du musst wirklich sorgfältig damit umgehen. Lass es nirgendwo liegen. Vergewissere dich, dass du es stets bei dir trägst. O.k.?“
„O.k.“Ich streckte die Hand aus, um das Telefon entgegenzunehmen, aber er gab es immer noch nicht heraus.
Daniel fuhr fort: „Gib es mir zurück, wenn es kaputt ist. O.k.? Bring es nicht zu einem Elektrogeschäft oder sonst irgendwohin.“
Allmählich wurde ich wütend. Ich hatte verstanden: Das Telefon wurde angezapft. Daniel war wirklich nicht besonders trickreich in seiner Art, wie er Dinge präsentierte.
Zu unseren Treffen brachte Daniel stets Fotos mit. Jede Menge Fotos, jedes Mal. Er breitete sie auf dem Tisch aus und bat mich, sie durchzusehen und mir jede Person zu zeigen, die ich erkannte.
Ich erkannte eine Menge Leute, denn die meisten dieser Bilder waren vor dem Jugendzentrum Four Feathers aufgenommen worden. Also zeigte ich auf die Männer, die ich dort gesehen hatte, und Daniel fragte mich bei jedem Einzelnen, was ich über diese Person wisse. Ich wusste über niemenden etwas, denn er selbst hatte mich angewiesen, Zurückhaltung zu üben und noch keine Kontakte zu knüpfen. Dann befragte mich Daniel zu meinem allgemeinen Eindruck. Ist dieser Mann von Interesse? Sieht jener dort wie ein Fanatiker aus? Ich wusste die Leute durchaus zu unterscheiden und sagte ihm, wen er meiner Ansicht nach im Auge behalten sollte. Seine Notizen füllten eine Seite nach der anderen.
Bei einem dieser freitäglichen Treffen sagten mir Daniel und Gilles, ich solle Abu Zubayda anrufen und ihm die Nummer meines Mobiltelefons geben.
Ich wählte die Nummer, die mir Abu Zubayda gegeben hatte, erkannte dann aber die Stimme des Mannes nicht, der sich meldete. Ich sagte ihm, ich wolle Abu Zubayda sprechen, und er fragte nach meinem Namen. „Abu Imam al-Mughrabi“, war meine Antwort.
Es rauschte in der Leitung, und dann hörte ich eine andere Stimme. „Assallam Alaykum, Abu Imam. Hier spricht Abu Said. Wie geht es dir, Bruder?“Es war Abu Said al-Kurdi, der Mann, den ich in Peschawar getroffen hatte und der mit mir nach Derunta gefahren war. Er schien sich über diesen Anruf zu freuen.
„Alhamdulillah, Abu Said“, antwortete ich. „Wie geht es dir?“
Abu Said sagte, Abu Zubayda sei nicht da, aber er könne ihm eine Nachricht von mir überbringen. Ich sagte, ich sei in London, und
Weitere Kostenlose Bücher