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Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story

Titel: Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Omar Nasiri
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verwirrt.
    „Wie finde ich hier in London einen Arzt?“, fragte ich.
    „Ich nehme an, du kannst jeden praktischen Arzt aufsuchen“, stammelte er.
    „Aber ich bin kein britischer Staatsbürger.“
    „Du musst einfach nur deine Adresse angeben, nachweisen, dass du hier einen Wohnsitz hast.“
    „Aber ich habe noch keine Wohnung“, sagte ich. „Du wirst mir helfen müssen. Hast du einen Arzt? Kannst du mich zur Praxis deines Arztes bringen?“
    Daniel war jetzt vollkommen durcheinander. Erst versuchte er mir den Weg zu beschreiben – rechts abbiegen, dann links, an einer Ampel geradeaus, und so weiter. Aber ich spielte den Verwirrten, und er gab entnervt auf und entwarf eine Skizze für mich. Er konzentrierte sich auf diese Karte, und ich sah zu Gilles hinüber. Der starrte immer noch auf seine Fingernägel, aber ich sah, dass er lächelte.
     
    Ich verließ diese Besprechung, sobald Daniel seine Kartenskizze fertiggestellt hatte. Das eine Woche später angesetzte nächste Treffen verlief nicht viel besser. Gilles und ich trafen uns in einem anderen Hotel in derselben Gegend. Daniel stellte diesmal bei seinem Auftritt die Aktentasche auf dem Fußboden ab und warf sie nicht mehr durch die Gegend. Davon abgesehen hatte sich sein Verhalten aber nicht geändert.
    Er nahm Platz und setzte eine Brille auf.
    „Ich möchte, dass du mir alle Orte nennst, an denen du warst, und alles berichtest, was du getan hast, seit ich dich vor einer Woche getroffen habe.“
    Seine Arroganz machte mich rasend. „Was meinst du mit,alles‘?“, fragte ich mit sarkastischem Unterton. „Soll ich dir alles aufzählen, was ich gegessen habe? Jedes Restaurant, in dem ich gewesen bin? Jedes Mädchen, das ich geküsst habe? Was ist, wenn es Jungs waren? Willst du wissen, wie viel Zeit ich in der Disco, im Kino und im Pub verbringe? Willst du wirklich alles wissen? “
    Daniel lehnte sich zurück und nickte.
    „Ja, genau das will ich wissen.“
    „Nun, den Gefallen werde ich dir nicht tun. Zu diesen Bedingungen arbeite ich nicht für dich. Ich bin nicht dein Eigentum.“
    Danach herrschte langes Schweigen. Gilles sagte immer noch nichts. Ich sah, dass er sich ebenfalls unbehaglich fühlte. Er gab hier nicht wie gewohnt den Ton an. Er war jetzt in England und musste sich mit diesem Arschloch hier abgeben, so wie ich auch.
    Daniels Antwort klang diesmal ruhiger.
    „Wir müssen diese Dinge wissen, um deiner Sicherheit willen.“
    Jetzt reichte es.
    „Scheiße“, explodierte ich. „Hast du dich um meine Sicherheit gekümmert, als ich in Afghanistan Sprengzünder und Landminen entschärft habe? Warst du um meine Sicherheit besorgt, als die Polizei in Pakistan an jedem Kontrollpunkt jeden gottverdammten Araber verhaftet hat, den sie finden konnte? Wo warst du denn da?“
    Daniels Augen waren jetzt weit aufgerissen, aber sein Mund blieb geschlossen.
    „Erzähl mir nicht diesen Scheiß über Sicherheit“, schäumte ich. „Ich kümmere mich selbst um meine Sicherheit. Und mein Privatleben behalte ich auch für mich.“
     
    Beim dritten Treffen war Daniel kaum weniger unausstehlich.
    Ich erschien bereits geladen zu diesem Termin, denn nach drei Wochen Wohnungssuche hatte ich immer noch nichts gefunden. Ich bat Gilles und Daniel, mir zu helfen, aber sie sagten, das könnten sie nicht. Es sei wichtig für mich, selbst fündig zu werden, so wie alle anderen Menschen auch. Ich müsse mir eine Tarnexistenz aufbauen.
    Dann griff Daniel in seine Aktentasche und zog einen Umschlag voller Fotos hervor, die er auf den Tisch legte. Er breitete sie aus und bat mich, ihm die Personen zu zeigen, die ich kannte. Ich schaute mir diese Fotos an, und da waren sie alle: meine Mutter, Hakim, Amin, Yasin, Tarek. Ich hatte Belgien vor eineinhalb Jahren verlassen, und hier saß ich nun und musste mir dieselben Bilder wie damals anschauen.
    Ich zeigte auf die Leute, die ich kannte, und schaute dabei zu Gilles hoch. Er starrte bemüht auf den Tisch. An der Zornesader auf seiner Stirn konnte ich ablesen, dass er wütend war. Ich begriff, dass diese Übung auch für ihn frustrierend war. Die britischen Dienste trauten den Franzosen nicht – sie prüften mich immer noch, um herauszufinden, ob ich auch derjenige war, für den ich mich ausgab. Das war für uns beide gleichermaßen beleidigend.
    Daniel packte schließlich die Fotos weg und setzte zu einem kleinen Vortrag an über das, was die britischen Dienste von mir haben wollten.
    „Es gibt ein paar Leute, über

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