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Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story

Titel: Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Omar Nasiri
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Bedrohung wirkte sehr viel realer. Im Februar 1996 detonierte eine gewaltige Fünfhundert-Kilo-Bombe in den Londoner Docklands und signalisierte eine neue Phase terroristischer Aktivitäten im Anschluss an einen Waffenstillstand. MI5 und Polizei waren außerdem in ein bürokratisches Kompetenzgerangel über die Federführung in der Antiterrorpolitik in Nordirland verstrickt – gewinnen sollte schließlich der MI5 -, durch das auch Ressourcen und Energien an dieses Thema gebunden wurden.
    Erst Anfang 1998 erfuhren die britischen Behörden mehr über al-Qaida. Zu jenem Zeitpunkt konzentrierte sich die Besorgnis nicht auf Abu Qatada, Abu Hamza oder irgendeines der nordafrikanischen Netzwerke. Die größte Aufmerksamkeit galt vielmehr Gruppen von Arabern, die 1998 ins Land gekommen waren (größtenteils aus Ägypten), sowie anderen Arabern, die Verbindungen zu Bin Laden hatten, zum Beispiel Khalid al-Fawwaz. Letzterer galt als Leiter von Bin Ladens Londoner Medienbüro, der für seinen Auftraggeber Interviews mit westlichen Journalisten arrangierte und in seinem Namen Pressemitteilungen veröffentlichte. John O’Neill, der damalige Leiter der FBI-Abteilung für Terrorbekämpfung – er kam am 11. September 2001 im World Trade Center ums Leben -, flog einige Monate vor den Anschlägen auf die Botschaften in Kenia und Tansania nach London, um Beweismaterial gegen Bin Laden zu sammeln. Dieser hatte 1996 in einer in London in arabischer Sprache erscheinenden Zeitung eine Fatwa (ein religiöses Gutachten) veröffentlicht, worauf das FBI ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eröffnete. Die Bombenanschläge auf die beiden Botschaften vom August 1998 hinterließen eine noch deutlichere Spur von Indizien, die nach London führte. Es folgten Razzien an Orten, an die ein Fax verschickt worden war, dessen Urheber die Verantwortung für die Anschläge übernahmen. Die Original-Kopf- und Fußzeile der Faxnachricht wurden angeblich aufgefunden, sie gingen vor den Attacken in einem Büro ein, das mit Khalid al-Fawwaz und zwei anderen Männern verbunden war. Fawwaz sitzt gegenwärtig in britischer Auslieferungshaft und wartet auf seine Überstellung an die USA.
    Die Geheimdienste der Vereinigten Staaten und Großbritanniens unterhielten zwar nach wie vor enge Beziehungen, aber die polizeiliche Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern war, gerade in Fragen der Terrorbekämpfung, sehr viel schlechter. O’Neill und seine FBI-Mitarbeiter hatten bei ihren britischen Amtskollegen außerdem einen schweren Stand, weil die Briten glaubten, dass die IRA die Vereinigten Staaten als sicheres Rückzugsgebiet für ihre Aktivitäten nutzte, also ähnlich dachten wie die Franzosen, die ja ihrerseits annahmen, Großbritannien sei eine sichere Zuflucht für den algerischen Terrorismus. Im Endeffekt glaubten beide Seiten, ihren Bitten um Amtshilfe würden häufig nicht entsprochen.
    Die britischen Behörden erkannten zwar seit Anfang 1998 allmählich, dass von al-Qaida eine Bedrohung ausging, sie brachten sie aber nicht in einen Zusammenhang mit Personen wie Abu Qatada, Abu Hamza und den in Großbritannien tätigen Algeriern. Abu Hamza und Abu Qatada erschienen zwar auf dem Radarschirm der britischen Behörden, standen jedoch auf der Prioritätenliste weit unten, gemeinsam mit Veteranen des Afghanistankrieges, die nach Auskunft damals beteiligter Beamter im Vereinigten Königreich sogar Asyl erhielten. Die Briten setzten damals schlicht und einfach andere Schwerpunkte. Der internationale Terrorismus und ganz besonders der mit dem Islamismus verbundene Terrorismus wurden noch nicht als unmittelbare Bedrohung des eigenen Landes empfunden. Frankreich mochte wegen seiner Verwicklung in den Konflikt in Algerien ein erstrangiges Ziel sein, nicht aber das Vereinigte Königreich.
    Großbritannien bekommt heute die Langzeitwirkungen der eigenen Politik zu spüren, die diesen radikalen Elementen in den neunziger Jahren mit Toleranz begegnete. Die Radikalisierung, die sich in einigen britischen Gemeinden entwickelt hat, entstand nicht über Nacht. Sie ist das Ergebnis einer langen Entwicklung, in deren Verlauf sich Einzelpersonen wie auch Gruppen gezielt um junge Leute bemühten.
    Mittlerweile wurden diese verschiedenen Stränge dschihadistischer Aktivitäten zusammengeführt. Eine neue Welle von Razzien in Belgien erbrachte 1998 weiteres Beweismaterial zum internationalen Charakter der dschihadistischen Netzwerke und zur Bedrohung, die von ihnen ausging. Die

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