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Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story

Titel: Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Omar Nasiri
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viel Zeit mit religiöser Unterweisung wie mit Kampftraining. Die spirituelle Vorbereitung wurde als zentraler Aspekt des Dschihad betrachtet, der wichtiger war als das körperliche Training. Die Lager waren für die Entwicklung und Verbreitung einer weit gefassten, theologisch fundierten Rechtfertigung für den Einsatz extremer Gewalt, die sich auch gegen Zivilisten richtete, von entscheidender Bedeutung. Die theologischen Lehren, die in den neunziger Jahren nicht nur in Afghanistan, sondern auch in Europa entwickelt wurden, beeinflussten Zehntausende. Diese Leitgedanken dienten der Fundierung der dschihadistischen Ideologie nach dem 11. September 2001, die sich nicht nur gehalten, sondern noch an Einfluss gewonnen hat, seit die Führung von al-Qaida ins Visier genommen wurde.
    Das Lager Khaldan, Nasiris erster Aufenthaltsort, wurde von Bin Ladens Mentor Abdullah Azzam in den achtziger Jahren gegründet. Zu den Absolventen dieses Lagers zählten Attentäter der beiden Anschläge auf das World Trade Center von 1993 und 2001, darunter auch Mohammed Atta, der Anführer der Flugzeugentführer vom 11. September; Personen, die an den Botschaftsattentaten von 1998 beteiligt waren; Ahmed Ressam, der gescheiterte Millenium-Attentäter; die beiden britischen „Schuh-Bomber“Richard Reid und Sajid Badat; außerdem Zacarias Moussaoui, der 2006 wegen seiner Verstrickung in die Anschläge des 11. September zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Befehlshaber des Lagers war Mitte der neunziger Jahre ein Mann namens Ibn al-Sheikh al-Libi, mit dem Nasiri sehr viel Zeit verbrachte. Al-Libi hatte in den achtziger Jahren in Afghanistan gekämpft; wie andere Personen aus diesem Umfeld war er in den Neunzigern weniger ein Teil von al-Qaida als ein unabhängig operierender Unternehmer, dessen Arbeit und Lager schließlich unter das Banner von al-Qaida kamen.
    Al-Libi wurde später zu einer Schlüsselfigur in der Diskussion um die Geheimdiensterkenntnisse im Vorfeld des Irakkrieges. Der im November 2001 festgenommene libysche Ausbilder war das erste hochrangige Mitglied von al-Qaida, das den Vereinigten Staaten nach den Anschlägen in die Hände fiel. Die CIA, die sich im Kompetenzgerangel mit dem FBI durchgesetzt hatte, lieferte ihn an Ägypten aus, wo er möglicherweise misshandelt oder gefoltert wurde.
    Hochrangige US-Regierungsbeamte bedienten sich der Informationen, die aus den Verhören al-Libis stammten, um eine Verbindung zwischen dem Irak und al-Qaida herzustellen. Diese These stützte sich auf al-Libis Behauptung, dass der Irak Mitgliedern von al-Qaida ab Dezember 2000 Ausbildungsmöglichkeiten geboten habe. Sie wurde zitiert von US-Vizepräsident Dick Cheney, von Außenminister Colin Powell in seiner Erklärung vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im Februar 2003 und von Präsident George W. Bush selbst, der im Oktober 2002 in Cincinnati sagte: „Wir haben erfahren, dass der Irak Mitglieder von al-Qaida in der Herstellung von Bomben, Giften und Giftgasen ausgebildet hat.“
    Das Problem dabei war, dass al-Libi log. Bereits im Februar 2002 war in einem Bericht der Defense Intelligence Agency zu lesen, es sei wahrscheinlich, dass er „seine Vernehmer absichtlich irreführte“, weil er keine Details zu dieser angeblichen Ausbildung anzubieten hatte. Al-Libi widerrief im Januar 2004 seine Behauptungen über den Irak und zwang so die CIA, ihrerseits die Geheimdienstberichte, die auf seinen vorherigen Erklärungen basierten, zurückzuziehen.
    Es kam deshalb zu Spekulationen, al-Libi habe absichtlich falsche Informationen geliefert, um die Vereinigten Staaten zu einem Angriff auf den Irak zu veranlassen. Nasiris Bericht unterstützt diesen Standpunkt, denn er berichtet von al-Libis Abneigung gegen Saddam Husseins säkular orientiertes Regime und von dessen hoher Kunstfertigkeit bei der Abwehr von Verhörtechniken. Dokumente und Ausbildungshandbücher, die nach 2001 in Afghanistan entdeckt wurden, zeigten außerdem, dass die Mitglieder von al-Qaida instruiert wurden, den Dschihad nicht nur als das Geschehen auf dem Schlachtfeld zu betrachten, sondern auch als Kampf, der durch gezielte Desinformation noch nach der Gefangennahme fortgeführt werden könne. Im Frühjahr 2006 wurde al-Libi angeblich den libyschen Behörden übergeben.
    Nasiris persönlicher Hintergrund scheint ihn in Khaldan aus der Gruppe der übrigen Rekruten herausgehoben zu haben. Zuvor hatten schon die westlichen Geheimdienste festgestellt, dass ihn seine

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