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Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story

Titel: Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Omar Nasiri
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France deviendra musulmane!“ Er grinste mich an, als er das sagte: Ganz Frankreich wird muslimisch werden.
    „Inshallah, Bruder“, antwortete ich ihm. „Inshallah.“ Und dann zwang ich mir ein Lächeln ab.
     
    In den nächsten Tagen und Monaten würden wir noch mehr über diese Bombenanschläge erfahren. Acht Menschen waren dabei getötet und Hunderte verletzt worden. Es war der erste einer ganzen Reihe von Anschlägen, die in diesem Sommer in Frankreich stattfanden. Im August ging eine Bombe am Arc de Triomphe hoch. Im selben Monat fand die Polizei eine Bombe auf einer Eisenbahnstrecke außerhalb von Lyon. Eine weitere Bombe explodierte Anfang September in Paris, und einige Tage später ging eine Autobombe vor einer jüdischen Schule in Lyon in die Luft. Im Oktober gab es zwei weitere Bombenanschläge in Pariser Bahnhöfen.
    Im Laufe dieser Anschlagsserie wurden Dutzende von Menschen verletzt. Glücklicherweise gab es aber nach dem ersten Attentat auf den Bahnhof Saint-Michel keine weiteren Todesopfer mehr.
    Ich dachte lange über dieses Pariser Bombenattentat und die Reaktion der anderen hier im Lager nach. Eine Sache fiel mir dabei besonders auf: Niemand fragte jemals nach den Leuten in diesem Zug. Waren sie Feinde oder unschuldige Passanten? Wie ließ sich diese Art von Attentat überhaupt rechtfertigen?

ABU BAKR
    Abu Bakr war ein außerordentlicher Mann. Manchmal schien er mir beinahe übermenschlich zu sein. Je mehr ich ihn beobachtete, desto mehr beeindruckte mich seine Disziplin, aber auch seine physische Stärke und Gewandtheit. Er war ständig in Bewegung. Jede wache Minute trainierte er. Ich bemerkte, dass er selbst während der Predigten schweigend mit seinen Fingern spielte und sie vor- und zurückbog, um sie beweglicher zu machen. Er konnte seine Finger sogar so weit nach hinten biegen, dass die Fingernägel beinahe das Handgelenk berührten.
    Einmal sah ich, wie Abu Bakr von einem Felsvorsprung heruntersprang, der wenigstens sieben Meter hoch war. Sein Körper blieb dabei ganz aufrecht, und bei der Landung ging er nicht in die Hocke oder rollte sich nach vorne ab, wie es die anderen taten, sondern er federte den Sprung nur ganz leicht mit den Knien ab und ging einfach weiter. Etliche Brüder machten ihm an diesem Tag den Sprung nach, wobei sich mehrere allerdings das Bein oder den Knöchel brachen. Einige mussten danach wochenlang einen Gips tragen.
    Eigentlich sollten wir ja nicht über Dinge sprechen, die sich nicht auf das Lager bezogen. Aber gerade diese Regel hielten wir oft nicht ein. Bei diesen Gesprächen erfuhr ich viel über Abu Bakr. Man erzählte sich, dass er Jordanier palästinensischen Ursprungs sei. Er sei nur dann Emir des Lagers, wenn Ibn Sheikh nicht anwesend war. Er habe sich auch bereits als äußerst tapfer erwiesen. Die Brüder erzählten sich ständig Geschichten, die sie über seinen Mut bei Kämpfen in Tadschikistan und Kaschmir gehört hatten.
    Ich selbst trainierte allerdings nie mit Abu Bakr, da er meistens Rekruten für ganz spezielle Operationen ausbildete. Die meisten Männer, die ins Lager kamen, blieben dort sechs oder sieben Monate, wobei sie einen vollen Trainingskurs absolvierten. Manchmal blieben Gruppen nur eine oder zwei Wochen, um für eine Sonderaufgabe zu trainieren.
    Hin und wieder hielt Abu Bakr aber auch Sonderübungen ab, an denen das gesamte Lager teilzunehmen hatte. Vor allem liebte er es, mit uns nachts durch die Berge zu laufen. Mehrere Male während meiner Zeit in Khaldan ließ er uns alle mitten in der Nacht aufwecken. Wir versammelten uns auf dem Platz, dann lief er in die stockfinsteren Berge hinaus, und wir versuchten, ihm zu folgen.
    Ich hasste alle Dauerläufe, aber die in diesen Nächten waren die schlimmsten. Immer war ich müde und desorientiert, und es war selbst im Sommer bitterkalt. Die Kälte wurde sogar noch schlimmer, je weiter der Herbst voranschritt. Darüber hinaus waren diese Läufe höchst gefährlich. In manchen Nächten war der Himmel bewölkt, so dass uns nicht einmal das schwache Licht des Mondes und der Sterne den Weg weisen konnte. Wir sahen überhaupt nichts mehr. Wir konnten uns nur noch an den Geräuschen des vor uns laufenden Bruders orientieren. Da wir oft enge Pfade benutzten, die an der Seite eines Berges entlangführten, liefen wir jeden Moment Gefahr, in den Abgrund hinabzustürzen. Ein falscher Schritt und man war tot.
    In einer besonders klaren Nacht führte uns Abu Bakr erneut in die Berge. Wir rannten

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