Mein Leben für dich
mir nicht irgendetwas Herzliches, Romantisches, etwas, das mir wirklich zeigt, dass er mich nach wie vor liebt?
»Ja?«
»Ich … freu mich auf dich.«
Schweigen.
»Simon, bist du noch dran?«
»Ja, ich … ich freu mich auch auf dich, Mia. Sehr sogar. Bis dann.«
Wir legen auf und ich starre aus dem Fenster. Es ist kurz nach halb vier. Wie soll ich es bloß noch sechs Stunden aushalten, bis ich ihn wiedersehe? Und wie wird es sein, wenn wir uns endlich gegenüberstehen? Wird Simon dann etwas gelöster sein und mir das sagen, was ich hören will? Dass wir es irgendwie schaffen werden, dass wir zusammengehören und uns durch nichts und niemanden auseinanderbringen lassen, weil unsere Liebe zu stark ist?
Ich weiß, eigentlich sollte ich mich einfach auf heute Abend freuen, aber irgendein blödes Gefühl in mir trübt meine Stimmung. Es ist nicht schön, wenn man seine Liebe geheim halten muss. Nicht, wenn sie einem alles bedeutet.
Simon
»Und? Läuft alles nach Plan?«, fragt Rick, nachdem ich aufgelegt habe.
Ich nicke und Ben schlägt mir auf die Schulter. »Du tust das Richtige, Mann«, sagt er. »Keine Sorge, es wird schon gut gehen.«
Fassungslos starre ich meinen Bruder an. Wie kann er das nur sagen? Und dann noch in diesem lapidaren Tonfall, als hätten wir vor, einen Kaugummiautomaten zu plündern! Er hat ja keine Ahnung, was es für mich bedeutet, Mia zu belügen und sie absichtlich in Ricks Gewalt zu bringen. Und es schockiert mich noch immer, dass er nicht versucht hat, Rick von seinem Plan abzubringen, sondern ihm sogar noch Vorschläge geliefert hat, wie der Ablauf optimiert werden könnte.
Ich schiele zu Rick und Mike. Sie hängen auf der Couch ab und beobachten mich – wie auch schon während der letzten vier Stunden. Dabei wäre ich zu gerne einen Moment lang mit meinem Bruder allein. Ich will ihm begreiflich machen, was gerade in mir vorgeht, ihn fragen, wie er es so lange geschafft hat, sich mit Rick und seinen krassen Forderungen zu arrangieren, wie er so leben kann. Aber wir hatten noch keine Gelegenheit, unter vier Augen zu sprechen. Rick lässt uns keine Sekunde lang allein. Mein Bruder umarmte mich zwar kurz, als ich in Ricks Wohnzimmer trat, wo er mit Mike auf uns wartete, aber das war’s auch schon. Er tat, als wäre nichts während seiner Abwesenheit vorgefallen, außerdem war er bereits in alles eingeweiht. Es ist verrückt, aber ich fühle mich ihm weiter entfernt als je zuvor. Er kommt mir plötzlich kalt und abgebrüht vor. So wie einer von denen. Habe ich mich derart in ihm getäuscht? Ich habe ihn nie für einen schlechten Menschen gehalten, trotz allem, was ich von ihm wusste. Oder hat ihn der lange Gefängnisaufenthalt so verändert?
Die Stunden bis zum Abend ziehen sich endlos und die meiste Zeit verbringen wir damit, uns gegenseitig anzuschweigen und in die Glotze zu starren. Um kurz nach halb neun ruft Rick zum Aufbruch. »Okay, dann los«, sagt er. »Ben, Mike, ihr kommt mit mir. Wir fahren ein Stück mit meinem Wagen. Du, Simon … du weißt, was du zu tun hast, oder? Die Strecke steht fest. Auf Höhe der alten Ziegelei werden wir dann zuschlagen.«
Ich nicke beklommen. Mir ist kotzübel, vor allem, wenn ich daran denke, mit welcher Vorfreude sich Mia wahrscheinlich gerade aus dem Hotel schleicht, wie wunderschön sie sich unseren Abend ausmalt, wie ihre braunen Augen glänzen.
»Das wird eine grandiose Show«, raunt mir Rick auf dem Weg durchs Treppenhaus ins Ohr, sodass es die anderen nicht hören können. »Verdammt, ich habe deinen Bruder vermisst. Er hatte schon immer die besten Ideen von uns allen.« Während mir der Atem stockt, als ich begreife, was Rick mir da eben reingewürgt hat, zwinkert er mir mit einem triumphierenden Grinsen zu, dann biegt er mit den anderen beiden ab in die Straße, in der sein Auto parkt.
Mia
Ich habe mich x-mal umgezogen, bevor ich mich auf den Weg gemacht habe, und mich schließlich nur für simple Bluejeans und ein schwarzes T-Shirt entschieden. Die richtigen Klamotten, um unauffällig zu bleiben, denke ich leicht verbittert. Aber dann reiße ich mich zusammen, und als ich draußen an der frischen Luft bin, steigert sich meine Vorfreude, Simon endlich wiederzusehen, ihn berühren, ihn küssen, seinen Duft einatmen zu dürfen, mit jedem Schritt, den ich mich vom Hotel entferne.
Nachdem ich die S-Bahn verlassen habe, warte ich nun auf die U-Bahn und erhasche plötzlich unter den vielen Menschen, die sich auf den Ausgang
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