Mein Leben für dich
zubewegen, einen Blick auf Carolin von Sebald. Ich will mich schnell abwenden, denn ich habe absolut keine Lust auf ein Gespräch mit ihr, aber da hat sie mich schon gesehen und kommt schnurstracks auf mich zu.
»Mia, nett, dich zu sehen!«
»Hallo, Caro«, sage ich frostig.
»Na, du hast dich ja ziemlich schnell umorientiert«, sagt sie mit einem feinen Lächeln. »Das waren echt hübsche Bilder in der Zeitung, von dir und deinem Bodyguard.«
»Ja, aber nicht ganz so hübsch wie das von Kai und seinen Tütchen mit dem weißen Pulver«, gebe ich zurück.
Caro zieht die Brauen hoch. »Ich habe dich gewarnt, Mia. Ich habe dir gesagt, dass Kai eine schwierige Persönlichkeit ist.«
»Schwierig?« Ich lache auf. »Ich bitte dich, Caro, Kai hat ein echtes Drogenproblem. Und du wusstest es wahrscheinlich und hast es mir verheimlicht.«
Über Caros Augen legt sich ein Schleier. »Ich weiß, ich hätte dich aufklären sollen, aber … ich wollte ihn schützen. Kai ist meine große Liebe, verstehst du? Ich wollte alles für ihn tun, ihm sämtliche Probleme vom Hals halten.«
»Aber siehst du denn nicht, wohin ihn das geführt hat?«, frage ich fassungslos. In einem Punkt hatte Kai ganz offensichtlich recht: Caro ist geradezu besessen von ihm. »Du gibst dich komplett für ihn auf, überlässt ihm sogar den Ruhm für deine Stiftung. Und er? Dröhnt sich zu und erntet den Applaus, während du danebenstehst und ihn in dem, was er tut, noch bestärkst, anstatt ihn wachzurütteln. Nennst du das vielleicht Liebe? Tatenlos zuzusehen, wie er sein Leben ruiniert?«
Caro neigt ihren Kopf und lächelt. »Ich habe gehandelt«, sagt sie. »Nachdem ich ihn letzte Woche in seiner Wohnung gefunden habe, verprügelt und inmitten seines eigenen Drecks, da wusste ich, er würde es nicht mehr allein schaffen.«
Ich starre sie ungläubig an. »Sag bloß, du warst es, die …«
Caro nickt. »Ich habe ihm die Polizei ins Haus geschickt und dafür gesorgt, dass er in eine Entzugsklinik kommt. Anonym natürlich. Ich wollte schließlich nicht, dass er sauer auf mich ist. Jetzt bin ich die Einzige, die zu ihm steht und für deren Nähe und Beistand er dankbar ist. Ich sagte dir doch, ich würde gegen dich gewinnen.« Damit dreht sie sich um und lässt mich stehen. Ich starre ihr hinterher und empfinde zum ersten Mal Mitleid für sie. Carolin sucht krampfhaft nach der großen Liebe, aber in Kai wird sie sie niemals finden, egal, was sie auch für ihn tut. Und das Schlimme ist: Insgeheim weiß sie es, denn ansonsten hätte sie einen anderen Weg gefunden, ihm beizustehen, einen ehrlichen. Sie versteckt sich ebenso in einer Scheinwelt wie Kai.
Die U-Bahn kommt und ich steige gedankenverloren ein. Nur noch wenige Minuten und ich werde meine große Liebe wiedersehen. Aber auch über Simon und mir liegt ein Schatten, obwohl keine Lügen mehr zwischen uns stehen. Warum nur, denke ich, ist es so schwer, einfach nur zusammen glücklich zu sein?
Simon
Als Mia aus der U-Bahn steigt, bin ich kurz davor, mich umzudrehen und wieder zu verdrücken, aber ich weiß, das würde nichts bringen, im Gegenteil. Ricks Plan ist heftig, aber wenn ich mitmache, kann ich wenigstens in Mias Nähe bleiben. Rick hat versichert, sie nicht anzurühren, und mir bleibt nichts anderes übrig, als ihm zu glauben. Was mich betrifft … Ich will lieber nicht darüber nachdenken, ob er mir wirklich nur eins überzieht. Ich wünschte nur, Ben wäre nicht an der Sache beteiligt. Zu wissen, dass ausgerechnet mein Bruder die Idee mit der Entführung aufgebracht hat und dabei ist, wenn Mia und ich als Geiseln genommen werden, macht die Sache doppelt schlimm für mich. Ich bin immer noch nicht dahintergestiegen, was er sich dabei gedacht hat. Ich dachte, er wäre auf meiner Seite, aber ich bin mir nicht mehr sicher. Ben ist mir fremd geworden.
»Simon!« Ich kann Mias Stimme noch nicht hören, aber ihre Lippen formen lächelnd meinen Namen, als sie mich entdeckt. Sie rennt auf mich zu und mit jedem Schritt, den sie sich mir nähert, beginnt mein Herz schneller zu schlagen. Vor Freude, sie zu sehen und in wenigen Sekunden berühren zu dürfen, und vor Angst vor dem, was noch geschehen wird.
Sie fliegt in meine Arme und drückt sich an mich, bevor sie ihren Kopf hebt und mir in die Augen blickt. Ich kann ihr Strahlen kaum ertragen. »Ich bin froh, dich zu sehen«, presse ich hervor, dann küssen wir uns. Es ist ein langer, zärtlicher, sehnsuchtsvoller Kuss. Ich schließe die Augen
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