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Mein Leben in 80 B

Mein Leben in 80 B

Titel: Mein Leben in 80 B Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Goerz
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Unrhythmischen, die immer noch den Anfängerschritt rechts-ran-links-ran praktizierten. Und natürlich gab es auch auf dieser Tanzfläche den ungekrönten Disco-Fox-König. In diesem Fall war es der Typ, der Elissa vorhin auf der Terrasse sein Sakko geliehen hatte und der jetzt eine vollschlanke Blondine um sich herumwirbelte. Eigentlich tanzte ich auch deshalb so ungern, weil ich nicht so angeglotzt werden wollte, wie ich es gerade selber tat.
    Oke plumpste neben mir auf den Sitzsack und hielt mir einen frischen Zaubertrank vor die Nase.
    «Hier. Aber beschwer dich nicht bei mir, wenn dir morgen der Schädel brummt. Dieser Likör hat es in sich.»
    Und er schmeckt, dachte ich und nahm einen großen Schluck aus meinem Glas.

[zur Inhaltsübersicht]
    9. Kapitel
    Als ich erwachte, starrte ich direkt in die Visage von Darth Vader. In der glänzenden schwarzen Maske, die auf einem großen Karton neben dem Bett stand, konnte ich schemenhaft meine zerzausten Haare erkennen. Im nächsten Moment spürte ich den Schmerz: Mein Kopf fühlte sich an, als hätte jemand mehrere Lagen Stacheldraht darumgewickelt und die dann kräftig angezogen. Der grüne Sekt! Hätte ich bloß irgendwann die Reißleine gezogen. Aber ich hatte ja den Hals nicht voll bekommen können. Ich erinnerte mich dunkel, dass ich im Laufe des Abends sowohl mit dem Fernsehmann als auch mit dem dunkelhaarigen Läufer Brüderschaft getrunken hatte.
    Ich wollte mich gerade wieder zurücksinken lassen, um die schlimmste Welle des Schmerzes an mir vorbeiziehen zu lassen, da fuhr mir der Schreck durch den ganzen Körper. Sofort kam ich wieder in die Senkrechte: Darth Vader? Wo war ich hier eigentlich? Elissa hatte noch nie auf diesen ganzen
Star Wars
-Kram gestanden.
    Vorsichtig drehte ich mich nach links und entdeckte unter der Bettdecke einen Schopf dunkelblonder Haare. Scheiße! Scheiße! Scheiße! Mein Herz klopfte bis zum Hals, und mir wurde heiß.
    Noch vorsichtiger lupfte ich die Bettdecke und sah erleichtert, dass ich bis auf die Stiefel noch mein komplettes Outfit von Elissas Geburtstagsparty trug. Immerhin. Außer tiefem Alkoholrausch-Schlaf schien zwischen mir und dem schönen Koch nichts passiert zu sein, an das ich mich erinnern müsste.
    Elissa! Die machte sich wahrscheinlich schon wahnsinnige Sorgen um mich. Ich wollte hier weg. Schnell und unauffällig. Ich hatte keine Lust auf Gespräche und erst recht nicht auf eine Fortsetzung dessen, was hier gestern Abend stattgefunden hatte. Was immer das auch gewesen sein mochte. Darüber musste ich ganz in Ruhe nachdenken, wenn mein Puls sich wieder normalisiert und der Restalkohol-Nebel sich aus meinem Hirn verzogen hatte. Nicht hier und jetzt, und schon gar nicht neben dem Mann, der ab und zu ein lustiges Schnarchen hören ließ, wenn er sich auf die Seite drehte. Goldig.
    Ich horchte auf Okes Atem. Ruhig und gleichmäßig bis auf die einzelnen Schnarcher. Er schlief noch immer tief und fest. Süß, wie er dalag. Oben lugte nur der blonde Schopf unter der Decke hervor und unten ein halber, für einen Mann außergewöhnlich gut gepflegter Fuß.
    Ich schaute mich um. Das Bett stand in einem großen, nein, in einem wahnsinnig großen Raum. Ein Ein-Zimmer-Apartment unter dem Dach. Ganz gemütlich eigentlich. Überwiegend weiß gestrichene Wände, an einer davon lehnten ein paar große bunte Bilder. Auf dem vordersten konnte ich eine Art Collage in Öl mit dem Brandenburger Tor erkennen, und ein weiteres zeigte eine türkisfarbene und gelbe Coladose. Rechts davon hatte Oke eine lange Kleiderstange auf Rollen als Raumteiler aufgestellt, auf der Hemden und Hosen hingen. Auf der linken Seite sah ich eine Tür, die vermutlich ins Badezimmer führte.
    Ich musste wirklich dringend auf die Toilette, aber wenn ich jetzt ins Bad ginge, würde ich Oke vermutlich wecken. Deshalb entschied ich mich für den Weg, der mich wahrscheinlich aus dieser Wohnung herausführen würde, schlüpfte leise aus dem Bett und schlich an mehreren unausgepackten Umzugskartons, einem halb eingeräumten Bücherregal und der offenen Küche vorbei zu einer Tür, die nach Ausgang aussah. Zumal sich hier eine Garderobe befand, an der mein Mantel hing. Meine Stiefel lagen auf dem Boden neben der Handtasche. Ich schnappte mir alles, öffnete so leise wie möglich die Tür und stand wenige Sekunden später in einem Treppenhaus mit Holzstufen und einem roten Geländer.
    Puuhhh. Das war schon mal geschafft. Ich hatte zwar keinen Schimmer, wo ich gerade

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