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Mein Leben in 80 B

Mein Leben in 80 B

Titel: Mein Leben in 80 B Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Goerz
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entpuppte sich nach hartnäckigen Recherchen meinerseits als eine junge Architektin, die ein Praktikum in seiner Verwaltung machte.»
    Ich war platt. «Dein Boris hat dich betrogen?»
    «Dazu ist es nicht gekommen.» Annette grinste siegesgewiss. «Er hatte sich mit der Lady einige Male zum Kaffeetrinken getroffen, bevor ich dahintergekommen bin. Als ich ihn zur Rede stellte, war er fast erleichtert und rechtfertigte sich damit, dass ich mich immer mehr von ihm abwenden würde, auch körperlich. Da hat er die Nähe anderswo gesucht.»
    «Was für ein Quatsch.» Sabrina schenkte uns allen noch einmal Sekt nach. «Und wieder mal sind die Frauen schuld.»
    Susanne räusperte sich. «Ich sehe das so: Im Grunde bin ich doch nichts Besseres als eine Prostituierte mit nur einem Freier. Mein Mann bekommt von mir genau so viel Sex, wie er haben möchte – und glaubt mir: Männer wollen
immer
. Ich bekomme dafür von ihm eine Karte für unser gemeinsames Konto. Er nötigt mich nicht, einen Job anzunehmen, und ich frage nicht, wo er seine Überstunden macht.»
    Victoria war entsetzt. «Nur weil du Hausfrau bist, musst du doch nicht die Beine breit machen, sobald dein Mann nach Hause kommt.»
    «Ihr tut ja so, als wäre Sex so etwas wie eine doppelseitige Lungenentzündung. Ob ihr’s glaubt oder nicht, ich habe Spaß daran, fast jeden Tag mit meinem Mann zu schlafen. Vielleicht solltet ihr in dieser Richtung mal einen Zacken zulegen, der Appetit kommt ja bekanntlich beim Essen.» Susanne grinste uns an. «Und wenn ich mal keine Lust habe, lass ich meinen Gatten trotzdem ran, weil er dann einfach viel ausgeglichener ist. Männer sind da anders als wir, die brauchen das wirklich.»
    «Nach den Recherchen für mein neues Buch kann ich euch nur sagen, dass es nicht einfach ist, heutzutage ein ganz normales Sexleben zu pflegen», warf Annette ratgeberhaft ein. «Inzwischen wird sogar in Frauenzeitschriften über Stellungen gefachsimpelt, überall gibt es Nachhilfe in Sachen ‹Wie werde ich eine Sexgöttin› oder ‹Wie bringe ich meinen Mann um den Verstand›.»
    «Da muss ich mich kaum anstrengen – mein Mann hat einen Großteil seines Verstandes schon während des Studiums auf diversen Trinkgelagen eingebüßt», scherzte Victoria, deren Artikulation inzwischen sehr nach geschwollener Zunge klang.
    «Ich muss dann auch mal los.»
    Die Diskussion hier wurde mir langsam zu heiß. Ich war nur froh, dass die Inhalte von den Liebhabern wieder zu den Ehemännern gewechselt hatten. Aber würde ich denn Oke als meinen Liebhaber bezeichnen? Dazu gehörte meiner Meinung nach doch etwas mehr als ein paar Textnachrichten, ein Kuss und eine gemeinsame Nacht ohne Körperkontakt.

[zur Inhaltsübersicht]
    14. Kapitel
    Komme morgen nach Berlin und treffe mich mit einem alten Freund, der im Restaurant 44 im Swissôtel arbeitet – treffen dort um 13  Uhr zum Essen?
    Nach Okes gestriger SMS war ich wie ferngesteuert durch den Tag und den Abend gestolpert, hatte morgens wie in Trance die Kinder in die Schule gebracht, die heute beide nicht vor dem frühen Abend zurück sein würden, und war nun auf dem Weg in das Restaurant am Kurfürstendamm in Berlin.
    Natürlich hatte ich hin und her überlegt, ob ich mich wirklich mit Oke treffen sollte. Elissa fand, dass ich mich endgültig
für
eine Affäre entschied, wenn ich ihm zusagte. Zumal ich Toni nichts davon erzählen musste, weil der gerade in Barcelona einen Werbespot für eine neue Eissorte eines Joghurt- und Milchkonzerns drehte und erst morgen wieder zurück sein würde. Für meine Verhältnisse hatte ich ausgesprochen lange unschlüssig vor dem Kleiderschrank gestanden und mich schließlich für ein knielanges, schlichtes zweiteiliges dunkelbraunes Kleid und dazu passende Stiefel entschieden. Darüber zog ich eine hellblaue Strickjacke. Sicher nichts, das einem Karl Lagerfeld Jubelschreie entlockt hätte, aber ich fand, schlichtes Schwarz machte alt. Und alt wollte ich bei einem Treffen mit Oke auf keinen Fall aussehen. Mit dem Make-up hatte ich mir besonders Mühe gegeben, und es war mir tatsächlich gelungen, natürlich und frisch und nahezu ungeschminkt auszusehen.
    Im Parkhaus des Hotels blieb ich einen kleinen Moment zögernd im Auto sitzen. Dann sagte ich mir, dass ich endlich herausfinden musste, warum ich diese SMS -Sucht entwickelt hatte und warum mir die fast täglichen Nachrichten von Oke so wichtig geworden waren. Nicht zuletzt wartete ein phantastisches Essen auf mich.
    Mit

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