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Mein Leben in 80 B

Mein Leben in 80 B

Titel: Mein Leben in 80 B Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Goerz
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beliefern berühmte Restaurants in aller Welt, wie das Ducasse in Monte Carlo und das Cirque in New York. Phantastische Produkte, immer mit mindestens vierzig Prozent Kakaoanteil.»
    Oke beendete seinen Vortrag, um sich genießerisch einen Löffel Sorbet in den Mund zu schieben.
    Wir quatschten über die Feiertagsgäste, die nach und nach auf Sylt eintrafen, über die Weihnachtswünsche meiner Kinder und die Zutaten der Gerichte. Ich fühlte, wie die Anspannung langsam von mir abfiel.
    Nach dem Dessert wurde hausgemachte Kokos- und Lavendelschokolade gereicht, und Danijel kam noch einmal zu uns. «Tut mir leid, dass ich nicht mehr Zeit für euch hatte. Hat es geschmeckt?» Er blieb am Tisch stehen und musterte uns fragend.
    «Es war phantastisch. Ich weiß nicht, wann ich zuletzt so unglaublich gut gegessen habe.» Ich meinte jedes Wort, wie ich es sagte.
    «Das freut mich. Frauen essen ja gern leicht, da kommt meine Kräuterküche gut an.»
    «Das gilt nicht nur für Frauen, mein Lieber.» Oke erhob sein Glas in Richtung des Küchenchefs. «Ich fand es auch herausragend. Einiges habe ich trotz eiserner Konzentration nicht herausgeschmeckt, darüber müssen wir in Ruhe reden.»
    «Kauf dir mein Kochbuch!» Die Männer lachten und klatschten sich ab. «Sehen wir uns gegen sechs wieder hier? Dann können wir mit den Kollegen fachsimpeln.»
    «Gern», lächelte Oke.
    Danijel verabschiedete sich, spazierte zurück zur Küche und blieb unterwegs immer wieder an einem der Tische stehen, um mit den Gästen zu sprechen.
    «Wenn du Lust hast, können wir einen Ku’damm-Bummel machen. Ich müsste nur meine Jacke aus dem Zimmer holen», schlug Oke schließlich vor. «Willst du mitkommen oder hier auf mich warten?»
    «Ich komme mit.» Nie im Leben hätte ich auch nur eine Sekunde allein im Restaurant sitzen und warten können. Ich wäre durchgedreht oder hätte in kürzester Zeit einen Zustand der Volltrunkenheit erreicht.
     
    «Wieso hast du eigentlich ein Zimmer? Bleibst du länger in Berlin?», fragte ich kurze Zeit später.
    Au Backe, klang das jetzt nach Hoffnung? Oke ging vor mir einen typischen Hotelflur entlang, hellbrauner Fußboden, links und rechts nummerierte Türen, Bilder an den Wänden, alles sehr ordentlich, edel und relativ neu. Als er stehen blieb, um das Kärtchen in den dafür vorgesehenen Schlitz an seiner Tür zu stecken, rannte ich ihn beinahe um. Es durchfuhr mich wie ein Blitz – da war er wieder, dieser wunderbare Geruch. Ich wollte Oke küssen, das war das Einzige, woran ich denken konnte. Ich wollte seine weichen Lippen spüren und mich einfach fallen lassen. Wann hatte ich das letzte Mal mit Toni geschlafen? Wieso konnte ich mich daran nicht erinnern?
    Es entstand ein kurzer Moment der Verlegenheit. Ich kam mir vor wie damals, als ich im Sportunterricht in meiner ausgeleierten Minnie-Maus-Unterwäsche vor der ganzen Klasse am Seil hatte hochklettern müssen, weil der Lehrer mich dazu erziehen wollte, die Sportklamotten nicht mehr zu vergessen. Tatsächlich erreichte er nur, dass ich ihn für den Rest meiner Schulzeit abgrundtief hasste.
    Oke schob die Tür auf, und mir stockte bei dem phantastischen Ausblick fast der Atem. Drei riesige Fenster eröffneten den Blick über die Stadt. Auf der einen Seite sah ich die Gedächtniskirche, auf der anderen Häuser, so weit ich unter dem grauen Winterhimmel schauen konnte.
    Eigentlich bewohnte Oke kein Zimmer, sondern eine Suite. Es gab einen Schreibtisch, ein breites Bett mit dunkelbraun gemusterter Tagesdecke und eine kleine Sitzecke mit beigefarbenen Polstersesseln und einem kleinen Sofa neben einem der Fenster. Im modernen Wandschrank war bestimmt ein Flatscreen versteckt, denn daneben lag eine Fernbedienung. Außerdem entdeckte ich eine moderne Kaffeemaschine, für die George Clooney Werbung machte.
    «Bin gleich wieder da – dann muss ich noch kurz mit meinen Leuten in Westerland telefonieren. Danach können wir los.» Damit verschwand Oke im Badezimmer.
    Ich setzte mich auf das Bett, streifte meine Stiefel ab und lehnte mich in die weichen Kissen zurück. Nur für einen kurzen Moment entspannen. In der letzten Nacht hatte ich so schlecht geschlafen. Erst hatte ich lange wach gelegen, dann war ich mehrmals wegen sehr phantasievoller Träume aufgewacht, in denen meistens ein Koch die Hauptrolle spielte. Kein Wunder also, dass ich nach dem Alkohol am Mittag das Gefühl hatte, jemand würde mir mit Gewalt die Lider zudrücken. Nur für ein Minütchen

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