Mein Leben in 80 B
dass dies genau der Wahrheit entsprach. Ich war zur Ehebrecherin einfach nicht gemacht.
«Schon gut.» Oke drehte sich um und nahm eine Kaffeekapsel, die er in die Maschine steckte. «Wir sollten die Dinge nicht zerreden. Eigentlich hatte ich gehofft, dass wir über ein paar Angelegenheiten miteinander sprechen könnten.»
Ich war überrascht von seiner Besonnenheit, aber er war noch nicht am Ende.
«Ihr Frauen seid echt seltsam. Ich hab keinen Schimmer, was du eigentlich willst. Aber das bequatschen wir wohl lieber ein andermal.»
Er drehte sich demonstrativ von mir weg, und ich verließ leise weinend das Zimmer.
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15. Kapitel
Im Parkhaus versuchte ich mich zu beruhigen. Was war da gerade passiert? War ich tatsächlich um Haaresbreite mit einem anderen Mann ins Bett gegangen? Und warum hatte ich es dann doch nicht gekonnt? Ich war einfach zu dämlich. Oke war ein toller Mann, und ich hatte ihn behandelt wie den letzten Dreck. Ließ mich von ihm mit Meisterküche vollstopfen, verführte ihn und zog im letzten Moment den Stecker. Wie musste er sich denn jetzt vorkommen? Ich an seiner Stelle würde nie wieder im Leben auch nur ein Wort mit mir sprechen. Am liebsten hätte ich Elissa angerufen, aber die war den ganzen Tag in Hamburg auf einem Seminar.
Meine Taschentuch-Vorräte neigten sich dem Ende zu, außerdem musste ich langsam nach Hause. In einer Stunde würden meine Kinder zurück sein. Meine Kinder! Unverantwortlich, in was ich mich da beinahe hineingeritten hätte. Wenn ich eine Sekunde an Hanna und Tom gedacht hätte, wäre es nie zu diesem Kuss gekommen, geschweige denn zu mehr. Wie hatte ich auch nur einen Moment meine Familie vergessen können, die Menschen, die ich am meisten liebte? Wie hatte ich alles Denken ausschalten und meinem Körper das Kommando überlassen können? Ich war doch kein Teenager mehr.
Ich wollte sofort Toni anrufen, um mich seiner Liebe zu vergewissern. Ich brauchte seine warme Stimme, die mir sagte, dass er mich vermisste und ganz bald wieder zu Hause sein würde. Mir war klar, dass ich mit ihm ausführlich und in Ruhe sprechen musste. Dass ich an unserer Beziehung arbeiten und neue Wege zurück zu ihm, zu meiner großen Liebe finden musste. Daran sollte ich jetzt denken.
Nachdem ich die Nummer von seinem Hotel in Barcelona gewählt hatte, ertönte zunächst das Freizeichen. Ich schaute auf die Uhr im Auto. Es war kurz nach fünf. Da für heute ein Nachtdreh angesetzt war, sollte Toni eigentlich auf seinem Hotelzimmer zu erreichen sein.
«Jaaa?? Halloo? Hallo, wer ist denn da?»
Ohne zu antworten, drückte ich die rote Taste an meinem Handy. Denn am anderen Ende hatte mir eine verschlafene Frauenstimme geantwortet.
Zur Sicherheit verglich ich die gewählte Nummer mit der, die ich in meinen Kalender geschrieben hatte. Für eine Sekunde setzte mein Herzschlag aus. Tatsächlich hatte ich die richtigen Zahlen eingetippt. Ich versuchte, Toni auf seinem Handy zu erreichen, aber das war ausgeschaltet.
Wer war die Frau, die im Zimmer meines Ehemannes wie selbstverständlich ans Telefon ging? Hatte Elissa mit ihren Anschuldigungen am Ende doch recht, und Toni betrog mich seit Ewigkeiten mit irgendeiner Angestellten?
Womöglich war er in den vergangenen Wochen deswegen so selten zu Hause gewesen, und vielleicht hatte er mich gerade aus diesem Grund zu der Reise nach Sylt gedrängt? Bei genauerer Überlegung gab es unzählige Dinge, die auf einmal einen neuen Sinn bekamen. Manchmal telefonierte er und legte schnell auf, wenn ich ins Zimmer kam. Seit Wochen hatte er keinen sexuellen Annäherungsversuch gestartet und mich nicht einmal nach meiner Rückkehr aus Westerland mehr als nur gestreichelt und geküsst wie eine alte Freundin. Wie hatte ich bloß so blind, so naiv sein können?
Kurz überlegte ich, wieder zu Oke zurückzukehren. War ja jetzt ohnehin egal. Vielleicht konnte ich mit ihm ein wenig knutschen und kuscheln oder mich wenigstens ein bisschen von ihm trösten lassen.
Aber ich war innerlich wie tot und zu keiner Regung fähig. Sogar zum Weinen war ich zu geschockt.
Außerdem war Oke wütend auf mich und wollte mich ganz sicher nicht so schnell wiedersehen. Und es wäre nicht gerade ein Plus auf meinem Konto, mich nun von ihm küssen zu lassen, nur weil ich wusste, dass mein feiner Ehemann mich betrog.
Ich musste nach Hause. Ich musste Elissa anrufen. Ich musste nachdenken.
***
«Nun sprich doch erst einmal mit Toni, wenn er nach Hause kommt.
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