Mein Leben in 80 B
Du hast doch überhaupt keine Ahnung, ob deine Vermutungen stimmen. Vielleicht war das nur eine Kollegin, die sich bei ihm auf dem Sofa ausgeruht hat oder nach einem ausgedehnten Essen aus Versehen eingeschlafen ist.» Elissa konnte die Sticheleien wegen meiner Begegnung mit Oke einfach nicht lassen, während sie gleichzeitig versuchte, mich zu beruhigen. «Das soll ja in den besten Familien vorkommen.»
«Ja, sehr witzig. Du bist eine echte Freundin, wirklich. Es tut mir schon fast wieder leid, dass ich dich angerufen habe. Vielleicht hätte ich den ersten Teil über mich und Oke für mich behalten sollen.»
«Ach, Ilselein, das ist doch Unsinn. Und die ganze Aufregung auch. Es bringt niemanden auch nur ein Stück weiter, wenn du jetzt Tonis Sachen packst und vor die Tür schmeißt. Du hast doch selbst ständig beteuert, wie sehr du deinen Mann liebst und wie unfehlbar er ist. Und nun zweifelst du beim allerkleinsten Anzeichen einer Affäre an diesem Traummann?»
«Ha! Siehst du, du sagst auch, er hat eine Affäre.» Wenn ich nicht so wütend gewesen wäre, hätte ich vor lauter Tränen kein Wort herausbekommen. Aber nach dem ersten Schock hatte ich bereits auf der Heimfahrt meine Verzweiflung aus mir herausgeheult. Zu Hause angekommen, war ich darum bemüht gewesen, Haltung zu bewahren. Um die roten Augen und die laufende Nase zu erklären, hatte ich den Kindern etwas von einem Allergieschub vorgeflunkert und versucht, den Abend so gewöhnlich wie möglich ablaufen zu lassen.
Hanna hatte probiert, Toni zu erreichen, der aber weder am Handy noch in seinem Zimmer abnahm. Meine Tochter erklärte sich das mit dem geplanten Nachtdreh, der ihrer Meinung nach wahrscheinlich früher begonnen hatte, und tröstete sich damit, dass ihr geliebter Papi ja bald wieder da sein würde.
Ich wusste es natürlich besser und hatte Elissas Nummer gewählt, sobald die Kinder eingeschlafen waren.
«Ich habe lediglich gesagt, dass eine fremde Frau am Telefon deines Mannes ein
Anzeichen
für eine Affäre ist. Nicht dass er eine
hat
.» Elissa klang wie die Ratgebertante eines billigen Frauenmagazins. «Wenn du so zweifelst, muss doch mehr vorgefallen sein. Habt ihr euch gestritten, oder lag mal ein Spitzenslip in deinem Wäschekorb, der nicht aus dem Hause Lucinda stammte? Waren Lippenstiftspuren an Tonis Hemdkragen, oder macht er mehr Überstunden als sonst?»
Darüber hatte ich auch schon nachgedacht. «In den letzten Tagen ist es ein paarmal passiert, dass Toni plötzlich ein Telefongespräch abgebrochen hat, wenn ich ins Zimmer gekommen bin. Mit den Überstunden kenne ich mich in der Werbung zu wenig aus. Bisher dachte ich, dass ich es merken würde, wenn Toni mich anlügt.» Ich spürte schon wieder einen dicken Kloß im Hals.
«Dann musst du jetzt Detektiv spielen. Guck dir seine E-Mails und seine Handyrechnung an, kontrollier, ob er bestimmte Nummern häufiger anruft als andere, und vielleicht wirfst du einen Blick in seinen Kalender …»
«Das kann ich nicht.» Allein die Vorstellung war mir zuwider. «Bloß nicht. Das wäre ein totaler Vertrauensmissbrauch. Ich möchte auch nicht, dass Toni Mails liest, die nur für mich bestimmt sind. Stell dir vor, er wüsste, was wir beide austauschen. Oder er würde in meinen Dessous herumwühlen …»
«Das würde euch beiden aber mal ganz guttun, vor allem, wenn es dabei nicht um die Muster in deinem Büro geht, sondern um die Modelle, die du am Körper trägst.» Elissa kicherte, fasste sich dann aber gleich wieder. «Und was das Vertrauen angeht, bist du in Sachen Oke auch nicht gerade mit dem besten Beispiel vorangegangen, meine Beste. Du musst jetzt über deinen Schatten springen und alles gute Benehmen vergessen. Wenn du wissen willst, ob an deinem Verdacht etwas dran ist, dann such nach Anhaltspunkten oder frag Toni, wenn er wieder da ist.»
«Und wenn er mich anlügt?»
«Tja, Herzchen, dann kann ich dir leider auch nicht helfen. Ich komme gern zu dir nach Brandenburg, tröste dich und ertränke den Kummer mit dir im Wein. Aber deine Ehe musst du schon allein retten.»
«Ach, Elissa, warum bist du bloß so weit weg? Ich wünschte, du könntest kurz auf ein Glas vorbeikommen, und wir könnten zusammen über alles reden.»
«Aber das tun wir doch gerade.»
Ich versuchte, mir die Tränen zu verkneifen. «Ja, aber du bist nicht hier, um mich in den Arm zu nehmen und …»
«Das ist das Letzte, was du jetzt brauchst», gab Elissa sich Mühe, mir Mut zu machen. «Bewahr
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