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Mein Leben in 80 B

Mein Leben in 80 B

Titel: Mein Leben in 80 B Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Goerz
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ich mich womöglich würde beschäftigen müssen.
    Andererseits hatte ich noch keinen wirklichen Beweis. Und vor allem hatte ich noch nicht einmal mit Toni über alles gesprochen. Vielleicht war alles nur ein dummes Missverständnis. Ich versuchte, mich zu beruhigen, durchzuatmen und mein Herzklopfen zu ignorieren. In den vergangenen Jahren hatte Toni sich immer bemüht, mein Leben angenehm und schön zu machen. Sollte er sich so sehr geändert haben?
    Ich brauchte mehr Indizien. Also schaltete ich seinen Computer an und loggte mich mit seinem Namen und Kennwort ein. Was die PIN -Codes der EC -Karten oder die Onlinezugänge bei Internethändlern anging, hatten wir keine Geheimnisse voreinander. Daher konnte ich problemlos die Buchstaben- und Zahlenkombinationen eintippen und hatte nun freien Zugang zu seinen E-Mails und Dateien. Ich setzte mich auf den ergonomisch geformten Schreibtischstuhl – falls ich auf weitere eindeutige Hinweise stieß, wollte ich gewappnet sein. Im Internetbrowser überprüfte ich zunächst in der Chronik, welche Seiten Toni in den letzten Tagen aufgerufen hatte: verschiedene Partyausstatter, einen Internet-Buchhändler, einen Spezialisten für Visitenkarten und mehrere Hotel- und Reiseveranstalter. Hotels, natürlich! Wahrscheinlich wartete er nur darauf, dass ich mich schnell wieder vom Acker machte, um dann mit seiner Liebsten in irgendeiner Suite Champagner zu trinken und den Tag zur Nacht zu machen. Vielleicht hatte er mich so zu der Sylttour gedrängt, weil er sich zur gleichen Zeit anderweitig vergnügen wollte?
    Langsam scrollte ich mich durch die eingegangenen und noch nicht gelesenen Mails.
    «Frau Müller gibt Ihnen einen Kredit», ein Angebot für eine besondere Lego
Star Wars
-Edition, Werbemails von Parfümerieketten und Drogerien und die «Bestätigung Ihrer Bestellung» einer Firma für Partybedarf, die sich als Order für mehrere Heizpilze und ein großes beheizbares Zeit herausstellte, wahrscheinlich für irgendeinen Dreh. Abgesehen davon, dass es ungewöhnlich war, dass Toni sich als Chef der Firma selbst um derartigen Kram kümmerte, waren die E-Mails unauffällig. Das einzig Merkwürdige war, dass es überhaupt keine private Nachricht in seinem Posteingang gab. Auch der Papierkorb war komplett gelöscht. Fehlte nur noch der Spam-Ordner.
    Engelchen, alles bleibt wie besprochen, wir treffen uns dann um 16  Uhr bei Julio.
    Das war kein Junk, das wusste ich genau. Der Absender «Werbung 1 @romagnolo.de» war die Praktikantenadresse seiner Agentur, und «Julio» war das spanische Café gleich um die Ecke vom Büro in Berlin-Mitte, sozusagen die Kantine der Werbeagentur Romagnolo. Hier traf sich Toni mit Kunden zu Gesprächen, hier machte die Belegschaft ihre Kaffeepausen. Und hier hatte ich mehrmals mit Toni zusammen gesessen, wenn ich zum Shoppen nach Berlin gefahren war.
    Ich musste tief durchatmen, als ich mir vorstellte, dass die Praktikantin seiner Firma sich in diesem Café ganz ungeniert mit «Engelchen» traf. Vermutlich war das Mädchen gerade mal aus dem Alter raus, in dem sie Toni wegen Verführung Minderjähriger drankriegen konnte, und schon machte sie dem Chef schöne Augen. Tja, auch die Jobs in der Werbebranche waren heiß begehrt, da brauchte es neben Talent und Ideenreichtum offensichtlich manchmal auch echten Körpereinsatz. Immerhin hatte sie meinen Mann bereits dazu gebracht, ihr eine sauteure Halskette zu kaufen. Bestimmt war sie mit zu dem Dreh gefahren, lag nun neben ihm im Bett, himmelte ihn an und schwärmte von der Zweisamkeit an wunderschönen Stränden. Diese blöde Ziege. Der würde ich es zeigen! Mir meinen Mann auszuspannen und unsere Familie zu zerstören! Das würde ich nicht zulassen. Eine Frau, die mit dem Namen Ilse durchs Leben gehen konnte, konnte kämpfen, die gab nicht gleich auf, weil ein Größe- 34 -Heidi-Klum-Double versuchte, ihr den Mann auszuspannen.
    Ich brauchte einen Plan. Und ein Glas Wein.

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    16. Kapitel
    «Mama, wusstest du eigentlich, dass Teenie-Mädchen immer in Rudeln auftauchen? Die sind nie, nie, nie allein unterwegs oder so wie ich mit
einem
Freund. Das nervt so! Wenn da eine in den Bus einsteigt und vor der Tür stehen bleibt, dann sind da in der nächsten Sekunde gleich noch viel mehr Mädchen.» Seit Tom vor einer knappen halben Stunde aus der Schule nach Hause gekommen war, quasselte er ununterbrochen. Er holte kurz Luft, um das Ende seiner aufregenden Geschichte zu erzählen. «Aber ich

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