Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie
half mir, indem er mir einige Berufstricks beibrachte. Er hatte auch meinen Kniff bemerkt, mit dem ich meine mageren Englischkenntnisse verdecken wollte - die Western wurden auf Englisch gedreht und später wurden sie für den Auslandsmarkt synchronisiert. Mein Trick war simpel: Ich lernte meinen Part mit Hilfe des Dolmetschers, der uns bei der korrekten Aussprache half, auswendig. Jedoch hat ein Schauspieler, der eine Sprache nicht beherrscht (beziehungsweise der noch nicht mal ein Schauspieler ist, so wie in meinem Fall), folgendes Problem: Entweder konzentriert er sich auf den Text zu Lasten der Handlung oder aber nur auf die Handlung, worunter der Text leidet. Beides gleichzeitig gelang mir jedoch nicht: Ich konnte nicht natürlich wirken, denn ich beherrschte weder die Sprache noch die Technik.
Um diesem nicht gerade kleinen Problem vorzubeugen, konzentrierte ich mich auf den Anfang und das Ende eines Satzes. Den Mittelteil brummte ich irgendwie. Der Schauspieler mir gegenüber verstand den ganzen Satz nicht genau, aber hörte an meinem Satzende, dass er jetzt dran war. Und ich muss sagen, dass das mit den Amerikanern, die oft intelligente Schauspieler sind, immer funktionierte. Er hatte meinen Trick bemerkt, aber sprach mich nicht darauf an, da ihm meine Methode zupasskam - denn auch wenn ich nicht wirklich gut war, ruinierte ich zumindest nicht die Szene. Auch daran erkennt man einen wahren Schauspieler: Er stellt weniger talentierte und erfahrene Kollegen nicht etwa bloß, sondern versucht, sie in einem besseren Licht erscheinen zu lassen.
Der Vierte im Bunde bei Ave Maria , der Afroamerikaner Brock Peters, war ein großartiger Theaterschauspieler, der einen herausragenden Part in dem Thriller Incident ... und sie kannten kein Erbarmen gespielt hatte.
Den Bösen spielte Kevin McCarthy, der besonders durch seinen Auftritt bei Invasion der Körperfresser bekannt geworden war.
Es handelte sich also um einen echten Profi-Cast (mich selbst ausgenommen). Im Ergebnis wurde Vier für ein Ave Maria zum zweiterfolgreichsten Western des Jahres 1968, der über zwei Milliarden Lire einspielte. Noch erfolgreicher war nur Spiel mir das Lied vom Tod des Großmeisters Sergio Leone.
Im Jahr der Studentenproteste und Massenunruhen ging es in den Italowestern oftmals um (mexikanische} Revolutionen, welche die gesellschaftlichen Umbrüche widerspiegelten. Jemand wie Damiano Damiani entschied sich mit Töte Amigo für eine Mischung aus Unterhaltung und Anklage, doch vor allem war der Western gleichbedeutend mit dem Abenteuer und - wie Pier Paolo Pasolini es einmal formulierte - er bot fast immer gutes Kino.
Ein goldener Moment
Hügel der blutigen Stiefel war der dritte und letzte Western mit Colizzi, der auch hier eine originelle Idee einbaute: den Wanderzirkus. Ein ungewöhnlicher Schauplatz, so wie auch das Casino, wo sich der Showdown des vorherigen Films Vier für ein Ave Maria abgespielt hatte. »Boot Hill« (auf Deutsch »Hügel der Stiefel«) war im Wilden Westen eine Bezeichnung für den Friedhof, denn oft starben die Menschen, wenn sie noch in ihren Stiefeln steckten, sprich in einer Schießerei. Unter den Schauspielern waren der beeindruckende Woody Strode, der, »schwarze Glatzkopf«, der in verschiedenen Western von John Ford gespielt hatte, und der schon erwähnte Lionel Stander. Und natürlich Terence und ich, in denselben Rollen wie in den ersten beiden Western des Regisseurs, mit verschiedenen gemeinsamen Szenen, aber wir waren immer noch »Gefangene« des ernsten Western-Klischees.
Unterdessen bekam ich nun immer öfter Filmangebote und spielte in zwei weiteren Western mit. Der erste war Heute ich ... morgen du! , den Tonino Cervi, der Sohn des großen Gino Cervi, mit einem beeindruckenden Cast, zu dem sogar Tatsuya Nakadai, der Samurai aus den Filmen von Kurosawa, gehörte, drehte. Bei dem zweiten handelte es sich um Die fünf Gefürchteten von Don Taylor, in dem auch Peter Graves mitwirkte, der später in der Serie Mission: Impossible berühmt wurde.
Dagegen war Gott mit uns von Giuliano Montaldo ein Kriegsfilm, der in einem Kriegsgefangenenlager spielte. Hauptdarsteller war der Western-Held Franco Nero, der schon damals ein internationaler Star war. Ich spielte einen gutherzigen Corporal, der für die Verpflegung zuständig ist.
Seltsamerweise kamen all diese Filme, in denen ich keine Hauptrolle spielte, Jahre später erneut auf den Markt, wobei bei dieser Gelegenheit der Name Bud Spencer
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