Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie
drückte, stolperte es plötzlich und ließ mich ebenfalls straucheln. Wir fielen beide hin, und weil ich es nicht unter meiner Körpermasse begraben wollte, drehte ich instinktiv meinen Oberkörper so unglücklich, dass ich mit dem Gesicht gegen einen Granitblock schlug. Das Ergebnis war eine Wunde, die mit sechzig Stichen genäht werden musste, nachdem ich zuvor zwei Liter Blut verloren hatte. In Jenem Moment fürchtete ich um mein Leben, doch zum Glück verkraftete mein Körper auch diesen Unfall gut, ungeachtet meines Alters.
Ich bekam Bluttransfusionen, aber die Ärzte sahen, wie schnell meine roten Blutkörperchen sich vermehrten, stellten sie die Behandlung ein und behielten mich nur zur Beobachtung da. Zwei Tage später wurde ich entlassen, aber mein Gesicht war ein einziges Hämatom - und so konnten wir natürlich nicht weiterdrehen. Ich kann mich noch gut an mein Spiegelbild erinnern: Mir schaute ein geschwollenes Gesicht entgegen, das von den Blutungen grün und blau angelaufen war. Die Produzenten hofften schon gar nicht mehr, den Film überhaupt noch zu Ende drehen zu können, aber nach anderthalb Monaten der Genesung in Italien kehrte ich zurück, um die Dreharbeiten abzuschließen. Damals hatte ich mich auch um meinetwegen erschrocken, vor allem aber hatte ich eine riesige Angst, dieses Kind unter meiner Leibesmasse von 150 Kilogramm zu zerquetschen. Heute wiege ich übrigens »nur« 125 Kilo.
Ein Cameo Auftritt
Unter den jüngeren Komikern habe ich stets Leonardo Pieraccioni bewundert, und das nicht nur, weil er es versteht, die Leute turn Lachen zu bringen, sondern auch wegen seiner liebenswürdigen und sanften Art, die niemals ins Vulgäre abgleitet. Er ist im echten Leben genauso wie in seinen Filmen: ein feiner Kerl. Pieraccioni erwiederte meine Sympathie, indem er mir einen Cameo-Auftritt in Fuochi d'artificio Von diesem Film existiert bislang keine deutsche Fassung (»Feuerwerk«) anbot. Als der Film in Florenz gedreht wurde, war ich dort gerade kurz zu Besuch und schaute bei ihm vorbei. Er sagte mir: »Wenn du heute Abend noch da bist, dann lass ich dich einen Cameo-Auftritt spielen. Das wäre mir wirklich ein großes Vergnügen.«
Und so entstand die Karikatur eines blinden Sängers mit Baskenmütze und Halstuch, der unter einem Balkon ein furchtbar schief klingendes Ständchen darbietet. Lieber Leonardo, glaube mir: Das Vergnügen war ganz auf meiner Seite.
Die Welt aus sicht der Regie
Im Vergleich zu meinen anderen Filmen fiel der spanische Thriller To the Limit - in den Armen der Bestie , gedreht von Regisseur Eduardo Campoy im Jahre 1997, ziemlich aus dem Rahmen: Es handelte sich um eine Art Horrorfilm, der perfekt zu der damals aktuellen »Mode« blutrünstiger Filme passte, die von Das Schweigen der Lämmer initiiert worden war. In der Geschichtegelingt es einem mörderischen Psychopathen, per Anruf in eine Radio-Livesendung geschaltet zu werden (wer weiß, ob Giorgio Paletti den Film gesehen hat – sein Roman Ich töte hat haargenau den gleichen Anfang). Die Identität des Mörders ist den Zuschauern von Anfang an bekannt, und alles drehe sich darum, ob es dem von mir verkörperten Polizisten gelingt, den Killer zu stoppen, obwohl er über weniger Informationen als das Publikum verfügt. Auch hier war ich der einzige Italiener im Cast, der ansonsten aus hochkarätigen spanischen Schauspielern bestand, die in ihrer Heimat sehr bekannt waren.
Ebenso außergewöhnlich war der zweite Film, den ich mit Edoardo Campoy drehte, bei dem er jedoch nicht die Regie führte, sondern der Produzent war: In Söhne des Windes von Regisseur José Miguel Juarez spiele ich einen spanischen Schiffbrüchigen zu Zeiten der Konquistadoren und der aztekischen Herrschers Montezuma. Diese Rollen, die mich auch dank meines Alters immer weiter von meiner üblichen Paraderolle des »kindischen Riesen« entfernten, waren jedoch noch nichts im Vergleich zu der Rolle, die ich einige Jahre später im Film Cantando dietro i paraventi (»Singen hinter den Wandschirmen«) von Ermanno Olmi spielen sollte.
Es gibt Regisseure, die mir ihren Filmen vor allem ihre eigene poetische Welt zeigen wollen, ganz unabhängig vom Erfolg an den Kinokassen; Regisseure, die zwar nicht viele, aber dafür umso hochwertigere Filme drehen. Die Kritik liebt sie, die Filmgeschichte nimmt sie in ihre Annalen auf, das Publikum feiert sie oder auch nicht, doch die Regisseure selbst machen unbeirrt weiter,
Weitere Kostenlose Bücher