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Mein Leben mit Wagner (German Edition)

Mein Leben mit Wagner (German Edition)

Titel: Mein Leben mit Wagner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Thielemann
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Mimes Höhle Siegfried zur Welt gebracht und ist bei der Geburt gestorben. Der Zwerg zieht den Knaben in der Hoffnung groß, dass dieser für ihn einst Fafner erlege.
    1. Akt: Mime und Siegfried hassen sich. Der Zwerg schmiedet für den Jungen ein Schwert, das dieser mühelos zertrümmert. Umgekehrt will es Mime nicht gelingen, aus den zerbrochenen Stücken, die Sieglinde ihm gab, Nothung neu zusammenzufügen. Wotan erscheint als Wanderer und fordert Mime zu einer Wissenswette heraus. Auf die Frage, wer Nothung schmieden werde, weiß Mime die Antwort nicht, Wotan gibt sie ihm höhnisch: «nur wer das Fürchten /nie erfuhr». Siegfried kehrt zurück und versucht sich selbst an den Trümmern des Schwerts («Nothung! Nothung! /Neidliches Schwert!»), was ihm prompt gelingt. Mime erkennt, dass Siegfried es ist, der das Fürchten nicht kennt, und schickt ihn in den Wald zu Fafner. Mit einem einzigen Hieb zerschlägt Siegfried Mimes Amboss.
    2. Akt: Vor Fafners Höhle lauert Alberich. Der Wanderer warnt ihn vor Mimes Gier, Alberich wiederum warnt Fafner vor Siegfried und will ihm, fürsorglich wie er ist, den Ring entwenden. Fafner aber fühlt sich sicher. Mime möchte, dass Siegfried mit dem Drachen kämpft, Siegfried jagt ihn in den Wald und streckt sich unter einer Linde aus. Mit seinem Horn weckt er Fafner und erlegt ihn rasch. Durch die Berührung mit dem Drachenblut versteht Siegfried plötzlich die Sprache der Natur und des Waldvogels, der ihm rät, Tarnhelm und Ring aus der Höhle zu holen. Über die Beute geraten Alberich und Mime in Streit, schließlich erschlägt Siegfried seinen Ziehvater. Der Waldvogel verspricht dem Helden, ihn zu einem herrlichen Weib zu führen («Hei! Siegfried erschlug /nun den schlimmen Zwerg!»).
    3. Akt: Unter Sturm, Blitz und Donner befragt Wotan Erda nach seiner Zukunft («Wache, Wala!»), doch die Urmutter sieht keinen Ausweg für ihn. Siegfried nähert sich dem Brünnhildenfelsen und zerschlägt Wotans Speer, als dieser ihn aufzuhalten versucht. Damit ist die Macht des Göttervaters endgültig gebrochen. Furchtlos durchschreitet Siegfried das Feuer und küsst Brünnhilde wach. Die Walküre begrüßt den Helden («Heil dir, Sonne!») und versucht, ihm seine Verantwortung als Retter der Welt vor Augen zu führen. Siegfried aber, ganz Mann, gibt sich lieber seiner Leidenschaft hin.
    Im «Siegfried» betritt also der lang ersehnte Retter und Erlöser die Bühne. Anders als der Holländer oder Lohengrin aber kommt er nicht von außen, sondern wird im Stück für das Stück geboren. Das Publikum wohnt seiner Zeugung in der «Walküre» ebenso bei, wie es in der «Götterdämmerung» seinen Tod betrauert. Siegfrieds kurzes Leben ist ganz und gar dem «Ring» geweiht, es ist der Lackmustest, an ihm bricht und entscheidet sich das Schicksal der Welt. Entsprechend bleibt die Figur merkwürdig geschlechtslos und taugt wenig zur Identifikation. Dieser Held mordet, ohne Reue zu empfinden, er vergewaltigt und verrät und trinkt jeden Zaubertrank, den man ihm hinstellt. Vielleicht ist es logisch, dass Siegfried am Ende scheitert. Einer allein, sagt Wagner, kann die Welt nicht retten. So wie einer allein den «Ring» nicht stemmen kann. Das schaffen wir Musiker, Sänger, Bühnenbildner, Regisseure und Intendanten nur gemeinsam, wenn überhaupt.
    Apropos: Ich bin fest davon überzeugt, dass Wagner die Notwendigkeit der Szene, des Theatralischen mit einkomponiert hat. Gerade im «Siegfried», in diesen ellenlangen Zweierkisten, sind der Dirigent und die Sänger auf die Regie angewiesen. Mit Musik alleine kommt man hier nicht weit. Der Dirigent wird an diesem «Zweiten Tag» nicht nur an die Grenzen seiner Kraft geführt, sondern auch an die Grenzen seiner Macht. Er hat nicht die Macht, in die Bresche zu springen, wenn die Szene versagt. Er kann nicht alles, was oben auf der Bühne an Energie und Spannung fehlt, unten im Graben kompensieren. So ist das von Wagner nicht gemeint. Das merkt man übrigens auch gewissen Aufnahmen an: Da können hervorragende Kapellmeister am Werk sein, exzellente Sänger, alles fabelhaft – trotzdem fehlt in den großen Auseinandersetzungen und Rekapitulationen etwas. Und das ist die Szene, das hörende Auge.
    «Dritter Tag: Götterdämmerung»
    So wie am Ende des «Dritten Tages» der Rhein tsunamimäßig über die Ufer tritt, den Weltenbrand löscht und der Natur zurückgibt, was ihrer ist, das Edelmetall, den Rohstoff Gold, so tritt auch die «Götterdämmerung»

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