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Mein Leben mit Wagner (German Edition)

Mein Leben mit Wagner (German Edition)

Titel: Mein Leben mit Wagner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Thielemann
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über alle Ufer. Mit viereinhalb Stunden reiner Spieldauer ist sie das längste Werk der Tetralogie, den drei Akten stellt Wagner ein zweiteiliges szenisches Vorspiel voran, und in fünf ausgewachsenen Orchesterzwischenspielen meldet sich hier die absolute Musik zu Wort – als komponierter Szenen- und Stimmungswechsel, aber offenbar auch als einzige Möglichkeit, das, was noch zu sagen bleibt, auf den Punkt zu bringen. Die Übergänge, die Wagner in «Rheingold», «Walküre» und «Siegfried» zwischen einzelnen Szenen geschaffen hat, entfalten nun ein Eigenleben. Und das musikalische Vokabular, das Wagner im «Ring» anhäuft, das Netz seiner «Leit-» oder «Erinnerungsmotive» erreicht in der «Götterdämmerung» eine Dichte, die sich dem direkten dramatischen Entwurf zu entziehen beginnt. Das hat zur Folge, dass die äußere Handlung, das Bühnen-Jetzt, immer öfter stillsteht. Die Zukunft wird knapp, stattdessen gewinnen Erinnerung und Reflexion Raum, das Epische an sich. Nichts passiert mehr einfach so, alles bedeutet oder ist mit Bedeutung aufgeladen. Alte Menschen, heißt es, lebten oft mehr in der Vergangenheit als in der Gegenwart. So ist das in der «Götterdämmerung» auch. Farblich übrigens vollzieht sie einen interessanten Bogen: vom rötlichen Braun des Beginns bis zum satten Gelb einer untergehenden Sonne in Des-Dur.
    Der Dirigent – und das ist ungeheuer wichtig – sollte trotzdem nicht in die Falle gehen und nur noch Weihevollitäten walten lassen. Das wäre falsch, und das zeigt Wagner auch . Die Nornen-Szene im Vorspiel etwa darf in ihrem Orakel-Charakter keinesfalls ersterben, vor allem vom Tempo her nicht. Trotz gestopfter Trompeten und gedämpfter Streicher braucht sie eine gewisse Luftigkeit und Nonchalance, sonst stellt sich die Verbindung zu den kleinen Schwestern der Nornen, den Rheintöchtern, nicht her; sonst sieht es so aus, als hätte man das «Rheingold» längst vergessen. Und überhaupt: Wozu sollte Wagner in der Einleitung zum Vorspiel das große Orchesterpedal bemühen, wenn alles bereits besiegelt ist? Wie leise die Tuben und Posaunen hier einsetzen, so richtig subversiv, wie einem dieser Schub aus tiefsten Tiefen in den Unterleib fährt, ganz ohne obertönigen Glanz und ohne dass man einen einzigen Übergang bemerkte: Von dieser Erotik könnte sich die Pop-Branche wahrlich etwas abschneiden. Motivisch erklingt hier Brünnhildes Erwachen aus dem dritten Akt des «Siegfried», der Blick ihres erkennenden, liebenden Auges. Einen halben Ton nur setzt Wagner dieses Motiv nun nach unten – und prompt ist all sein Jubel wie ausgelöscht. Was kommt, wird schwer, sagt diese Modulation. Doch wäre sie nicht ebenso leicht wieder rückgängig zu machen?
    Besetzung
    Zu Siegfried, Brünnhilde und Alberich gesellt sich nun der Hofstaat der Gibichungen hinzu: der schwache Gunther (Bariton), seine Schwester Gutrune (Sopran) und beider böser Halbbruder Hagen (Bass), der Sohn Alberichs. Neu ist auch Brünnhildes Schwester Waltraute (Alt), der eine der schönsten Erzählungen im ganzen «Ring» gehört. Den drei Nornen zu Beginn des «Dritten Tags» entsprechen die wiederkehrenden Rheintöchter an dessen Ende.
    Das Orchester bleibt auch hier unverändert, nur die Bühnenmusik legt mit einem Horn in F, vier Hörnern in C und je einem Stierhorn in C, Des und D etwas zu.
    Handlung
    Die Schauplätze sind: der Walkürenfelsen, Gunthers Hofhalle am Rhein, der Platz vor dieser Halle sowie eine waldige Gegend am Rhein. Drei Akte, zwei Pausen.
    Vorspiel: Wotan hat den Untergang der Götter beschlossen. Sobald der Ring wieder im Besitz der Rheintöchter ist, will er Walhall in Brand stecken. Die drei Nornen, Töchter Erdas, spinnen am Seil des Schicksals («weißt du wie das wird?»), bis dieses reißt. Derweil dürstet es Siegfried nach neuen Taten. Brünnhilde lässt ihn ziehen und gibt ihm ihr Pferd Grane mit auf die Rheinfahrt. Im Gegenzug schenkt er ihr den Ring.
    1. Akt: Hagen lockt den unvermählten Gunther mit Brünnhilde, die nur der Stärkste erobern könne: Siegfried. Gemeinsam entwerfen sie eine Intrige. Siegfried, ihr Opfer, wird am Gibichungenhof mit offenen Armen empfangen, und Gutrune reicht ihm einen Vergessenstrank, der ihn sogleich in Liebe zu ihr entbrennen lässt. Schnell ist Siegfried bereit, mit Hilfe des Tarnhelms bei Brünnhilde für Gunther zu werben. Die beiden Männer brechen zum Walkürenfelsen auf. Waltraute versucht, Brünnhilde zur Herausgabe des Rings zu bewegen,

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