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Mein Leben Ohne Gestern

Mein Leben Ohne Gestern

Titel: Mein Leben Ohne Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Genova
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geht das schon so?«
    »Seit September, vielleicht seit diesem Sommer.«
    »Alice, ist irgendjemand mit Ihnen hierhergekommen?«
    »Nein.«
    »Okay. In Zukunft müssen Sie mit einem Familienangehörigen oder jemand anders, der Sie regelmäßig sieht, herkommen. Sie klagen über ein Problem mit Ihrem Gedächtnis, und Sie selbst sind vielleicht nicht die zuverlässigste Quelle für das, was passiert ist.«
    Sie war verlegen wie ein Kind. Und seine Worte »in Zukunft« quälten sie bei jedem ihrer Gedanken, verlangten beharrlich nach Aufmerksamkeit, wie ein tropfender Wasserhahn.
    »Okay«, sagte sie.
    »Nehmen Sie irgendwelche Medikamente?«
    »Nein, nur Multivitamine.«
    »Irgendwelche Schlaftabletten, Diätpillen, Drogen irgendwelcher Art?«
    »Nein.«
    »Wie viel trinken Sie?«
    »Nicht viel. Ein, zwei Gläser Wein zum Abendessen.«
    »Sind Sie Veganerin?«
    »Nein.«
    »Hatten Sie je irgendwelche Kopfverletzungen?«
    »Nein.«
    »Hatten Sie irgendwelche Operationen?«
    »Nein.«
    »Wie schlafen Sie?«
    »Sehr gut.«
    »Waren Sie je depressiv?«
    »Nicht, seit ich ein Teenager war.«
    »Wie ist Ihr Stresspegel?«
    »Wie immer. Unter Stress blühe ich auf.«
    »Erzählen Sie mir von Ihren Eltern. Wie sieht es mit deren Gesundheit aus?«
    »Meine Mutter und meine Schwester kamen bei einem Verkehrsunfall ums Leben, als ich neunzehn war. Mein Vater starb letztes Jahr an Leberversagen.«
    »Hepatitis?«
    »Zirrhose. Er war Alkoholiker.«
    »Wie alt war er?«
    »Einundsiebzig.«
    »Hatte er noch irgendwelche anderen gesundheitlichen Probleme?«
    »Nicht dass ich wüsste. Ich habe ihn in den letzten Jahren nicht sehr oft gesehen.«
    Und wenn sie ihn gesehen hatte, war er wirr im Kopf und betrunken gewesen.
    »Wie sieht es mit anderen Familienangehörigen aus?«
    Sie berichtete ihm das wenige, was sie über die Krankengeschichte ihrer weiteren Verwandtschaft wusste.
    »Okay, ich werde Ihnen jetzt einen Namen und eine Adresse sagen, und Sie werden sie für mich wiederholen. Danach werden wir ein paar andere Dinge tun, und später werde ich Sie bitten, denselben Namen und dieselbe Adresse noch einmal zu wiederholen. Also, los geht’s: John Black, 42 West Street, Brighton. Können Sie das für mich wiederholen?«
    Sie tat es.
    »Wie alt sind Sie?«
    »Fünfzig.«
    »Welches Datum haben wir heute?«
    »22. Dezember 2003.«
    »Welche Jahreszeit haben wir?«
    »Winter.«
    »Wo sind wir im Augenblick?«
    »Achter Stock, MGH.«
    »Können Sie mir ein paar Straßen hier in der Nähe nennen?«
    »Cambridge, Fruit, Storrow Drive.«
    »Okay, welche Tageszeit haben wir?«
    »Vormittag.«
    »Sagen Sie die Monate des Jahres von Dezember rückwärts auf.«
    Sie tat es.
    »Zählen Sie von einhundertundsieben rückwärts.«
    Bei zweiundsiebzig ließ er sie abbrechen.
    »Benennen Sie diese Gegenstände.«
    Er zeigte ihr sechs Karten mit Bleistiftzeichnungen.
    »Hängematte, Feder, Schlüssel, Stuhl, Kaktus, Handschuh.«
    »Okay, bevor Sie auf das Fenster zeigen, berühren Sie bitte Ihre rechte Wange mit der linken Hand.«
    Sie tat es.
    »Können Sie einen Satz über das heutige Wetter auf dieses Blatt Papier schreiben?«
    Sie schrieb: »Es ist ein sonniger, aber kalter Wintermorgen.«
    »Und jetzt zeichnen Sie eine Uhr, auf der es zwanzig vor vier ist.«
    Sie tat es.
    »Und jetzt malen Sie dieses Bild ab.«
    Er zeigte ihr eine Abbildung zweier sich überschneidender Fünfecke. Sie malte sie ab.
    »Okay, Alice, setzen Sie sich auf den Tisch, wir werden jetzt eine neurologische Untersuchung durchführen.«
    Sie folgte seiner Stiftlampe mit den Augen, sie klopfte raschhintereinander Daumen und Zeigefinger aneinander, sie ging, einen Fuß genau vor den anderen setzend, auf einer geraden Linie durchs Zimmer. Sie tat alles rasch und mit Leichtigkeit.
    »Okay, wie lauten der Name und die Adresse, die ich Ihnen vorhin genannt habe?«
    »John Black …«
    Sie hielt inne und forschte in Dr. Davis’ Gesicht. An die Adresse konnte sie sich nicht erinnern. Was hatte das zu bedeuten? Vielleicht hatte sie einfach nicht gut genug aufgepasst.
    »Es war Brighton, aber an die Straße und die Hausnummer kann ich mich nicht erinnern.«
    »Okay, war es vierundzwanzig, achtundzwanzig, zweiundvierzig oder achtundvierzig?«
    Sie wusste es nicht.
    »Raten Sie.«
    »Achtundvierzig.«
    »War es die North Street, South Street, East Street oder West Street?”
    »South Street?«
    Seine Miene und Körpersprache verrieten nicht, ob sie richtig geraten hatte, aber wenn sie

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