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Mein Leben Ohne Gestern

Mein Leben Ohne Gestern

Titel: Mein Leben Ohne Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Genova
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verblüffend sichtbar sein. Die Leerstellen, in denen sie einmal gewohnt hatte.
    »Ja, das würde ich gern tun.«
    John zuckte zusammen.
    »Gut, dann werde ich Sie die entsprechenden Unterlagen ausfüllen lassen, bevor Sie gehen. John, könnte ich dann bitte den Fragebogen haben, den Sie in der Hand halten?«
    Was hat er darin über mich gesagt? Sie würden nie darüber reden.
    »Wann hat Alice Ihnen von ihrer Diagnose erzählt?«
    »Gleich nachdem Sie es ihr gesagt hatten.«
    »Okay, was würden Sie sagen, wie sie sich seitdem gehalten hat?«
    »Sehr gut, denke ich. Das mit dem Telefon stimmt. Sienimmt es inzwischen gar nicht mehr ab. Entweder gehe ich dran, oder der Anrufbeantworter schaltet sich ein. Sie klebt inzwischen fast schon zwanghaft an ihrem Blackberry. Manchmal sieht sie morgens alle paar Minuten darin nach, bevor sie aus dem Haus geht. Es ist nicht leicht, das mit anzusehen.«
    Ohnehin erschien es ihr immer mehr so, als könne er es nicht ertragen, sie anzusehen. Und wenn er es doch tat, dann mit einem klinischen Blick, als sei sie eine seiner Laborratten.
    »Gibt es sonst noch irgendetwas, etwas, das Alice vielleicht nicht erwähnt hat?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    »Was ist mit ihrer Stimmung und ihrer Persönlichkeit, sind Ihnen da irgendwelche Veränderungen aufgefallen?«
    »Nein, sie ist so wie immer. Ein bisschen defensiv vielleicht. Und stiller, sie knüpft nicht mehr so oft ein Gespräch an.«
    »Und wie geht es Ihnen?«
    »Mir? Gut.«
    »Ich habe hier ein paar Informationen über unsere Selbsthilfegruppe für pflegende Angehörige, die ich Ihnen gern mitgeben würde. Denise Daddario ist unsere Sozialarbeiterin hier. Sie sollten einen Termin bei ihr vereinbaren und sie einfach wissen lassen, was los ist.«
    »Ist das ein Termin für mich?«
    »Ja.«
    »Wirklich, das brauche ich nicht, es geht mir gut.«
    »Okay, na schön, diese Hilfsangebote sind jedenfalls für Sie da, falls Sie irgendwann feststellen sollten, dass Sie sie doch brauchen. Und jetzt habe ich noch ein paar Fragen an Alice.«
    »Ehrlich gesagt, wollte ich mit Ihnen gern noch über zusätzliche Therapien und klinische Versuche sprechen.«
    »Okay, dazu können wir später noch kommen, aber lassen Sie uns zuerst Alice’ Test abschließen. Alice, welchen Wochentag haben wir heute?«
    »Montag.«
    »Und wann sind Sie geboren?«
    »11. Oktober 1953.«
    »Wer ist der Vizepräsident der Vereinigten Staaten?«
    »Dick Cheney.«
    »Okay, ich werde Ihnen jetzt einen Namen und eine Adresse nennen, und Sie werden sie für mich wiederholen. Und später werde ich Sie bitten, sie noch einmal zu wiederholen. Sind Sie so weit? John Black, 42 West Street, Brighton.«
    »Dasselbe wie letztes Mal.«
    »Ja, sehr gut. Können Sie das jetzt für mich wiederholen?«
    »John Black, 42 West Street, Brighton.«
    John Black, 42 West Street, Brighton.
    John trägt nie Schwarz, Lydia lebt drüben im Westen, Tom lebt
    in Brighton, vor acht Jahren war ich zweiundvierzig.
    John Black, 42 West Street, Brighton.
     
    »Okay, können Sie bis zwanzig und wieder zurück zählen?«
    Sie tat es.
    »Und jetzt möchte ich Sie bitten, mit den Fingern Ihrer linken Hand die Zahl anzuzeigen, an deren Stelle im Alphabet der erste Buchstabe der Stadt steht, in der Sie sich befinden.«
    Sie wiederholte im Kopf, was er soeben zu ihr gesagt hatte, und machte dann mit ihrem linken Zeige- und Mittelfinger das Friedenszeichen.
    »Gut. Nun, was ist das hier an meiner Armbanduhr?«
    »Eine Schnalle.«
    »Okay, und jetzt schreiben Sie bitte einen Satz über das heutige Wetter auf dieses Blatt Papier.«
    Es ist dunstig, heiß und feucht.
    »Zeichnen Sie jetzt auf der anderen Seite dieses Papiers eine Uhr, auf der es Viertel vor vier ist.«
    Sie zeichnete einen großen Kreis und fügte die Zahlen ein, oben angefangen mit der Zwölf.

    »Hoppla, da habe ich den Kreis wohl ein bisschen zu groß gemacht.«
    Sie kritzelte es hin.
    15.45 Uhr.
    »Nein, nicht digital. Ich möchte eine analoge Uhr haben«, sagte Dr. Davis.
    »Na ja, wollen Sie sehen, ob ich zeichnen kann oder ob ich noch immer die Uhrzeit sagen kann? Wenn Sie mir ein Zifferblatt zeichnen, kann ich Ihnen 15.45 Uhr eintragen. Zeichnen konnte ich noch nie gut.«
    Als Anna drei war, liebte sie Pferde und bat Alice immer, ihr welche zu zeichnen. Alice’ Darstellungen von Pferden sahen bestenfalls wie postmoderne Drachenhunde aus und konnten nicht einmal die wilde und großzügige Fantasie ihres Vorschulkindes befriedigen. Nein,

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