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Mein Leben Ohne Gestern

Mein Leben Ohne Gestern

Titel: Mein Leben Ohne Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Genova
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galt intravenöses Immunglobulin bereits als sicher und wirksam für die Behandlung primärer Immundefizienzen und einer Reihe autoimmuner neuromuskulärer Störungen. Es war teuer und würde aufgrund seines Off-Label-Einsatzes nicht von der Versicherung übernommen werden, war aber jeden Preis wert, wenn es klappte.
    »Ich selbst hatte noch nie einen Patienten, der sich dieser Behandlung unterzogen hat. Ich bin nicht grundsätzlich dagegen, aber wir kennen die richtige Dosierung nicht, und es ist eine sehr ungenaue und grobe Methode. Ich würde mir davon allenfalls bescheidene Ergebnisse erwarten.«
    »Wir nehmen das Bescheidene«, sagte John.
    »Okay, aber Sie müssen sich darüber im Klaren sein, was Sie dafür aufgeben. Wenn Sie sich für die IVIg-Therapie entscheiden, dann würde Alice für keine dieser klinischen Studien mit Behandlungen infrage kommen, die möglicherweisespezifischer sind und die Krankheit deutlicher abschwächen könnten.«
    »Aber sie hätte die Garantie, nicht in einer Placebo-Gruppe zu landen.«
    »Das stimmt. Jede Entscheidung ist mit einem Risiko verbunden.«
    »Müsste ich das Aricept und das Namenda absetzen, um an der klinischen Studie teilnehmen zu können?«
    »Nein, die könnten Sie weiterhin nehmen.«
    »Könnte ich mich einer Östrogenersatztherapie unterziehen?«
    »Ja. Es gibt genügend anekdotische Beweise, die den Schluss nahelegen, dass das zumindest einen gewissen Schutz bietet. Daher wäre ich bereit, Ihnen ein Rezept für Combipatch auszustellen. Aber auch das würde als experimentelles Medikament gelten, und Sie würden nicht an der Amylex-Studie teilnehmen können.«
    »Wie lange würde ich in der Studie sein?«
    »Die Studie läuft über fünfzehn Monate.«
    »Wie ist der Name Ihrer Frau?«, fragte Alice.
    »Lucy.«
    »Was würden Sie für Lucy wollen, wenn sie diese Krankheit hätte?«
    »Ich würde wollen, dass sie an der Amylex-Studie teilnimmt.«
    »Das heißt, Amylex ist die einzige Option, die Sie empfehlen können?«, fragte John.
    »Ja.«
    »Ich denke, wir sollten es mit der IVIg versuchen, zusammen mit Flurbiprofen und Combipatch«, sagte John.
    Im Raum wurde es völlig still. Eine gewaltige Menge an Informationen war soeben ausgetauscht worden. Alice presste sich die Finger auf die Augen und versuchte, analytisch über ihre Behandlungsoptionen nachzudenken. Sie versuchte angestrengt, Säulen und Reihen in ihrem Kopf aufzustellen, umjedes einzelne Medikament zu vergleichen, aber das imaginäre Diagramm half ihr nicht weiter, und sie warf es in den imaginären Müll. Stattdessen dachte sie konzeptuell nach und kam zu einem einzigen klaren Bild, das Sinn ergab. Eine Schrotflinte oder eine einzige Kugel.
    »Sie müssen Ihre Entscheidung ja nicht heute treffen. Sie können erst einmal nach Hause fahren und darüber nachdenken und sich dann wieder bei mir melden.«
    Nein, sie musste nicht länger darüber nachdenken. Sie war Wissenschaftlerin. Sie wusste, wie es war, auf der Suche nach der unbekannten Wahrheit alles zu riskieren, ohne irgendwelche Garantien zu haben. Wie sie es im Laufe der Jahre bei ihrer eigenen Wissenschaft so oft getan hatte, wählte sie die Kugel.
    »Ich will an der Studie teilnehmen.«
    »Ali, ich finde, du solltest mir hier vertrauen«, sagte John.
    »Ich kann immer noch meine eigenen Schlüsse ziehen, John. Ich will an der Studie teilnehmen.«
    »Okay, dann hole ich Ihnen jetzt die Unterlagen, die Sie unterzeichnen müssen.«
     
    (Arztsprechzimmer innen. Der Neurologe hat den Raum verlassen. Der Ehemann spielt mit seinem Ring. Die Frau hofft auf eine Heilung.)

JULI 2004
    »John? John? Bist du zu Hause?«
    Sie war sicher, dass er nicht zu Hause war, aber dieses Gefühl von Sicherheit war inzwischen zu durchlöchert, um noch dieselbe zuverlässige Bedeutung zu enthalten, die es einmal gehabt hatte. Er hatte das Haus verlassen, um irgendwohin zu gehen, aber sie konnte sich nicht mehr erinnern, wann er gegangen war oder wohin er wollte. War er nur rasch zum Geschäft gelaufen, um Milch oder Kaffee zu kaufen? War er losgegangen, um einen Film auszuleihen? In beiden Fällen würde er jeden Augenblick zurück sein. Oder war er hinauf nach Cambridge gefahren? Das würde bedeuten, dass er mindestens für ein paar Stunden und vielleicht sogar über Nacht fort sein würde. Oder hatte er letztendlich doch entschieden, dass er nicht ertragen konnte, was vor ihnen lag, und war einfach weggegangen und würde nie mehr zurückkommen? Nein, das würde er

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