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Mein Leben Ohne Gestern

Mein Leben Ohne Gestern

Titel: Mein Leben Ohne Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Genova
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ist oder Johns Telefon ausgeschaltet ist, wenn Sie sich verlaufen haben?«
    »Wie wär’s dann mit einem Blatt Papier in meiner Tasche, auf dem mein und Johns Name steht, zusammen mit unserer Adresse und unseren Telefonnummern?«
    »Das klappt, solange Sie die Tasche immer bei sich haben. Aber Sie könnten einmal vergessen, die Tasche mitzunehmen. An dieses Armband würden Sie nicht ständig denken müssen.«
    »Das ist eine gute Idee«, sagte John. »Wir werden ihr eines besorgen.«
    »Wie sieht es mit Ihren Medikamenten aus, nehmen Sie regelmäßig die jeweils verschriebene Dosis?«
    »Ja.«
    »Irgendwelche Probleme mit Nebenwirkungen, Übelkeit, Schwindelgefühlen?«
    »Nein.«
    »Abgesehen von dieser Nacht im Büro, haben Sie sonst noch irgendwelche Schlafprobleme?«
    »Nein.«
    »Treiben Sie immer noch regelmäßig Sport?«
    »Ja, ich gehe immer noch laufen, etwa fünf Meilen und normalerweise jeden Tag.«
    »John, laufen Sie auch?«
    »Nein, ich gehe zu Fuß zur Arbeit und nach Hause, das ist alles.«
    »Ich hielte es für eine gute Idee, wenn Sie auch mit dem Laufen anfangen und Alice begleiten würden. Es gibt überzeugende Daten aus Tiermodellen, die den Schluss nahelegen, dass körperliche Bewegung die Akkumulierung von Beta-Amyloid und den kognitiven Verfall verlangsamen kann.«
    »Ich habe diese Studien gesehen«, sagte Alice.
    »Gut, machen Sie also weiter mit dem Laufen. Aber Sie sollten sich einen Laufpartner suchen, damit wir uns keineSorgen machen müssen, Sie könnten sich verirren oder Ihr Laufen auslassen, weil Sie es vergessen haben.«
    »Ich werde anfangen, mit ihr zusammen zu laufen.«
    John hasste Laufen. Er spielte Squash und Tennis und ab und zu ein bisschen Golf, aber er ging niemals laufen. Geistig war er ihr inzwischen mit Sicherheit überlegen, aber körperlich war sie ihm noch immer meilenweit voraus. Ihr gefiel die Vorstellung, mit ihm zusammen zu laufen, aber sie bezweifelte, dass er sich dafür würde begeistern können.
    »Wie ist Ihre Stimmung in letzter Zeit, fühlen Sie sich okay?«
    »Im Großen und Ganzen gut. Ich bin natürlich sehr frustriert und erschöpft davon, alles im Griff behalten zu wollen. Und ich habe ein bisschen Angst davor, was auf uns zukommt. Aber davon abgesehen geht es mir so wie immer, in gewisser Weise sogar noch besser, seit ich es John und den Kindern gesagt habe.«
    »Haben Sie es schon irgendjemand in Harvard gesagt?«
    »Nein, noch nicht.«
    »Konnten Sie in diesem Semester alle Kurse halten und all Ihren beruflichen Verpflichtungen nachkommen?«
    »Ja, es hat mich wesentlich mehr Kraft gekostet als letztes Semester, aber ich konnte es.«
    »Sind Sie allein zu Kongressen und Vorträgen gereist?«
    »Das habe ich im Wesentlichen aufgegeben. Ich habe zwei Vorträge an Universitäten abgesagt, ich habe eine große Konferenz im April gestrichen, und ich werde eine andere in Frankreich in diesem Monat verpassen. Normalerweise reise ich im Sommer viel, das tun wir beide, aber dieses Jahr wollen wir den ganzen Sommer in unserem Haus in Chatham verbringen. Wir fahren nächste Woche.«
    »Gut, das klingt ja wunderbar. Okay, es klingt, als ob Sie den Sommer über in guten Händen sind. Ich denke aber trotzdem, Sie sollten sich für den Herbst einen Plan zurechtlegen, wie Sie es den Leuten in Harvard sagen wollen, vielleicht auch,wie Sie auf eine Weise aus dem Dienst ausscheiden könnten, die Ihnen sinnvoll erscheint. Und ich denke, allein zu verreisen, sollte zu dem Zeitpunkt nicht mehr infrage kommen.«
    Sie nickte. Ihr graute vor dem September.
    »Es gibt auch ein paar juristische Dinge, um die Sie sich jetzt kümmern sollten, letztwillige Verfügungen hinsichtlich einer künstlichen Lebensverlängerung, zum Beispiel eine Vollmacht oder ein Patiententestament. Haben Sie darüber nachgedacht, ob Sie Ihr Gehirn zu Forschungszwecken spenden wollen oder nicht?«
    Sie hatte darüber nachgedacht. Sie stellte sich ihr Gehirn vor, blutlos, formalingetränkt und seltsam kalkfarben in den Händen eines Medizinstudenten. Der Dozent würde auf die diversen Sulci und Gyri hinweisen, würde die Lage des somatosensorischen Cortex, des auditorischen Cortex und des visuellen Cortex erläutern. Der Geruch des Ozeans, die Stimmen ihrer Kinder, Johns Hände und Gesicht. Oder sie stellte sich vor, wie es in dünne koronare Scheiben geschnitten wurde, wie ein exquisiter Schinken, und auf gläsernen Objektträgern angebracht wurde. So präpariert, würden die erweiterten Ventrikel

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