Mein Leben ohne Limits
kannst. Es lohnt sich also, seine Art, Beziehungen zu pflegen, von Zeit zu Zeit auf den Prüfstand zu stellen.
GLEICHGESINNTE
Wenn du ein Ziel vor Augen hast, Hoffnung dazutust, dich annimmst und dem Leben positiv gegenüberstehst, keine Angst hast, durchhalten kannst und aus Veränderungen das Beste machst, hast du das Zeug dazu, es weit zu bringen. Aber alleine wirst du scheitern müssen. Ich für meinen Teil bin sehr stolz auf alles, was ich allein kann. Das hat mich ein gutes Stück Arbeit gekostet. Aber trotzdem bin ich noch von anderen abhängig – wie jeder andere auch.
Ich werde oft gefragt: „Ist das nicht schwer, immer auf andere angewiesen zu sein?“ Und dann antworte ich: „Sag du es mir.“ Ob du willst oder nicht, jeder von uns braucht andere Menschen. Ich muss vielleicht eine andere Art von Hilfe in Anspruch nehmen. Aber kein Mensch auf dieser Erde kann sein Leben meistern, ohne vom Wissen, der Freundlichkeit oder der Hilfsbereitschaft anderer zu profitieren. Jeder braucht tragfähige Beziehungen. Gleichgesinnte. Dafür benötigst du eine Vertrauensbasis und musst beweisen, dass auf dich Verlass ist. Die meisten Leute handeln nämlich zuerst aus Eigeninteresse. Das ist ganz normal. Wenn du aber Interesse an ihnen zeigst und sich für sie einsetzt, werden sie bald dasselbe für dich tun.
AUGENKONTAKT
Als ich noch klein war, nahm mich meine Mom oft zum Einkaufen oder auf ihre sonstigen Gänge mit. Während sie mit ihren Dingen beschäftigt war, verbrachte ich Stunden damit, vom Rollstuhl aus die Gesichter der Leute zu studieren. Ich stellte mir vor, was sie für einen Beruf hatten und welche Art von Charakter. Natürlich habe ich nie erfahren, ob ich mit meinen Kurzprofilen richtiglag, aber ich wurde mit der Zeit richtig geübt darin. Körpersprache, Gesichtsausdruck, das war mein Ding.
Das meiste davon lief wahrscheinlich unbewusst ab. Wenn ich so zurückdenke, habe ich damals wohl instinktiv eine wichtige Fertigkeit gelernt. Mir fehlen ja die Arme, um mich zu verteidigen, oder die Beine, um wegzulaufen. Also brauche ich eine gute Beobachtungsgabe, um schnell beurteilen zu können, ob ich jemandem vertrauen kann oder nicht. Natürlich hatte ich nicht ständig Angst, angegriffen zu werden. Aber ich war vielleicht verletzlicher als alle anderen um mich herum. Und so wurde ich nach und nach ein Meister darin, Menschen zu „lesen“.
Ich kann die Stimmung und die Emotionen der Menschen um mich herum erspüren. Sogar ihre Geräusche verraten mir etwas. Das klingt vielleicht komisch, aber meine Antennen sind so fein, dass jemand nur die Hand auf die Armlehne meines Rollstuhls legen muss, und ich habe das Gefühl, als würden wir uns wirklich berühren. Ich spüre eine echte körperliche Verbindung – so als würden wir uns die Hand geben. Freunde und Familie legen mittlerweile einfach ihre Hand auf den Rollstuhl und ich fühle ihre Wärme und die gegenseitige Annahme.
Das Fehlen der Gliedmaßen hat natürlich auch Einfluss darauf genommen, wie ich als professioneller Redner mit dem Publikum umgehe. Eine Sorge habe ich jedenfalls nicht: Wohin mit den Händen? Ich kommuniziere hauptsächlich über die Mimik und vor allem mit den Augen. Gesten stehen mir ja leider nicht zur Verfügung, um meine Rede zu unterstreichen oder Emotionen zu vermitteln. Deshalb habe ich gelernt, eine Kombination aus Mimik und verschieden geöffneten Augen einzusetzen, damit das Publikum mir auch auf längere Strecken zuhören kann.
Vor Kurzem zog mich meine Schwester auf: „Nick, du bist ja ganz verrückt nach Augenkontakt. Wie du den Leuten immer so intensiv in die Augen guckst! Ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll.“
Michelle kennt mich gut. Ich schaue meinem Gegenüber gern in die Augen. Sie sind das Fenster zur Seele. Ich liebe Augenkontakt, weil man in den Augen der Menschen oft ihre Schönheit entdecken kann. Es gibt Leute, die haben an allem und jedem etwas auszusetzen – ich habe mich entschieden, lieber nach dem Gold zu suchen, das in uns Menschen steckt.
„Du steuerst das Gespräch mit den Augen“, fuhr Michelle fort. „Ich beobachte dich, wenn du mit meinen Freunden sprichst. Du redest nicht drum herum, sondern kommst gleich zum Punkt. Und sie sind ganz gespannt und hören zu! Alles, was du sagst, saugen sie auf wie ein Schwamm.“
Ich habe gelernt, über den Augenkontakt und ein paar Fragen oder Kommentare schnell eine gemeinsame Gesprächsebene auszuloten. Bevor mir die Rückenschmerzen
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