Mein Leben ohne Limits
erlitten hatte und dessen Gehirn dabei irreparabel geschädigt worden war.
Weil mein Körper die Tendenz hat, sich selbst zu garen, gibt es in unserer Familie das geflügelte Wort: „Wenn Nicky mal kalt ist, sind die Enten erfroren.“ Bei allem Augenzwinkern muss ich dennoch wirklich aufpassen. Zu viel Sport, Stress oder ein zu langer Aufenthalt in der Sonne lassen meine Körpertemperatur gefährlich ansteigen. Ich muss stets darauf achten, eine „Kernschmelze“ zu vermeiden.
„Passen Sie bitte auf seine Temperatur auf“, trug meine Mutter dem OP-Team auf. Aber obwohl die Ärzte wussten, dass meine Mutter Krankenschwester war, ignorierten sie ihren Hinweis. Mit viel Geschick trennten sie zwar die beiden Zehen, aber dann trat genau das ein, wovor meine Mutter sie gewarnt hatte. Ich kam völlig durchnässt aus dem OP-Saal, weil die Ärzte auf so einen Temperaturschub überhaupt nicht vorbereitet waren. Als sie die Gefahr bemerkten, versuchten sie, mich mit einem nassen Laken abzukühlen und stellten sogar Eimer mit Eiswürfeln darauf.
Meine Mutter war rasend vor Ärger. Ich möchte an diesem Tag keiner dieser Ärzte gewesen sein!
Nachdem ich einigermaßen abgekühlt war, taten sich mir mit den befreiten Zehen ganz neue Horizonte auf. Auch wenn ich sie nicht ganz so gut gebrauchen konnte, wie die Ärzte gehofft hatten, machte ich das Beste daraus. Es ist erstaunlich, was man mit einem kleinen Füßchen und zwei Zehen alles schaffen kann, wenn einem Arme und Beine fehlen. Dank der Operation und ausgeklügelter Technik erfuhr ich bald immer neue Freiheiten: Ich kann einen speziellen elektrischen Rollstuhl steuern, einen Computer und sogar ein Handy bedienen.
Ich habe keine Ahnung, was du als dein größtes Problem betrachtest. Ich maße mir auch nicht an, zu wissen, was du durchmachst. Aber überlege für einen Moment, was meine Eltern ausgestanden haben, nachdem ich auf der Welt war. Wie müssen sie sich gefühlt haben! Wie trist muss für sie die Zukunft ausgesehen haben!
Wer in Problemen drinsteckt, sieht oft das Licht am Ende des Tunnels nicht. Auch meinen Eltern fehlte die Kraft, sich ein schönes Leben für sich und mich vorzustellen. Sie hatten keine Ahnung, dass ihr Sohn eines Tages nicht nur selbstständig und berufstätig sein würde, sondern auch erfüllt und glücklich!
Das meiste von dem, was meine Eltern befürchtet haben, ist nie eingetroffen. Mich groß zu kriegen war sicher nicht leicht, aber ich glaube, meine Eltern würden dagegenhalten, dass wir auch viel Spaß miteinander hatten. Wenn ich meine Kindheit im Großen und Ganzen betrachte, dann war sie erstaunlich normal. Ich habe sogar meine kleinen Geschwister schikaniert, wie man das als großer Bruder so macht!
Vielleicht fühlst du dich gerade als Spielball des Schicksals und fragst dich, wie je wieder etwas aus deinem Leben werden soll. Gib nicht auf! Es warten unglaubliche Zeiten auf dich. Halte an deinen Träumen fest. Jage ihnen nach, was es auch kosten mag. Alles ist möglich!
ZWEI ARME FÜR EIN HALLELUJA
Ich gebe zu, dass ich sehr lange daran gezweifelt habe, selbst etwas für mein Glück tun zu können. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich zu irgendetwas nütze war. Als Jugendlicher konnte ich rein gar nichts Positives an meinem Stummelkörper entdecken. Gut, ich brauchte mir nach dem Abendessen nicht die Hände waschen und ich konnte mir auch nie den Zeh verstauchen, aber so richtig trösten konnte mich das nicht.
Meine Geschwister und meine verrückten Cousins und Cousinen haben mich nie wie einen Krüppel behandelt. Sie haben mich auch nie verhätschelt, sondern mich einfach so angenommen, wie ich bin. Und mir mit ein paar Streichen und Späßen gezeigt, dass es das Beste war, die ganze Sache mit Humor zu nehmen.
„Da, der Junge im Rollstuhl!“, riefen sie manchmal quer durch das Einkaufszentrum und zeigten auf mich. „Der sieht ja aus wie ein Alien!“ Hinterher lachten wir uns über die entsetzten Reaktionen der Passanten krumm und schief. Sie wussten ja nicht, dass die gemeinen Kinder, die den armen behinderten Jungen verspotteten, seine engsten Verbündeten waren.
Je älter ich werde, desto wertvoller finde ich es, Menschen zu haben, die mich einfach annehmen. Genauso wichtig ist es für mich zu wissen, dass Gott mich so liebt, wie ich bin. Schließlich habe ich nicht nur starke Momente. Und meine Familie konnte mich auch nicht ununterbrochen beschützen. Spätestens als ich zur Schule kam, war ich damit
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